
„If you`re going to panic, panic early“ heißt es an der Wallstreet. Sprich: wenn schon Panik, dann bitte rechtzeitig. Auf heute übertragen bedeutet dies: jetzt ist es zu spät, um in Panik zu verfallen. Regelmäßige Leser dieser Kolumne waren ohnehin vorgewarnt, spätestens als ich – sicherlich mit viel Glück im Timing – anlässlich der US-Zinserhöhung im Dezember die Baisse ausgerufen habe. Und auch das war schon spät, sind doch die Profis bereits im Sommer ausgestiegen. Dennoch: angesichts der Entwicklung bis heute können sich alle, die im Dezember aus den Märkten ausgestiegen sind, glücklich schätzen.
Doch das ist alles nur Taktik. Viel wichtiger ist es, gerade in Zeiten, in denen andere in Panik verfallen, an der Strategie festzuhalten.
Zum Autor
Daniel Stelter war von 1990 bis 2013 Unternehmensberater bei der Boston Consulting Group (BCG), zuletzt als Senior Partner, Managing Director und Mitglied des BCG Executive Committee. Seit 2007 berät Stelter internationale Unternehmen zu den Herausforderungen der fortschreitenden Finanzkrise. Zusammen mit David Rhodes verfasste er das 2010 preisgekrönte Buch „Nach der Krise ist vor dem Aufschwung“. Weitere Bücher folgten, aktuell hat Stelter eine Replik auf das Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ des französischen Ökonomen Thomas Piketty unter dem Titel „Die Schulden im 21. Jahrhundert“ veröffentlicht. Stelter ist Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Forums „Beyond the Obvious“, das Antworten auf die wirtschaftlichen und finanzpolitischen Fragen unserer Zeit sucht.
Denn genau dafür haben wir die Strategie. Diese muss berücksichtigen, dass
• wir uns in einer Überschuldungssituation befinden, die durch die Politik der Notenbanken in den letzten Jahren weltweit verschärft wurde;
• diese Überschuldung zunehmend die Realwirtschaft erdrückt und zu Stagnation und Deflation führt;
• die Kooperationsbereitschaft auf globaler Ebene abnimmt, und immer mehr Länder versuchen, durch eine Schwächung der eigenen Währung einen (kurzfristigen) Vorteil zu erzielen, und dies perspektivisch auch den Euro bedroht;
• die Bewertungen an den Finanzmärkten sich (immer noch) auf weit überhöhtem Niveau befinden, weshalb ohne Crash nur maue Renditen zu erwarten sind;
• Politik und Notenbanken im Falle einer neuen Krise radikale Maßnahmen ergreifen werden: Negativzinsen, Bargeldverbot und Helikopter-Geld, also direkte Staatsfinanzierung durch die Notenbanken.





Unser Portfolio muss deshalb alles überleben: Deflation, Zahlungsausfälle, Inflation. Wie hier immer wieder betont, geht es nicht um einen kurzfristigen Gewinn, sondern um den langfristigen kaufkraftbereinigten Vermögenserhalt – plus X. Natürlich sollte X möglichst groß und idealerweise positiv sein. Doch befinden wir uns mitten in einer Phase massiver Vermögensvernichtung und da ist schon derjenige Gewinner, der die Verluste in Grenzen hält.
Zur Erinnerung: das „Stelter Portfolio“ ist weder neu noch originell: je 25 Prozent sollte in Aktien, Gold, Liquidität und Immobilien angelegt sein, dies mit nur vorsichtiger Verschuldung und vor allem international gestreut. Eine Anpassung sollte turnusmäßig erfolgen, mindestens einmal im Jahr und möglichst kostengünstig. Wer so aufgestellt ist, hat zwar gegenüber dem Höchststand vom vergangenen Jahr einige Verluste erlitten, diese wurden aber durch die Erholung bei Gold etwas kompensiert.





Hinzu kommt, dass Aktien, die unter Qualitätsgesichtspunkten ausgewählt werden – wie hier erläutert - deutlich weniger Kursverluste erzielen als der breite Markt. So finden sich in meinem Portfolio schon lange keine Finanzwerte mehr. Ich kaufe keine Aktien von Unternehmen, deren Bilanzen ich nicht verstehe, die vor allem den Ertrag der Mitarbeiter steigern und deren Strafzahlungen die Dividenden übersteigen. Deshalb halte ich auch nichts von Indexfonds, die zwangsläufig Unternehmen enthalten, deren Geschäftsmodell zerstört wurde (Versorger) oder strukturell noch nie Geld verdient haben (Fluggesellschaften).