Tech-Aktien Weshalb die Überflieger abstürzen

Quelle: AP

Tesla, Spotify, Paypal: Eine Reihe von Techaktien hat in den vergangenen Tagen Milliarden Börsenwert verloren. Welche Sorgen berechtigt, welche übertrieben sind.

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Die Nachricht, dass Facebook plant, ins Dating-Geschäft einzusteigen, hat mancherorts nicht nur für Frühlingsgefühle gesorgt. An der Börse stürzte die Aktie des Dating-Anbieters Match binnen eines Tages um ein Viertel ab. Match ist das Mutterunternehmen von Dating-Seiten wie Tinder oder Friendscout24. Anleger fürchten offenbar, dass der blaue Internetriese den etablierten Dating-Anbietern das Geschäft kaputt macht.

Match selbst ist ebenfalls ein großer Konzern und erzielte im vergangenen Jahr über eine Milliarde Euro Umsatz. An der Börse kommt das Unternehmen nach dem Kurssturz noch auf einen Wert von acht Milliarden Euro. In Deutschland wäre es damit ein größerer MDax-Wert. Verglichen mit den gut 350 Milliarden Euro Börsenwert von Facebook aber ist Match ein Zwerg. Macht Facebook ernst, kann es für Match eng werden. Dieses Szenario wird an der Börse aktuell gespielt.

Die Dating-Aktie war nicht der einzige Techwert, der in den vergangenen Tagen unter Druck geriet. Vor allem die gerade laufende Berichtssaison hat einige Enttäuschungen hervorgebracht. Hinzu kommen bei vielen Tech-Stars unternehmensspezifische Probleme. Wegen der Facebook-Ankündigung fiel zum Beispiel auch der Kurs des Internetkonzerns InterActive Corp (IAC). Das Unternehmen hält Anteile an Match und ist daher ebenfalls betroffen. Daneben hat IAC aber weitere Standbeine wie die Videoplattform Vimeo oder das Magazin Newsweek. Der Kursabschlag fiel deswegen mit 18 Prozent etwas geringer aus als bei Match selbst.

Tech-Aktien unter Druck

Alle zittern vor Facebook

Von Konkurrenz mit Facebook ist auch der Videonachrichtendienst Snap betroffen. Mit dem Dienst Snapchat des Unternehmens können Nutzer Bilder und Videos senden, die nach einer bestimmten Zeit wieder verschwinden. Seit Facebook diese Funktion kopiert hat, ist aus dem Snap-Aktienkurs die Luft raus. Vom Hoch bei 27 Dollar hat er über die Hälfte verloren, allein in dieser Woche 20 Prozent. Grund sind schwache Quartalszahlen. Demnach hat Snap im ersten Quartal 2018 nur 230 Millionen Dollar Umsatz erzielt, aber über 385 Millionen Verlust.

von Matthias Hohensee, Georg Buschmann, Frank Doll

Besondere Sorgen macht, dass das Nutzerwachstum mit zwei Prozent gegenüber dem Vorquartal minimal ausfiel. Außerdem gab das Unternehmen operativ mehr Geld aus als je zuvor. Fast eine Viertelmilliarde Dollar flossen netto ab. Wie Snap diesen Trend umkehren will, ist offen. Eine umfangreiche Umgestaltung der App vor einem halben Jahr jedenfalls hat bisher keinen positiven Effekt gebracht. Entsprechend bleibt die Aktie ein Fall für Zocker.

Anders sieht die Sache beim Online-Bezahldienst Paypal aus, auch wenn das Unternehmen jüngst ebenfalls mit mehr Konkurrenzdruck umgehen musste. Im Januar wurde bekannt, dass Paypal als Premiumpartner beim einstigen Mutterunternehmen Ebay durch Konkurrent Adyen ersetzt wird. Nun gab die Aktie erneut deutlich nach. Zuvor hatten Analysten gewarnt, Amazon drücke sein eigenes Bezahlsystem Amazon Pay aggressiv in den Markt, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete. Das behindere das Wachstum von Paypal, zitiert sie den Analysten Andrew Jeffrey des Finanzdienstleisters SunTrust. Die Aktie verlor daraufhin knapp sechs Prozent.

