Dax oder Dow? Wo der wahre Börsenbulle wohnt

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Mehr Eigen- als Fremdkapital

Stefan Riße, bekannt als Börsenjournalist, setzt als Fondsmanager auf Inflation. Warum Deflation ihn nicht schreckt und die Börsenregeln von André Kostolany heute noch gelten.
von Andreas Toller

Dennoch verliert Fremdfinanzierung sowohl in Europa als auch in den USA zunehmend an Bedeutung. Das macht offenbar Sinn. „Besonders innovative Unternehmen setzen vermehrt auf Eigenkapital zur Finanzierung von Projekten“, sagt Kaserer.
Kaserer und Rapp illustrieren in ihrer Studie auch die Bedeutung von Börsengängen für Unternehmen. Vergleicht man die Umsätze eines Unternehmens im Jahr vor dem Schritt aufs Parkett und zwei Jahre danach, lagen die im Schnitt danach um rund 85 Prozent höher. Auch die Zahl der Mitarbeiter konnten die Konzerne im entsprechenden Zeitraum um 75 Prozent steigern.

Das am amerikanischen Aktienmarkt die Musik spielt, ist auch an den Börsengängen, den sogenannten Initial Public Offerings (IPO) ablesbar. In Deutschland lockt es seit Jahren vergleichsweise wenige Unternehmen an die Börse. Auch das IPO-Jahr 2014 ist bisher ein ziemliches Trauerspiel. Erst vor etwas mehr als einer Woche kündigte der Lübecker Hersteller von 3D-Druckern, SLM Solutions, als erstes Unternehmen überhaupt seinen Börsengang für Anfang Mai an. Rund 75 Millionen Euro sollen die ausgegebenen Aktien in die Kassen spülen. Auch von anderen Börsenaspiranten wie der Scout24-Gruppe gibt es nur Absichtserklärungen, konkrete Pläne und Daten gibt es aber nicht. Ähnlich sieht es bei Zalando aus. Das Samwer-Unternehmen macht immer wieder mit Parkettphantasien Schlagzeilen, fragt man aber damit Vertraute, ist wenig Konkretes zu hören. Zumindest firmiert das Unternehmen ab diesem Sommer als Europäische Aktiengesellschaft (SE).

Ganz anders ist dagegen die Stimmung in den USA. Erst am Donnerstag in der vergangenen Woche feierte die frühere Finanzsparte des Autobauers General Motors ihr Debüt an der Wall Street. Mit einem Emissionserlös von knapp 2,4 Milliarden Dollar war es der bisher größte Börsengang des Jahres. Die Aktien wurden für 25 Dollar je Stück verkauft, dem unteren Ende der Preisspanne.

Heißgelaufener Markt

Während der IPO-Markt in Deutschland schläft, fürchten Beobachter in den USA schon Überhitzungsgefahren, insbesondere im Technologiebereich. Kürzlich wurde bekannt, das Alibaba.com, das chinesische Pendant zu Amazon, an die Wall Street will. Mit dem anvisierten Volumen von 15 Milliarden Dollar wäre das der größte Börsengang seit Facebook – der IPO des sozialen Netzwerks brachte vor rund zwei Jahren 16 Milliarden Dollar auf die Konten von Zuckerberg und seinen Freunden.

Und damit nicht genug: auch Weibo, der chinesische Konkurrent des Kurzmitteilungsdienstes Twitter, steht unmittelbar vor dem Sprung an die US-Börse. Zwar konnten die Asiaten weniger Aktien verkaufen als erhofft und auch beim Preis blieben die Investoren am unteren Angebotsende. Dennoch dürfte Weibo so Eigenkapital in Höhe von 286 Millionen Dollar generieren.

Fazit: Der Dow Jones mag altertümlich und rückständig daherkommen, doch bietet die US-Börse als größter Marktplatz für Unternehmen, Investoren und Kapitalgeber mehr Möglichkeiten und größere Stabilität für Investoren. Der Markt schwankt insgesamt weniger als der Dax, die gelisteten Konzerne sind größer und haben eine höhere Ertragskraft.

Dafür müssen Anleger ein paar zusätzliche Risiken in Kauf nehmen. Zum einen das Währungsrisiko bei Aktienkäufen in Dollar – das nicht vernachlässigt werden sollte – sowie die Abhängigkeit vom US-Binnenmarkt. Zudem ist es hierzulande für Anleger bedeutend einfacher, an Informationen zu den Dax-Unternehmen zu kommen, als zu den Konzernen im Dow Jones. Anleger sollten die beiden Märkte aber nicht grundsätzlich gegeneinander diskutieren. Seine Aktieninvestments auf beide Indizes zu verteilen, ist sicher ein guter Rat.

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