Riedls Dax-Radar

Fünf Risiken – und fünf Chancen für die Börsen

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Was für eine fortgesetzte Aufwärtstendenz spricht

Erste Chance: Die Wirtschaftsschwäche zwingt zu Verhandlungen

Die chinesische Wirtschaft bekommt mittlerweile die Folgen des Handelsstreits zu spüren, auf US-Unternehmen schlägt der Konflikt um den chinesischen Telekomausrüster Huawei zurück. Immer offensichtlicher wird, wovor Ökonomen seit Monaten warnen: Zollstreit und Protektionismus kennen im Prinzip nur Verlierer. Eine Chance besteht darin, wenn der Leidensdruck auf beiden Seiten so groß wird, dass Gespräche doch wieder aufgenommen werden und es letztlich zu neuen Handelsvereinbarungen kommt; vielleicht am G-20-Treffen Ende Juni in Japan.

Zweite Chance: Neuer Spielraum bei den Zinsen

Der Geldpolitik unter Janet Yellen verdanken es die Märkte, dass die weltweit wichtigste Notenbank einen substanziellen Spielraum hat. Die amerikanische Fed könnte, nachdem sie Ende 2015 die Zinswende nach oben einleitete, auch wieder die Zinsen senken. Von einer Pause im Erhöhungsprozess ist schon seit Monaten die Rede. Nun gibt es in der Fed Stimmen, die angesichts der schwächeren Wirtschaft sogar für eine baldige Zinssenkung plädieren. Der jüngste Renditerückgang der zehnjährigen US-Anleihen auf 2,3 Prozent könnte dafür ein Vorzeichen gewesen sein.

Dritte Chance: Der Konjunkturrückgang ist nur vorübergehend

Zahlreiche Indikatoren, von Ifo bis Markit, deuten auf eine Verlangsamung des Wachstums. In Deutschland ist vor allem in der Industrie das Klima frostig geworden. Gründe sind die Unsicherheit im Zollstreit und die besonderen Probleme der einstigen Vorzeigebranche Automobile. Auch die Chemiebranche, das zeigt im Dax derzeit die schwache Entwicklung von Covestro, ist unter Druck gekommen. Sollte es in den nächsten Wochen nun aber auf politischer Ebene zu einer Verständigung kommen, könnte schnell ein Nachholeffekt eintreten. Umso mehr, da viele Unternehmen Umbaumaßnahmen einleiten, die sich in den nächsten Jahren auszahlen sollten; in der Chemiebranche hierzulande etwa BASF. Expansive Zinsschritte könnten sowohl in Asien wie in den USA 2020 wieder zu einer stärkeren allgemeinen Konjunktur führen.

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Vierte Chance: Technologische Trends sind ungebrochen

Trotz allgemeiner Zitterpartie drängen einige Schwergewichte unbeeindruckt nach oben. In Amerika sind das etwa Microsoft oder Adobe, im Dax SAP, Linde oder – von niedriger Basis aus – Siemens. Dies ist nicht nur ein Zeichen für die richtige Strategie dieser Unternehmen; das belegt auch die Stärke großer technologischer Trends wie Internet und Digitalisierung. Und es stehen weitere Trends am Start: In der Gesundheitsbranche profitieren führende Adressen wie Roche, Novartis oder Merck KGaA von neuer Hoffnung im Kampf gegen Krebs. In der Nahrungsmittelbranche kann sich der Trend zu bewusster Ernährung für große Hersteller als Chance herausstellen – wenn etwa Nestlé für zuckerreduzierte Schokolade besonders hohe Margen einfahren kann.

Fünfte Chance: Der kurzfristige Pessimismus macht Erholungen möglich

Alle großen Aktienmärkte stecken seit Anfang Mai in einer Korrektur. Das Ausmaß dieser Korrekturbewegung ist bisher keineswegs ungewöhnlich. Von den mehr als 2000 Punkten, die der Dax von Januar bis April gewonnen hat, gingen bisher gut 600 Punkte verloren. Trotz der überschaubaren Verluste haben sich die Stimmungsindikatoren deutlich abgekühlt. Mit anderen Worten: Die Lage an den Aktienmärkten ist nicht so schlecht, wie die Ängste vieler Anleger befürchten lassen. Sollte sich bei den Risikofaktoren eine Entspannung andeuten, sind schnelle Erholungen an den Märkten möglich.

Fazit: Handelskonflikt und Wirtschaftsabschwächung dürften das Klima an den Börsen weiterhin beeinträchtigen, niedrige Zinsen und die Aussicht auf verhaltenes Wachstum sollten größere Rückschläge verhindern. Kurzfristig gilt nach wie vor die Devise: Solange der Dax das Niveau um 11.800 Punkte verteidigen kann, liegt in den nächsten Monaten noch eine Anstiegsphase in der Luft, die in den Bereich 12.500 bis 12.800 Punkte gehen sollte. Wichtig für dieses positive Szenario ist die Stabilisierung der US-Märkte. Der Dow Jones sollte dabei nicht unter den Bereich 25.200 bis 25.300 Punkte abrutschen. Zweimal (am 13. Mai und am 23. Mai) hat er sich von diesem Niveau aus schon nach oben gerettet.  

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