
Der Konzern müsse sich „der neuen Realität niedriger Preise“ anpassen, sagte BP-Vorstand Bob Dudley bei der Vorstellung der Quartalsergebnisse. Und wie BP ergeht es in diesen Tagen vielen großen Ölfirmen.
Es hagelte regelrecht Hiobsbotschaften. In den vergangenen Tagen gaben unter anderem die Schwergewichte BP, Shell, Exxon Mobil sowie zuvor Chevron, ConocoPhillips oder der amerikanische Ölfelddienstleister Schlumberger ihre Geschäftszahlen für das vierte Quartal 2014 bekannt. Schlechte Nachrichten waren zu erwarten, weil der Ölpreis allein in diesen drei Monaten um rund 30 Prozent gefallen war. Dementsprechend finster fielen auch die Prognosen und Gegenmaßnahmen der Ölbranche aus.
Die Halbierung des Ölpreises seit Juni 2014 schlug nun in Berichten zum Schlussquartal 2014 voll durch. Projektverschiebung, Investitionskürzung und Neuausrichtung: Die Ölbranche steht unter Sparzwang. Der britische Ölkonzern BP etwa tritt auf die Kostenbremse, nachdem er im letzten Quartal des Jahres beunruhigende 4,4 Milliarden Dollar Verlust hinnehmen musste.
Meilensteine der Ölpreisentwicklung
Die ersten gewinnbringenden Erdölbohrungen finden Mitte des 19. Jahrhunderts statt. In dieser Zeit entstehen auch die ersten Raffinerien. Bis 1864 steigt der Ölpreis auf den Höchststand von 8,06 Dollar pro Barrel (159 Liter); inflationsbereinigt müssen damals im Jahresdurchschnitt 128,17 US-Dollar gezahlt werden. In den folgenden Jahrzehnten bleibt der Preis auf einem vergleichsweise niedrigen Level, fällt mitunter sogar, bedingt etwa durch den Erfolg der elektrischen Glühlampe, durch die Öl im privaten Haushalt nicht mehr zur Beleuchtung nötig ist.
Mit dem Erfolg des Automobils zu Beginn des 20. Jahrhunderts steigt die Öl-Nachfrage rasant; speziell in den USA, wo der Ford Modell T zum Massenprodukt wird. 1929 fahren insgesamt 23 Millionen Kraftfahrzeuge auf den Straßen. Der Verbrauch liegt 1929 in den Staaten bei 2,58 Millionen Fass pro Tag, 85 Prozent davon für Benzin und Heizöl. Die Preise bleiben allerdings weiter unter fünf Dollar pro Fass (nicht inflationsbereinigt), da auch mehr gefördert wird.
In den 30er Jahren kommt die Große Depression, die Unternehmenszusammenbrüche, Massenarbeitslosigkeit, Deflation und einen massiven Rückgang des Handels durch protektionistische Maßnahmen zur Folge hat. Während der Weltwirtschaftskrise verringert sich die Nachfrage nach Erdöl und der Preis sinkt auf ein historisches Tief. 1931 müssen bloß noch 0,65 Dollar pro Barrel gezahlt werden (inflationsbereinigt etwa zehn US-Dollar). So billig sollte das schwarze Gold nie wieder sei.
Nachdem sich die Weltkonjunktur erholt hat, steigt der Preise für Öl wieder, bleibt aber konstant unter fünf Dollar pro Barrel. Für die Jahre zwischen dem Ersten Weltkrieg und der Ölkrise im Herbst 1973 spricht man deshalb vom „goldenen Zeitalter“ des billigen Öls.
In den 70er und 80er Jahren kommt der Ölpreis in Bewegung. Als die Organisation der erdölexportierenden Länder (Opec) nach dem Krieg zwischen Israel und den arabischen Nachbarn im Herbst 1973 die Fördermengen drosselt, um politischen Druck auszuüben, vervierfacht sich der Weltölpreis binnen kürzester Zeit. Zum Ende des Jahres 1974 kostet ein Barrel über elf Dollar (inflationsbereinigt fast 55 US-Dollar). Dies bekommen auch Otto-Normal-Bürger zu spüren: In Deutschland bleiben sonntags die Autobahnen leer, in den USA bilden sich Schlangen vor den Tankstellen.
Während der zweiten Ölkrise in den Jahren 1979/1980 zieht der Ölpreis nach einem kurzfristigen Rückgang weiter an. Ausgelöst wird dies im Wesentlichen durch Förderungsausfälle und Verunsicherung nach der Islamischen Revolution. Nach dem Angriff Iraks auf Iran und dem Beginn des Ersten Golfkrieg explodieren die Preise regelrecht. Auf dem Höhepunkt im April 1980 kostet ein Barrel 39,50 Dollar (inflationsbereinigt 116 Dollar).
