„There is a flower within my heart, Daisy, Daisy! Planted one day by a glancing dart.“ Eine Szene, die zum Weinen rührt. Kurz vor seinem „Tod“ singt der KI-Supercomputer HAL 9000 noch ein Lied aus seinen „Kindheitstagen“, eine Blume, die tief im Herzen wächst. Dass HAL noch kurz zuvor die Crew des Raumschiffs Discovery im Filmklassiker „2001: Odyssee im Weltraum“ umgebracht hat, vergisst man dabei nur allzu gern.
Dabei ist es dieser Zwiespalt, der uns beim Thema KI, künstliche Intelligenz, allzeit begleitet. Auf der einen Seite wissen wir um das enorme Potenzial von KI, andererseits um ihre negative Seite. Begeisterung und Angst liegen hier eng beieinander. Selbst Tech-Fan und Tesla-Chef Elon Musk warnte vor kurzem vor der KI, sie sei „ziemlich gefährlich“.
Dabei ist die Entwicklung der KI längst nicht mehr aufzuhalten. Nach Angaben der OECD sind im zurückliegenden Jahr über 122 Milliarden US-Dollar als Investitionen in die KI geflossen. Zehn Jahre zuvor waren es nur drei Milliarden Dollar. Bis 2030, so die Schätzung von Analysten, könnte der KI-Markt jährlich um bis zu 35 Prozent auf dann 1,3 Billion Dollar jährliches Investitionsvolumen wachsen.
KI wäre damit wohl der am schnellsten expandierende Markt weltweit. Das ist möglich, weil es sich bei der KI um eine Grundlagentechnologie handelt, die in vielen Bereichen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft eingesetzt werden kann. Vielleicht vergleichbar mit der Entwicklung des Rades, das seinen Siegeszug vor vielen tausend Jahren als Töpferscheibe in Mesopotamien antrat und die Welt grundlegend veränderte.
Was KI alles kann
Doch was ist KI überhaupt? Einfach erklärt ist KI, oft auch mit dem englischen Begriff Artifical Intelligence (AI) bezeichnet, der Versuch, menschliches Lernen und Denken auf den Computer zu übertragen. Statt jedes Mal neu zu programmieren, soll der Computer in die Lage versetzt werden, selbständig Lösungen für Probleme zu finden. Wohin das führen kann, zeigen aktuelle Trends: Die mit KI ausgestatte Dialogsoftware ChatGPT des US-Unternehmens OpenAI antwortet und stellt Fragen eigenständig während eines Gesprächsverlaufs, verfasst Gedichte und schreibt Texte zu vorgegebenen Themen.
„Alexa, spiele mir neue Lieder vor, die mir gefallen“; in der Folge macht sich der digitale Sprachassistent von Amazon auf die Suche – und wird mit jeder Anfrage „schlauer“. Sprachassistent und Nutzer lernen sich nach und nach kennen und wachsen quasi wie in einer guten Ehe zusammen. KI-Computer unterstützen aber auch Ärzte bei der Analyse von Röntgen- und Ultraschallbildern, indem sie auf bereits existierende Bilddaten zurückgreifen und damit Muster erkennen können, die sich Erkrankungen zuordnen lassen. Zudem helfen sie bei der Suche nach neunen Medikamenten, weil sie in der Lage sind, aus den vorhandenen geschätzten eine Dezillion Molekülen (eine eins mit 60 Nullen) jene herauszufinden, die sich für die Herstellung von neuen Arzneien eigenen.
Aber das ist wohl erst nur der Anfang der KI. Die Fortschritte sind gewaltig. Und es ist möglich, weil „Moore’s Law“ scheinbar zeitlos gültig ist. Zur Erinnerung: 1965 publizierte der Mitbegründer von Intel und vor kurzem verstorbene Gordon Moore in der Zeitschrift „Electronics“ einen Beitrag, in dem er die Aussage traf, dass sich die Rechenleistung eines Mikrochips etwa alle zwei Jahre verdoppeln wird. Von Kritikern damals als Utopie abgetan, hat das „Gesetz“ bis heute seine Gültigkeit. Nur dadurch konnte sich die KI entwickeln, denn Grundlage der KI ist eine enorme Rechenleistung – je mehr, desto besser.
