Westwing, Wirecard, Ceconomy Oktoberfest-Kater auf dem Börsenparkett

Diese Aktienkurse fahren nach dem Sommer Achterbahn Quelle: imago images; Montage: WirtschaftsWoche

Montag stürzte der Dax unter 12.000 Punkte. Dax-Neuling Wirecard wird dabei ebenso gebeutelt wie Börsendebütant Westwing und die Media-Markt-Mutter Ceconomy. Es bleibt lebhaft.

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Die Investoren sind zurück aus dem Sommerurlaub und prompt fahren die Kurse Achterbahn: Optimismus und Angst beherrschen die Börse. Nachdem der deutsche Leitindex Dax am Montag die Marke von 12.000 Punkten deutlich unterschritten hatte und insbesondere Dax-Neuling Wirecard mit einem Minus von zwölf Prozent unter die Räder gekommen war, geht die Talfahrt weiter.

Am Vormittag lag der Dax zunächst im Plus, zeigte sich aber später richtungslos auf dem Niveau vom Vortagesschluss und fiel am frühen Nachmittag erneut ins Minus bei 11.850 Punkten - ein Rückgang um rund ein Prozent. Damit notiert der Dax so niedrig wie seit sechs Monaten nicht mehr. Das Jahrestief verläuft bei 11.700 Punkten.

An der Börse herrscht Trubel wie auf dem Oktoberfest: Erst die Umstellung der Dax-Indexfamilie mit reichlich Anpassungsbedarf für Fondsgesellschaften Ende September, dann die zunehmende Sorge um die Haltbarkeit des US-Konjunkturbooms, zunehmende Zinsunterschiede zugunsten der USA, der sich zuspitzende Handelsstreit zwischen den USA und China und nun auch noch Sorgen um Griechenland sowie die drohende Überschuldung Italiens durch die neue populistische Regierung. Letztere belastet an der Börse vor allem die Kurse von Commerzbank und Deutscher Bank, die in Italien engagiert sind.

Auf der anderen Seite aber suchen Anleger händeringend Investitionschancen, die Bewertungsniveaus vieler Aktien sind weiter hoch. Kursrückschläge dienen daher den Optimisten als Einstiegsgelegenheiten. All das sorgt für Nervosität, die sich in Kurskapriolen manifestiert.

Besonders hart trifft es einen Börsenliebling der vergangenen Monate: Für Wirecard ging es nach dem Kurssturz vom Montag zunächst um mehr als vier Prozent aufwärts. Für Optimismus sorgte auch die Ankündigung, das hohe Wachstumstempo bis 2025 beibehalten zu wollen. Bis dahin soll sich der Umsatz des Zahlungsdienstanbieters auf mehr als zehn Milliarden Euro verfünffachen. Das ehrgeizige Ziel gab das Wirecard-Management auf seinem Kapitalmarkttag aus, einer Veranstaltung, um Investoren für die Aktie zu gewinnen. Später aber gab die Aktie aber einen Großteil ihrer Tagesgewinne wieder ab. Das Plus schrumpfte im Tagesverlauf auf zwei Prozent.

Schlechter erging es der Holding der Elektrohandelsketten Saturn und Media Markt: Die Metro-Abspaltung Ceconomy musste erneut ihre Gewinnprognose senken. Die vorläufigen Zahlen zum Abschluss des Geschäftsjahres im September nannten Börsenbeobachter „ein Desaster.“ Anleger warfen die Aktie daraufhin in hohem Bogen aus ihren Depots, der Kurs der Stammaktie rauschte um mehr als 18 Prozent in die Tiefe. Seit Jahresbeginn hat das Ceconomy-Papier schon die Hälfte seines Wertes eingebüßt. Mobilfunkanbieter Freenet, seit einigen Monaten an Ceconomy beteiligt, wurde in Sippenhaft genommen. Freenet-Aktien fielen bis zum Nachmittag um rund fünf Prozent.

Dax stabil nach vier schwachen Tagen - Ceconomy mit dritter Gewinnwarnung 2018

Abgewatscht wurde auch ein Börsenneuling. Beim Debüt des Online-Möbelhändlers Westwing gab es zwar zur Erstnotiz gleich ein Kursplus von knapp zwei Prozent, im Laufe des Vormittags sackte die Rocket-Internet-Beteiligung aber drastisch. Am Nachmittag notierte sie bis zu 13 Prozent unter ihrem Ausgabekurs von 26 Euro. Später stabilisierte sich der Kurs um die 23 Euro und damit am unteren Ende der Angebotspreisspanne. Ursprünglich sollten die neuen Aktien bis zu 29 Euro pro Stück kosten.

Beim Milliarden-IPO von Knorr-Bremse stehen die Vorzeichen für den Börsengang am Freitag hingegen gut: Der Hersteller von Schienen- und Nutzfahrzeugbremsen hat offenbar wenig Probleme, Abnehmer für die rund 50 Millionen Aktien zu finden und könnte die Zeichnungsphase um einen Tag verkürzen. Insgesamt dürfte Knorr-Bremse beim Börsenstart am Freitag um die vier Milliarden Euro durch die Neuemission einsammeln und mit einer Marktkapitalisierung von zwölf bis 14 Milliarden Euro auf sich aufmerksam machen.

Dass die Stimmung für Börsengänge allgemein gut ist, zeigt auch die Nachricht, dass VW seine Börsenpläne für die Nutzfahrzeugsparte unter dem Namen Traton weiter vorantreibt. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters hat Volkswagen die Banken zur Begleitung des Börsengangs ausgewählt. JP Morgan, Goldman Sachs, Deutsche Bank und Citi sollen demnach die Neuemission vorbereiten und betreuen. Hinter Traton verbergen sich die Lkw-Hersteller Scania und MAN, die beide zum VW-Konzern gehören. Volkswagen erhofft sich durch den Traton-Börsengang Einnahmen von rund sechs Milliarden Euro.

Allein die Tatsache, dass Börsengänge in Vorbereitung sind, spricht dafür, dass die Unternehmen die Börsenstimmung derzeit für überwiegend optimistisch halten. Anders als von einigen Kommentatoren behauptet ist die Börse nämlich nicht orientierungslos, sondern unterscheidet sehr genau zwischen schwachen, starken und zukunftsträchtigen Investments – nur dass keine dieser Gruppen derzeit dominiert. Es dürfte weiter lebhaft bleiben an der Börse.

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