Paypal allerdings dürfte wegen seiner starken Marktstellung und der großen finanziellen Ressourcen mehr Widerstandskraft haben als Snap oder Match. Die Aktie bleibt nach dem Kursrutsch langfristig interessant.

Musikpause, Mobilfunk und Musk

Deutliche Verluste gab es für Anleger zuletzt auch beim Musikstreamingdienst Spotify. Die Schweden waren erst im April an die Börse gegangen und hatten seither stark im Kurs zugelegt. Die am Mittwoch veröffentlichten Zahlen konnten die Euphorie indes nicht aufrecht erhalten. Um acht Prozent auf nun 170 Millionen Nutzer steigerte sich der Dienst im Vergleich zum Jahreswechsel. Allerdings legte der profitträchtige Premium-Bereich langsamer zu als die werbefinanzierten Gratis-Abos.

Ansonsten liest sich der Geschäftsbericht der Schweden gut, schwarze Zahlen geraten in Sichtweite. Im abgelaufenen Quartal verlor Spotify im operativen Geschäft nur noch gut 40 Millionen Euro. Im Vorjahresquartal war es mehr als das Doppelte gewesen. Positiv zudem: Spotify schafft schon seit geraumer Zeit positive Kapitalflüsse, nimmt also operativ mehr Geld ein als es ausgibt. Dass unter dem Strich trotzdem Nettoverluste stehen, liegt vor allem daran, dass das Unternehmen seine Mitarbeiter mit eigenen Aktien bezahlt. Die belasten den Gewinn, kosten das Unternehmen aber kein Bargeld.

Den jüngsten Kurssturz von knapp zehn Prozent im Kurs sollten Anleger deswegen nicht überbewerten. Anders als Snap hat Spotify kein fundamentales Problem mit dem Geschäft. Gleichwohl bleibt die Aktie auch nach dem Rückgang extrem teuer. Deswegen können in Zukunft weiterhin schon kleine Enttäuschungen ausreichen, um zweistellige Kursverluste auszulösen.

Ebensolche erlebte in den vergangenen Tagen auch die börsennotierte Telekom-Tochter T-Mobile US. Das im Technologieindex Nasdaq 100 gelistete Unternehmen hatte da bekannt gegeben, den US-Konkurrenten Sprint übernehmen zu wollen. An der Börse kamen die Übernahmepläne nicht gut an. Sprint, die Nummer vier auf dem amerikanischen Mobilfunkmarkt, schrieb in den vergangenen Jahren Milliardenverluste. Die zuletzt von einem Erfolg zum nächsten eilende T-Mobile gewänne durch eine Übernahme zwar Marktanteile, müsste sich aber auch um die Sanierung von Sprint kümmern. Dass Aktionäre angesichts dessen und der Tatsache, dass T-Mobile sich mit dem Kauf enorme Schulden aufladen würde, vorsichtiger werden, erscheint daher nachvollziehbar.

Mehr Marktanteil und ein Sanierungsfall

„So trocken“ und „nicht cool“: Tesla-Chef Elon Musk verteilte in der Telefonkonferenz zu den Zahlen seines Elektroautoproduzenten harsche Kritik. Die galt allerdings weder seinen Autos noch dem Zahlenwerk von Tesla, sondern kritischen Analysten. Die hatten sich erlaubt zu fragen, wann Tesla das nächste Mal frisches Geld brauche und wurden von Musk brüsk abgebügelt. Das schroffe Auftreten verschreckte Analysten wie Investoren; die Tesla-Aktie gab am Mittwoch nach anfänglichen Gewinnen knapp sieben Prozent ab.

Dabei waren die Zahlen sogar ganz gut und auch bei der Produktion des Massenmodells 3 kommt das kalifornische Unternehmen voran. Trotzdem wird Musk entgegen seiner eigenen Beteuerung nicht umhinkommen, bald neues Geld einzusammeln. Nur so kann sich Tesla genug Zeit kaufen, um irgendwann aus den Verlusten zu fahren. Trocken hin, nicht cool her.

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