Börse Frankfurt Die Hängepartie dürfte weitergehen

Die neue Börsenwoche könnte verhalten starten. Analysten rechnen mit einer Hängepartei beim deutschen Leitindex Dax. Schuld sind politische Unsicherheiten, außerdem geht die Bilanzsaison zuende. Damit fehlen Impulse.

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Dax-Anleger agieren am Monatsschluss eher lustlos. Quelle: AP

Düsseldorf/Frankfurt Die neue Woche dürfte an den Märkten mit einer weiteren Hängepartie starten. Damit rechnen zumindest zahlreiche Börsenanalysten. Mit dem Auslaufen der überwiegend erfreulich verlaufenden Berichtssaison geht den Börsen ein bedeutender Kurstreiber verloren, der lange Zeit Sorgen vor politischen Risiken überdeckt hat. „Börsianer wollen weder kaufen noch verkaufen“, sagt Fondsmanager Thomas Altmann vom Frankfurter Vermögensberater QC Partners. Alle hätten Sorgen, dass sich die politische Situation in den USA und in Korea jederzeit zuspitzen kann. Nordkorea hatte zuletzt eine weitere ballistische Rakete getestet.

In der zurückliegenden Christi-Himmelfahrts-Woche hatte sich der Dax bei niedrigen Umsätzen meist in einer Spanne von 12.530 bis 12.700 Zählern bewegt. Am Freitag war das Börsenbarometer 0,2 Prozent tiefer bei 12.602 Zählern aus dem Handel gegangen. Vor allem Bankenwerte standen in ganz Europa auf den Verkaufszetteln. Die Anteilsscheine der Deutschen Bank büßten beispielsweise mehr als zwei Prozent ein.

Der Auslöser: In Zusammenhang mit der Russland-Affäre des US-Präsidenten fordern mehrere Abgeordnete im US-Repräsentantenhaus von Deutschlands größtem Geldhaus Aufklärung darüber, ob Kredite an Trump von der russischen Regierung garantiert wurden. Commerzbank, Unicredit und Société Générale verloren bis zu 1,6 Prozent. Belastend wirkte hier laut Händlern die weiter schwelende Bankenkrise in Italien.

Am heutigen Montag dürften eine Reihe an politischen Ereignissen die Agenda bestimmen. So empfängt Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron am Montag den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Versailles, um über den Syrienkrieg zu sprechen. Macron kündigte beim G7-Gipfel in Sizilien einen „anspruchsvollen Dialog“ mit Moskau an, um zu einer Lösung in der Syrienkrise zu kommen. Russland unterstützt in dem Krieg, der Hunderttausende Tote forderte, den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Westliche Länder unterstützen Rebellen, die Assad stürzen wollen. Ein weiteres Thema ist der Ukrainekonflikt.

Auch im Fokus der Märkte: Die EU-Industrieminister wollen sich am Montag auf neue Regeln für die Zulassung von Automodellen verständigen. Als Lehre aus dem Skandal um geschönte Abgaswerte soll dabei zum Beispiel die Überprüfung von Wagen verstärkt werden, die schon auf dem Markt sind. Außerdem sollen sich die Mitgliedstaaten stärker untereinander kontrollieren. Wenn die Minister sich auf eine gemeinsame Position verständigen, müssen sie sich noch mit dem Europaparlament einigen.

Die Bilanzsaison ist fast vorbei, Jahreszahlen gibt es am Montag noch von der Baumarktgruppe Hornbach. Außerdem geht der Prozess gegen den ehemaligen Drogeriemarktkönig Anton Schlecker in Stuttgart weiter, der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet auf vorsätzlichen Bankrott. Und auch der frühere Karstadt-Chef Thomas Middelhoff muss sich Essen weiterhin gegen den Vorwurf der Untreue im Zusammenhang mit der Pleite des Kaufhauskonzerns Arcandor verteidigen.


Das bringt die Woche

Im weiteren Wochenverlauf steht die Veröffentlichung wichtiger volkswirtschaftlicher Daten an, die vor allem in den USA maßgeblichen Einfluss auf die weitere Geldpolitik haben dürften – und die bei Anlegern ebenfalls für Zurückhaltung sorgen. Im Fokus steht hier in erster Linie der US-Arbeitsmarktbericht für Mai, der erst am Freitag veröffentlicht wird. Hintergrund: Die US-Notenbank hat jüngst recht deutlich signalisiert, am 14. Juni zum zweiten Mal in diesem Jahr an der Zinsschraube drehen zu wollen. Zuvor hatten die Währungshüter bereits im März die geldpolitischen Zügel gestrafft und den Zins auf die aktuelle Spanne von 0,75 bis 1,0 Prozent angehoben.

„Nur eine negative Überraschung könnte die Fed noch von ihrem eingeschlagenen Kurs abbringen“, prognostizieren Analysten von HSBC Trinkaus. Zwar dürften nach Einschätzung der Experten mit erwarteten 155.000 neuen Jobs im Mai weniger Stellen als im Vormonat geschaffen worden sein. Doch die Arbeitslosenquote wird wohl bei 4,4 Prozent verharren und damit unterhalb der Größe, die die Fed als Vollbeschäftigung ansieht.

Einen Vorgeschmack auf den offiziellen Bericht werden den Investoren am Donnerstag aktuelle Jobzahlen vom privaten Arbeitsmarkt liefern. Der vielbeachtete ISM-Einkaufsmanagerindex dürfte aber diesmal von den Job-Daten überschattet werden.

„In China könnte ein erneuter Rückgang der dortigen Einkaufsmanagerindizes Vorbote für ein wieder nachlassendes Konjunkturtempo sein“, sagt Ann-Katrin Petersen von Allianz Global Investors. Denn es sei fraglich, wie lange die bereits starkverschuldeten Staatsunternehmen den Investitionsvorgaben aus Peking werden nachkommen können. Die Daten aus Fernost werden zur Wochenmitte erwartet.

Hinweise auf die künftige Entwicklung der Geldpolitik im Euroraum erhoffen sich Investoren zum Wochenstart: Am Montag spricht Mario Draghi, der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) vor dem Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments in Brüssel. Angesichts der guten Konjunkturentwicklung in Deutschland und anderen Euro-Ländern steigt der Druck auf die EZB, ihre Liquiditätsflut einzudämmen. In diesem Zusammenhang werden auch die neusten Inflationsdaten im Wochenverlauf mit Spannung erwartet.

Die Bilanzsaison köchelt mittlerweile nur noch auf Sparflamme. Zu den bedeutendsten Unternehmen, die diese Woche Einblick in ihre Bücher gewähren werden, gehört etwa Metro. Der Handelsriese will sich bis zur Jahresmitte in einen Lebensmittel- und Elektronikhändler aufspalten. Zahlreiche Firmen haben zudem ihre Aktionäre zu Hauptversammlungen eingeladen, darunter die Deutsche Telekom.

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