Künstliche Intelligenz – Geschichte einer Idee
In den Fünfzigerjahren prägte ein Forschungspapier den Begriff künstliche Intelligenz (KI) erstmalig. KI sollte „die Art von Problemen lösen, wie sie bislang nur für Menschen vorgesehen sind“. Bis heute ist der Begriff jedoch umstritten. Offen ist, was Intelligenz genau umfasst – und inwiefern es dafür eines eigenen Bewusstseins bedarf.
Bei dieser Spielart der künstlichen Intelligenz erzeugt das System aus großen Datenmengen Wissen – indem es etwa anhand von Fotos selbst erlernt, wie eine Katze aussieht. Einige Experten sehen in dieser Mustererkennung jedoch noch kein intelligentes Verhalten.
Für viele Anwendungen, darunter die Bilderkennung, brachten die Methoden des Deep Learning den Durchbruch. Dabei werden die neuronalen Netze des Gehirns mit ihren vielen Knotenpunkten digital nachempfunden.
Kommerzialisiert haben insbesondere amerikanische IT-Konzerne wie Google, Microsoft, IBM oder Amazon KI-Anwendungen. Sie finden sich etwa in der Spracherkennung in Smartphones, selbstfahrenden Autos oder als Chatbots, die mit Kunden auf Shopping-Seiten kommunizieren.
Chancen an der Börse
Doch wie kann man als Anleger an dieser Entwicklung partizipieren? Welche börsennotierten Unternehmen beschäftigen sich mit KI? Es sind zum einen die üblichen Verdächtigen, die KI auf ihrem Radarschirm haben, wie Alphabet (Google), Amazon, Apple, Meta (Facebook), Microsoft und Oracle aus den USA. In Europa sind es unter anderem ABB und SAP. Da die Grundlage für KI hochleistungsfähige Mikrochips sind, gehören zum anderen auch die Chiphersteller zu den Profiteuren, etwa Intel, Qualcomm, Micron Technologies, Nvidia und Advanced Micro Devices. Speziell mit der Entwicklung von KI in der Medizin beschäftigen sich unter anderem Illumina, Intuitive Surgical, Sartorius und Siemens Healthineers.
Auch die berüchtigte Palantir Technologies, ins Leben gerufen vom Paypal-Gründer Peter Thiel, beschäftigt sich mit KI. Eine spezielle Software namens Metaconstellation wertet Daten aus vielen verschiedenen Quellen wie Satellitenbildern und Einträgen in Sozialen Medien aus, bringt sie in Übereinstimmung, entwirft virtuelle Karten und stellt diese unter anderem dem ukrainischen Militär zur Verfügung.
In Zusammenhang mit KI sollte auch Zebra Technologies nicht unerwähnt bleiben. Der Konzern aus Illinois entwickelt und vertreibt Hard- und Software, mit der sich Vorgänge in Unternehmen erfassen und auswerten lassen. Zebra greift auf KI zurück, um Unternehmensvorgänge zu optimieren. Die Zebra-KI kommt zum Beispiel im Einzelhandel, in der Logistikbranche, in der Energieversorgung und im öffentlichen Sektor zum Einsatz. Last but not least Tesla. Weil KI autonomes Fahren ermöglicht, setzt der Elektrobauer voll auf diesen Trend, trotz der eingangs erwähnten Warnung von Elon Musk.
Eine interessante Alternative zu einzelnen Investments bieten Themen-Indizes, wie der STOXX Global Artificial Intelligence. Der Index, auf den es auch ETFs gibt, bildet die wichtigsten Unternehmen aus der Entwicklung und Anwendung von KI ab. Mit einer Performance von knapp 70 Prozent in den zurückliegenden fünf Jahren hat er sich ähnlich gut entwickelt wie der MSCI World Index.
Doch Vorsicht: Auch wenn KI begeistert, viele Unternehmen im STOXX Global Artificial Intelligence und andere sind mittlerweile hoch bewertet. Typisch Technologie-Aktien halt, das macht den Sektor anfällig für Korrekturen – gerade dann, wenn die Zinsen steigen.
„There is a flower within my heart“, HAL 9000 mag uns zum Weinen rühren, am Ende dürfen wir nicht die Herausforderungen vergessen, vor die uns die KI stellt. Auch an der Börse.
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