Die 80er und 90er Jahre sind – abgesehen von dem kurzzeitigen Anstieg verursacht durch den Zweiten Golfkrieg – eine Phase niedriger Ölpreise. Die Industriestaaten befinden sich in einer Rezession und suchten aufgrund vorhergehenden Ölkrisen mit besonders hohen Preisen nach alternativen Energiequellen. Weltweit gibt es Überkapazitäten. Während der Asienkrise 1997/1998 sinkt die Nachfrage weiter. Ende des Jahres 1998 werden 10,65 Dollar pro Barrel verlangt.
Nach Überwindung der Krise wachsen die Weltwirtschaft und damit auch der Ölbedarf schnell. Selbst die Anschläge auf das World Trade Center 2001 sorgen nur für einen kurzen Rücksetzer. Anfang 2008 steigt der Ölpreis erstmals über 100 US-Dollar je Barrel, Mitte des Jahres sogar fast auf 150 Dollar. Ein Grund für den Preisanstieg wist der Boom des rohstoffhungrigen China, mittlerweile zweitgrößter Verbraucher der Welt.
Die globale Finanzkrise und eine schwächelnde Konjunktur sorgen für einen Rückgang der Nachfrage. Gleichzeitig bleibt das Angebot durch die massive Förderung in den USA (Fracking) hoch. Die Folge: Der Ölpreis bricht ein. Ab Sommer 2014 rutscht der Preis für Brentöl innerhalb weniger Monate um rund 50 Prozent auf 50 Dollar. Erst im Februar 2015 erholte sich der Ölpreis leicht und schwankt um die 60 Dollar je Barrel.
Im Mai 2015 hatten sich die Ölpreise zwischenzeitlich erholt. Die Sorte Brent erreichte mit einem Preis von 68 US-Dollar je Barrel ein Jahreshoch. Von da aus ging es bis September des Jahres wieder steil bergab auf 43 Dollar. Nach einer Stabilisierung zwischen September und November nahm der Ölpreis seine wieder Talfahrt auf. Am 15. Januar hat der Ölpreis die 30-Dollar-Marke unterschritten.
Der niedrige Ölpreis trifft weite Teile der Weltwirtschaft. Die Sanktionen gegen Russland, einen der größten Erdölproduzenten weltweit, halfen dem Ölpreis auch nicht auf die Sprünge. Vielmehr sorgen die unverändert hohe Ölfördermenge der OPEC-Länder sowie der Fracking-Boom in den USA für ein Überangebot an Öl.
Gleichzeitig ist die weltweite Nachfrage aufgrund der schwachen Konjunktur – etwa in Europa und Schwellenländern wie Brasilien und China – gesunken, die Rohstofflager sind voll. Aber mit einem Preissturz dieser Größenordnung und in diesem Tempo hatten offenbar nicht einmal die Profis der Branche gerechnet. Die gesamte Ölbranche ist vom harschen Preisrückgang bei Öl überrumpelt worden.





Einstiegschancen bei Ölaktien
Aktien aus der Ölindustrie sind dementsprechend auf Talfahrt gegangen und zeichneten sich in den vergangenen Monaten zudem durch starke Schwankungen aus. Mit den Quartalszahlen sollten jedoch die düsteren Aussichten der Hersteller in den Börsenkursen weitgehend berücksichtigt sein. Zudem waren die gemeldeten Gewinnrückgänge und Prognosen teilweise weniger schlimm, als von Analysten befürchtet, die Kurse zogen bereits wieder deutlich an. Insbesondere für strategische Langfristanleger mit etwas Mut bietet sich somit eine gute Basis für die Suche nach günstigen Kaufgelegenheiten. Einige Ölkonzerne haben nämlich weit mehr zu bieten, als hohe Gewinnmargen in Zeiten des Konjunkturhochs. Profianleger schätzen sie gleich aus mehreren Gründen.
Auch wenn alternative Energiequellen auf dem Vormarsch sind, ist es immer noch das Öl, das auf unserem Planeten für Bewegung sorgt. Der weitaus größte Teil der Fördermenge fließt in die Treibstoffherstellung. Öl ist für Autos, Heizungsanlagen und die Kunststoffhersteller unentbehrlich. Öl ist daher ganz klar ein zyklisches Investment: Zieht die weltweite Konjunktur an, steigt die Nachfrage am Ölmarkt spürbar. Aktien der Ölindustrie zählen daher zu den Klassikern, auf die Profis gern im Konjunkturtief setzen, wenn sie noch günstig sind.