Zschabers Börsenblick
Lufthansa-Flugzeug in Frankfurt Quelle: AP

Lufthansa-Aktie – abheben oder abschmieren?

Die Fluglinie mit dem Kranich im Logo ist derzeit in gleich mehrfacher Hinsicht Turbulenzen ausgesetzt. Das lässt sich nicht zuletzt am Aktienkurs ablesen. Genauer anschauen können sich Börsianer das Papier aber allemal.

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Murphy’s Law ist für diejenigen, die nicht davon betroffen sind, immer einen Lacher wert. Das Gesetz, wonach alles das, was schief gehen kann, auch schief geht, finden allerdings diejenigen, die darunter leiden, weniger lustig. Fragen Sie doch mal bei der Deutsche Lufthansa AG nach.

Da wäre etwa das seit Ende Dezember feststehende 2019er-Ranking der Out- und Underperformer im Dax. In einem insgesamt sehr starken Börsenjahr, in dem der deutsche Leitindex ein Plus von rund 25 Prozent erzielt hat, musste die Lufthansa-Aktie einen Verlust von knapp 17 Prozent hinnehmen – schlechter war in der ersten deutschen Börsenliga nur das Enfant terrible Wirecard. Dieser Erkenntnis folgte nur kurz später die Nachricht, dass Deutschlands größte Airline einen Rückschlag im europäischen Wettbewerb hinnehmen müsse: Den nach Passagierzahlen ersten Platz in Europa hatte der irische Billigflieger Ryanair der Lufthansa weggenommen, die noch in den Jahren 2017 und 2018 die Pole Position innehatte.

von Anton Riedl, Frank Doll, Heike Schwerdtfeger

Zwar steigerte die Kranich-Airline die Zahl der im Jahr 2019 insgesamt beförderten Fluggäste um 2,3 Prozent auf rund 145 Millionen. Doch der Konkurrent von der grünen Insel legte in dieser Disziplin noch deutlicher zu – um rund neun Prozent auf 152,4 Millionen. Da war es für die Lufthansa nur ein geringer Trost, dass sie im abgelaufenen Jahr ihre Auslastungsquote auf das neue Rekordniveau von 82,5 Prozent schrauben konnte.

Ebenfalls in den Negativschlagzeilen war die Lufthansa Anfang des Jahres dann wegen des Streiks der Kabinengewerkschaft UFO und der damit verbundenen Ausfälle und Verzögerungen – genervte Fluggäste taugen nun einmal selten für gute PR. Und kaum scheint dieses Thema vom Tisch zu sein, sorgen sich die Analysten darum, dass das Coronavirus in China den Flugverkehr zumindest in Asien werde leiden lassen. Fast vergisst man, dass sich die Lufthansa noch um ihr Problemkind, die Tochtergesellschaft Eurowings zu kümmern hat.

Lufthansa am Boden - für Anleger interessant

Angesichts dieser Gemengelage mag das zynisch anmuten, aber gerade jetzt ist ein Blick auf die Aktie interessant. „Die Letzten werden die Ersten sein“ ist zwar keine Börsenregel, nach der Anleger sich blind richten sollten. Wenn es aber turbulent wird bei einem Wert, ist das oftmals keine schlechte Gelegenheit, über die Vor- und Nachteile eines Engagements zumindest nachzudenken.

Zu den Vorteilen der Lufthansa-Aktie gehört zweifelsohne deren Bewertung: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis der Schätzungen für das Geschäftsjahr 2020 liegt bei 5. Ähnlich sieht es beim KUV aus: Die aktuelle Marktkapitalisierung erreicht nicht einmal ein Fünftel des 2018er-Umsatzes. Dass die Dividendenrendite immerhin 5,4 Prozent beträgt, ist ein weiterer Punkt, der gerade langfristig orientierte Investoren interessieren könnte. Und bei allen negativen Nachrichten der jüngeren Vergangenheit darf man nicht unterschlagen, dass der Konzern sich in einer Umstrukturierung befindet, die ihn auch wieder in luftigere Höhen bringen kann. Die jüngsten Spekulationen über einen Börsengang der lukrativen Tochter Lufthansa Technik deuten an, dass dabei sämtliche Optionen geprüft werden. Die Technik-Sparte, die Experten zufolge mehr wert sein soll, als der komplette Konzern derzeit auf die Börsenwaage bringt, könnte diesem dann ordentlich Geld in die Kassen spülen.

Natürlich ist auch Lufthansa mit Risiken behaftet, nicht zuletzt wegen der allgegenwärtigen Klimawandeldebatte und den hohen Kosten, die weitere Umstrukturierungen mit sich bringen werden. Dass Flugscham zum Thema werden würde, hätte man vor zwei Jahren schließlich noch nicht gedacht. Doch auch hier hilft es, langfristig zu denken, denn die Flugoption wird gerade von den neuen Bewohnern der nun aufstrebenden Volkswirtschaften Asiens, die viel reisen, weiterhin stark genutzt werden. Am klimafreundlichsten wäre es zwar, ein jeder würde zu Hause bleiben, doch so vernünftig diese Option auch klingen mag, sie ist eigentlich keine. Im 21. Jahrhundert wollen die Menschen die Welt sehen, andere Länder und Kulturen kennenlernen. Das ist nicht nur nachvollziehbar, es ist auch gut so. Denn es erweitert nicht nur den geographischen, sondern auch ihren kulturellen und intellektuellen Horizont – und fördert eine globale Toleranz für das jeweils Andere.

All das können weder Videokonferenzen noch Skype-Sessions leisten. Die Lösung werden daher vielmehr neue Flugzeugtypen darstellen, die nicht mehr pro Flug Tausende von Litern Kerosin ausstoßen, sondern die elektronisch angetrieben werden. Die Zukunft einer Fluggesellschaft wie Lufthansa mag dann anders aussehen als heute – aber es wird sie zweifellos weiterhin geben.

Die Lufthansa mit ihrer über Jahrzehnte aufgebauten, starken Marke und ihrer auch aufgrund der Zugehörigkeit zur Flugallianz Star Alliance großen Anhängerschaft unter Geschäftskunden dürfte dann weiterhin eine gute Position haben. Wettbewerb wird es freilich auch in diesem Verbund geben, dem man sich stellen muss. Gelingt dies, kann auch die Lufthansa-Aktie wieder an Flughöhe gewinnen.

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