Zschabers Börsenblick
Quelle: REUTERS

Öl-Chancen abseits vom Aramco-Trubel

Der bevorstehende Mega-Börsengang von Saudi Aramco sorgt für einige Hysterie. Von dieser muss man sich als Anleger nicht anstecken lassen – sondern kann seine eigenen Schlüsse ziehen.

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Öl hat es in der öffentlichen Wahrnehmung wahrlich schwer. Wirklich zeitgemäß ist es ja ohnehin nicht, verkörpert die Old Economy doch nichts so sehr wie der Schmierstoff. Und dann ist da noch das fehlende Potenzial in Sachen Nachhaltigkeit: Nicht erst seit Fridays for future gilt das einstige Schwarze Gold als Auslaufmodell. Man kann es auch etwas moderner formulieren: Öl ist der alte, weiße Mann der Energieversorgung.

Doch ganz unabhängig von der immer hitziger werdenden Klimadebatte haben noch andere Faktoren dafür gesorgt, dass Ölkonzerne wie Exxon, BP und Royal Dutch Shell weit vom Glanz früherer Zeiten entfernt sind. Vor allem der Handelskonflikt zwischen den USA und China, das überschaubare weltweite Wachstum und der damit in Verbindung stehende schwächelnde Ölpreis machen den Branchenriesen zu schaffen.

Und dennoch steht der Börsengang eines Ölunternehmens vor der Tür, der alle bisherigen IPO-Rekorde brechen soll. Der saudi-arabische Staatskonzern Saudi Aramco wird dem Vernehmen nach in der zweiten Dezember-Woche das Parkett betreten. Der Erlös des Debüts soll mehr als 25 Milliarden US-Dollar betragen, das gesamte Unternehmen wäre dann mit einem Schlag bis zu 1,8 Billionen Dollar am Kapitalmarkt wert. Wie geht das zusammen?

In der Tat gibt es einige Marktbeobachter, die einer Aramco-Börsenstory gute Chancen ausrechnen, allein wegen der schieren Größe des Projekts. Andere wiederum haben große Bedenken, die von den politischen Verstrickungen des Staatskonzerns bis hin zu dem Umstand reichen, dass Aramco Öl verkaufen will, dass bislang noch nicht gefördert ist.

Der Börsianer hat es da gut. Er muss die Neuemission ja nicht zeichnen, sondern kann sich die Entwicklung von der Seitenlinie aus anschauen. Oder – und das ist sogar die noch bessere Option – abseits des ganzen Wirbels, den der neue saudische Konzerngigant verursacht, einen nüchternen Blick auf die Ölbranche außerhalb des Aramco-Rampenlichts werfen. Denn dort bietet sich die eine oder andere Chance.

Wenn sich die USA und China weiter annähern und der globale Wirtschaftsmotor seine Drehzahl wieder ein wenig erhöht, dürften die Öl-Nachfrage und der Preis wieder anziehen – und damit einhergehend auch die großen Öl-Multis wieder an Attraktivität gewinnen.

Die Energiewende – so realistisch muss man einfach sein, auch angesichts solcher Diskussionen wie der aktuellen um die Aufstellung von Windrädern in Deutschland – wird nicht in ein paar Monaten und auch nicht in wenigen Jahren zu bewerkstelligen sein. Selbst wenn der Druck, der vor allem durch den öffentlichen Diskurs auf die Politik ausgeübt wird, rapide zunimmt. In vielen anderen Ländern – siehe da etwa exemplarisch die Trump-USA und deren Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen – wird der Wandel hin zu erneuerbaren Energien, und damit die Abkehr vom Öl, noch länger dauern.

von Heike Schwerdtfeger

Verlorener Glanz, aber hohe Dividenden

Wer auf eine solche Entwicklung setzen, aber die Zeichnung des Aramco-Börsengangs umgehen will, hat Alternativen zur Genüge. Und diese sind mitunter bereits seit Jahrzehnten börsennotiert, weisen also anders als Aramco das auf, was man zu Neudeutsch mit Track Record bezeichnet: Die wichtigsten und größten Ölkonzerne – zumindest die der Prä-Aramco-Zeit – sind im Index MSCI World Energy gelistet, darunter nicht nur die europäischen Schwergewichte Total, Royal Dutch und BP, sondern auch ihre US-Pendants Exxon und Chevron.

Die Top-10-Unternehmen des Barometers, in den sich eine Investition via ETF anbietet, bringen zusammen zwar mit 1,23 Billionen Dollar (Stand Ende Oktober) „nur“ einen Börsenwert auf die Waage, wie Aramco ihn wohl demnächst allein stemmen wird. Aber auch die MSCI-World-Energy-Mitglieder können mit einem entscheidenden Argument punkten: Das Gros der Unternehmen bietet nach wie vor überaus attraktive Dividendenrenditen, manche sogar jenseits der Sechs-Prozent-Marke. Und regelmäßige Ausschüttungen gehören gerade in Zeiten von Negativzinsen in anderen Anlageklassen mit Sicherheit nicht zu den Auslaufmodellen. Schon gar nicht für den langfristig orientierten Anleger. Mit dem Mega-Börsengang von Aramco wird sich möglicherweise einiges ändern – das aber nicht.

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