Börsenboom Wie Anleger den Bullen reiten

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Ausgeblendete Risiken

Der Blick in die USA macht es nicht besser: Dort kosten die 500 größten börsennotierten Konzerne im Auswahlindex S&P 500 knapp den 18-fachen Gewinn der kommenden 12 Monate; 2009 lag der Wert bei neun. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis der Unternehmen an der New Yorker Börse hat Anfang 2015 den historischen Höchstwert von über 2,1 (von 1998) fast eingeholt. „Die Risiken blenden Anleger derzeit eher aus“, meint Zimmermann, dadurch gebe es eine gewisse Rückschlagsgefahr. Allerdings verfügen die USA auch über bessere Rahmenbedingungen als Europa: Die Bevölkerung ist jünger und wächst nach wie vor; bei Forschung und Entwicklung, ablesbar unter anderem in der Zahl der Patentanmeldungen, hängen die USA den Alten Kontinent immer weiter ab, und die US-Notenbank hat noch weit mehr frisches Geld in die Wirtschaft gepumpt als die EZB. Konkret gibt es drei Szenarien dazu, wie sich die Kurse entwickeln könnten – immer abhängig von der Unterstützung der Zentralbanken.

Meilensteine des Dax von 1988 bis 2015

  • Optimistischer Ausblick: Die Weltwirtschaft erholt sich, und Anleger kaufen weiter Aktien. Die meisten Großanleger haben gerade erst begonnen, in Aktien umzuschichten. „Die Banken machen bei ihren Großkunden mit der Weitergabe der Negativzinsen inzwischen ernst“, beobachtet Roelli, „wer ein paar Milliarden in Cash parken will, bekommt also Probleme.“ Auch halbwegs sichere Staatsanleihen bringen bis zu einer Laufzeit von mehreren Jahren negative Zinsen.
  • Pessimistischer Ausblick: „Auch ein Crash-Szenario ist durchaus denkbar, und es hat beileibe keine Wahrscheinlichkeit von unter zehn Prozent, die Gefahr ist real“, warnt Zimmermann. In China könnte es zu einer harten Landung des Wirtschaftswachstums kommen. Geopolitische Risiken aus Russland oder dem Nahen Osten werden derzeit am Markt kaum berücksichtigt. Auch eine Eskalation der Euro-Krise könnte auf die Kurse drücken.
  • Weiter wie bisher: Eine Fortsetzung der Börsenachterbahn seit 2000. Anleger müssen selbst in einem leicht positiven Umfeld immer wieder heftige Kurseinbrüche hinnehmen, wie etwa 2008; die Korrekturen können bis zu 50 Prozent betragen und sind (bei ungünstigem Timing oder zu einseitiger Ausrichtung von Depots) durchaus geeignet, ernste Schäden am Vermögen anzurichten.

Für die nächsten sechs Monate gilt Szenario eins: Aktien sind teurer als im historischen Durchschnitt, die Zentralbanken geben dem Dax aber genug Unterstützung, um mit einer Fortsetzung des Trends rechnen zu können.

„Bullenmärkte werden im Pessimismus geboren, wachsen in der Skepsis, reifen im Optimismus und sterben in der Euphorie“, soll der milliardenschwere US-Investor John Templeton gesagt haben. „Wir sind ungefähr in Stufe drei, dem Optimismus“, meint Pictet-Stratege Roelli.

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