Der Blick in die USA macht es nicht besser: Dort kosten die 500 größten börsennotierten Konzerne im Auswahlindex S&P 500 knapp den 18-fachen Gewinn der kommenden 12 Monate; 2009 lag der Wert bei neun. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis der Unternehmen an der New Yorker Börse hat Anfang 2015 den historischen Höchstwert von über 2,1 (von 1998) fast eingeholt. „Die Risiken blenden Anleger derzeit eher aus“, meint Zimmermann, dadurch gebe es eine gewisse Rückschlagsgefahr. Allerdings verfügen die USA auch über bessere Rahmenbedingungen als Europa: Die Bevölkerung ist jünger und wächst nach wie vor; bei Forschung und Entwicklung, ablesbar unter anderem in der Zahl der Patentanmeldungen, hängen die USA den Alten Kontinent immer weiter ab, und die US-Notenbank hat noch weit mehr frisches Geld in die Wirtschaft gepumpt als die EZB. Konkret gibt es drei Szenarien dazu, wie sich die Kurse entwickeln könnten – immer abhängig von der Unterstützung der Zentralbanken.
Meilensteine des Dax von 1988 bis 2015
Der Dax feiert seinen Einstand. Rechnerisch startet er allerdings am 30. Dezember 1987 bei einem Stand von 1.000 Punkten.
Der erste schwarze Tag für den Dax: Er bricht im Sog der Wall Street um rund 13 Prozent ein.
Bei der Privatisierung der Deutschen Telekom wird die T-Aktie als Volksaktie vermarktet. Das Interesse der Öffentlichkeit am Dax nimmt stark zu.
Im Sog der Asienkrise sackt der Dax im Handelsverlauf bis zu 13 Prozent ab und schließt mit 3567 Punkten acht Prozent niedriger.
Mit dem neuen elektronischen Handelssystem Xetra - kurz für "Exchange Electronic Trading" - bricht für die Börse ein neues Zeitalter an.
Der Dax erreicht ein Hoch von 8136,16 Punkten. Befeuert wird die Euphorie von der Entstehung des Internets und einem sich ausbreitenden Fusionsfieber.
Nach den Terroranschlägen in den USA fällt der Dax um neun Prozent.
Der Dax rutscht unter 2.200 Punkte und notiert damit so niedrig wie zuvor im November 1995. Doch mit der Erholung der Weltwirtschaft wächst das Vertrauen in die Gewinnentwicklung der Unternehmen wieder.
Mit 8151 Zählern setzt der Dax einen neuen Meilenstein - trotz erster Bankenpleiten und Not-Eingriffen der Europäische Zentralbank (EZB) am Geldmarkt.
Mit der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers kehrt wieder Ernüchterung ein. Im Oktober 2008 folgt ein schwarzer Tag auf den anderen. Dabei liegt der Dax-Kurs zeitweise 30 Prozent unter dem Niveau vom Monatsbeginn.
56 Prozent hat der Dax seit dem Hoch vom 13. Juli 2007 eingebüßt. Mit 3588 Punkten erreicht er zeitweise den niedrigsten Stand seit Oktober 2003. Doch kurz darauf wirft die US-Notenbank Fed die Notenpresse an. Jetzt geht es bergauf.
Der Dax notiert erstmals seit dem 2. Januar 2008 wieder über 8000 Zählern.
Die Entscheidung der EZB, die Zinsen weiter zu senken, treibt den Dax erstmals über die 10.000-Punkte-Marke.
Nach dem Vorbild der Fed wirft auch die EZB die Notenpresse an. Der Dax, der in Erwartung dieses Schritts seit Monaten im Aufwind ist, beschleunigt seinen Anstieg und steigt am darauffolgenden Tag auf bis zu 10.704,32 Punkte. Es ist der sechste Handelstag in Folge mit einem Rekordhoch.
Anleger hoffen auf einen guten Ausgang des Verhandlungspokers im griechischen Schuldenstreit. Der Dax knackt erstmals die 11.000-Punkte-Marke und notiert in der Spitze 0,9 Prozent höher bei 11.013,85 Zählern. Griechenland droht die Staatspleite, da das aktuelle Hilfsprogramm Ende Februar ausläuft und Athen keine Verlängerung beantragen will.
Getrieben von der Geldflut der Notenbanken und begünstigt durch einen schwachen Euro - der der deutschen Exportindustrie hilft - hat den Dax am Montag, 16. März 2015, erstmals die Schwelle von 12.000 Punkten übersprungen. In der Vorwoche hatte er mehrmals diese Marke anvisiert, war aber immer knapp gescheitert. Der deutsche Leitindex war zu diesem Zeitpunkt bereits neun Wochen in Folge gestiegen.
- Optimistischer Ausblick: Die Weltwirtschaft erholt sich, und Anleger kaufen weiter Aktien. Die meisten Großanleger haben gerade erst begonnen, in Aktien umzuschichten. „Die Banken machen bei ihren Großkunden mit der Weitergabe der Negativzinsen inzwischen ernst“, beobachtet Roelli, „wer ein paar Milliarden in Cash parken will, bekommt also Probleme.“ Auch halbwegs sichere Staatsanleihen bringen bis zu einer Laufzeit von mehreren Jahren negative Zinsen.
- Pessimistischer Ausblick: „Auch ein Crash-Szenario ist durchaus denkbar, und es hat beileibe keine Wahrscheinlichkeit von unter zehn Prozent, die Gefahr ist real“, warnt Zimmermann. In China könnte es zu einer harten Landung des Wirtschaftswachstums kommen. Geopolitische Risiken aus Russland oder dem Nahen Osten werden derzeit am Markt kaum berücksichtigt. Auch eine Eskalation der Euro-Krise könnte auf die Kurse drücken.
- Weiter wie bisher: Eine Fortsetzung der Börsenachterbahn seit 2000. Anleger müssen selbst in einem leicht positiven Umfeld immer wieder heftige Kurseinbrüche hinnehmen, wie etwa 2008; die Korrekturen können bis zu 50 Prozent betragen und sind (bei ungünstigem Timing oder zu einseitiger Ausrichtung von Depots) durchaus geeignet, ernste Schäden am Vermögen anzurichten.
Für die nächsten sechs Monate gilt Szenario eins: Aktien sind teurer als im historischen Durchschnitt, die Zentralbanken geben dem Dax aber genug Unterstützung, um mit einer Fortsetzung des Trends rechnen zu können.
„Bullenmärkte werden im Pessimismus geboren, wachsen in der Skepsis, reifen im Optimismus und sterben in der Euphorie“, soll der milliardenschwere US-Investor John Templeton gesagt haben. „Wir sind ungefähr in Stufe drei, dem Optimismus“, meint Pictet-Stratege Roelli.