Zschabers Börsenblick
Zieleinlauf im Adidas-Trikot Quelle: imago images

Eine Nasenlänge voraus

Das kommende Jahr wird wieder ein Fußball-Großereignis liefern. Und damit eine Bühne für die Sportgiganten Adidas und Nike. An der Börse liefern sich beide schon jetzt ein Duell.

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Es ist eine Geschichte, die förmlich nach Hollywood schreit – oder zumindest nach Babelsberg: das Märchen vom Schuster, mit dessen Schuhen die deutsche Fußball-Nationalmannschaft das „Wunder von Bern“ schafft und Weltmeister wird und der aus einer Unternehmung in der fränkischen Provinz einen Weltkonzern macht.
Nun ist das aber gar kein Märchen, sondern die Wirklichkeit: Adi Dassler heißt der Mann, Adidas der dazugehörige Konzern.

Der 1978 verstorbene Dassler wäre in diesem Jahr 119 Jahre alt geworden – und sein Unternehmen feiert in diesen Tagen publikumswirksam seinen 70sten Geburtstag. Nun sind Firmenjubiläen zwar nichts, was Investoren besonders interessieren würde – Zahlen auf der Torte sind für sie nicht von Bedeutung, schon eher die in der Bilanz. Es trifft sich daher aber auch, dass Adidas jüngst starke Zahlen für sein zweites Quartal vorgelegt hat: Umsätze von 5,5 Milliarden Euro (fünf Prozent mehr als im Vorjahresquartal), ein Gewinn von 462 Millionen Euro (plus zehn Prozent) und eine operative Marge von 11,7 Prozent – das sind ein paar Eckdaten, die durchaus zur festlichen Stimmung passen.

350 Prozent Plus in fünf Jahren

Feiern, das können Aktionäre des Herzogenaurachers Sportartikelriesen schon länger. Die Adidas-Aktie hat sich in den vergangenen Jahren an der Börse prächtig entwickelt: Seit August 2014 hat die Notierung um rund 350 Prozent zugelegt. Einen gehörigen Anteil an der Entwicklung hat Adidas-CEO Kasper Rorsted, seit dessen Amtsantritt vor knapp drei Jahren der Kurs allein um rund 70 Prozent gestiegen ist – nicht zuletzt auch, weil Rorsted an einigen neuralgischen Punkten Personal ausgetauscht hat.

Dass das Papier durchaus noch Luft nach oben hat, dafür sorgen einige Baustellen, die von Rorsted noch anzugehen sind. Da ist etwa die Marke Reebok die schon seit einer gefühlten Ewigkeit schwächelt, deren Erlöse aber immerhin im jüngsten Jahresviertel um drei Prozent zulegen konnten. Sollte der Däne das Sorgenkind noch besser in den Griff kriegen, stehen der Notierung der Adidas-Aktie weitere Zuwächse bevor.

Ob Rorsted das schon im Visier hatte, als er jüngst die Jahresziele 2019 bekräftigte, darf bezweifelt werden. Spannender dürfte aber ohnehin das darauffolgende Geschäftsjahr sein, in dem Adidas vor allem wegen eines Großereignisses punkten dürfte: In Europa, wo Adidas die Nummer eins unter den Sportartiklern ist, findet mit der EM das Fußball-Event des Jahres statt. Da Adidas auch weiterhin die deutsche Mannschaft ausrüsten wird – der Entscheidung war ein kurzes Marketing-Kräftemessen mit Konkurrent Nike vorausgegangen –, wird der Konzern sehr genau schauen, was die Erben des „Wunders von Berlin“ während des Turniers zeigen. Es bleibt zu hoffen, dass die Ergebnisse aus der bisherigen Qualifikation ein gutes Omen sind und Deutschland bei der Europameisterschaft eine größere und bessere Rolle spielen wird als bei der letzten WM, wo das Team in der Vorrunde rausflog. Die Sonderkonjunktur durch Trikotverkäufe während eines Turniers, bei dem Deutschland bis zum Ende im Rennen ist, dürfte man bei Adidas jedenfalls sicher gerne mitnehmen.

Wie Nike mit weniger Währungsrisiken

Apropos Nike: Der US-amerikanische Dauerrivale von Adidas, seines Zeichens immer noch der klare weltweite Marktführer, hat an der Börse zwar ebenfalls eine überdurchschnittliche Wertentwicklung gezeigt – um währungsbereinigt rund 150 Prozent ging es für die Aktie in den vergangenen fünf Jahren nach oben, damit schafft sie wie auch Adidas eine Daseinsberechtigung für die Börsenweisheit „The trend is your friend“. Und auch bei den Bewertungen nehmen sich Adidas und Nike nicht viel, reichen doch jeweils die Kurs-Gewinn-Verhältnisse an die 30 heran, sind also beide keine ausgesprochenen Schnäppchen mehr.

Doch gegenüber dem globalen Branchenprimus hat Adidas für deutsche Investoren einen gehörigen Vorteil: Diese brauchen anders als bei Nike nicht den Euro-Dollar-Kurs im Blick zu haben, wenn es um „ihre“ Notierung geht. Zwar spielen natürlich bei einem international agierenden Konzern wie Adidas auch Währungseffekte eine große Rolle. Und selbstredend sind auch Handelskonflikte für die Herzogenauracher ein Thema. Aber der Aktionär muss nicht bei jeder Schwankung der Aktie an deren Heimatbörse erst einmal die Wechselkurse studieren – in Zeiten, in denen Regierungen Währungen als probate Mittel für die ökonomische Kampfführung nutzen, muss man kein ausgesprochener Home-Bias-Verfechter oder Lokalpatriot sein, um diesen Vorteil zu erkennen.

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