Broker und Depotverwaltung finden So gelingt Sparern der Einstieg an der Börse

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Worauf Börseneinsteiger noch achten sollten

Objektive Finanzberatung ist rar

Den größten Vorteil ein Depot bei einer Bank anzulegen, sieht die Sprecherin der Deutschen Bank in der Betreuung durch einen „qualifizierten persönlichen Berater“. Dieser helfe den Kunden dabei, einen finanziellen Überblick zu erhalten und bespreche mit ihnen unter anderem „Renditeerwartungen, Liquiditätsbedarf und Risikobereitschaft“. Anschließend erstellt er eine individuelle Anlageempfehlung: „Die Berater stützen sich dabei auch auf die Marktmeinung von unserem Chef-Anlagestrategen. Zusätzlich steht dem Kundenbetreuer für die Anlageempfehlung die breite Produktpalette unseres Investmentuniversums zur Verfügung. Auch hier obliegt es dem Kundenberater gemeinsam mit dem Kunden, die für ihn geeigneten Produkte auszuwählen“, erklärt die Sprecherin.  

Peter N. Posch, Lehrstuhlinhaber Finance an der TU Dortmund und ehemaliger Mitarbeiter einer großen deutschen Bank im Bereich Kreditderivate und aktives Portfoliomanagement bezweifelt jedoch die Objektivität dieser Beratung: „Man muss sich fragen, welchen Anreiz die Leute bei der Beratung haben. Bei vielen Banken sind das Provisionen, die sie für den Verkauf bestimmter Finanzprodukte erhalten“. Dementsprechend würde auch die Auswahl der angebotenen Investmentmöglichkeiten ausfallen. Laut Posch hätte man als unerfahrener Kunde zwar das Gefühl, durch die Risikoabfrage eine Hilfe zur Orientierung in der Finanzwelt zu bekommen. Dies sei jedoch keine Leistung der Bank, sondern durch die regulierende Aufsichtsbehörde verpflichtend.

„Eine unabhängige Beratung ist eigentlich nicht möglich, wenn Berater direkt an den Produkten beteiligt sind“, sagt Posch. Ein Depot bei einer Filialbank sei seiner Ansicht nach nur sinnvoll, wenn man digital nicht versiert genug wäre, um sich die für den Handel benötigten Informationen selbst zu beschaffen. Posch: „Ich rate zur Eröffnung eines Depots bei Online-Brokern oder Direktbanken, da die Beratung durch Banken die höheren Gebühren definitiv nicht rechtfertigt“.

 Niedrige Gebühren sind nicht alles

Wer im Internet nach einem Broker sucht, wird von Angeboten geradezu überschwemmt. Doch das günstigste Angebot ist nicht unbedingt das Beste. Elgin Gorissen-van Hoek ist Vorsitzende des Bundesverbands Finanz-Planer. Die Honorar-Finanzanlagenberaterin weiß, worauf es bei der Wahl des richtigen Online-Brokers ankommt: „Man sollte auf jeden Fall darauf achten, wo der Broker reguliert ist, damit man sich auf ein sicheres Rechtssystem berufen kann, falls etwas schiefläuft“. Gemeint ist damit nicht ein möglicher Konkurs des Anbieters, sondern vielmehr Differenzen zwischen Kundenwünschen und der Ausführung durch den Broker.

Da die Finanzmarktrichtlinie MiFID II, die 2018 in Kraft trat, auch Online-Broker reguliere, sei man als Anleger im EU-Raum gut aufgestellt: „Da Anlagen wie Investmentfonds oder ETFs den rechtlichen Status des Sondervermögens haben, sind solche Anlagen extra geschützt“. Als Sondervermögen eingestufte Investments werden getrennt vom Vermögen des Finanzinstituts aufbewahrt, bei dem es angelegt wurde. Es unterliegt damit im Fall einer Pleite des Anbieters nicht der Insolvenzmasse, weshalb ein Risiko für Anleger durch Konkurs des Brokers ausgeschlossen ist. „Wenn es ein Problem gibt, sollte man außerdem auf kurzem Wege einen qualifizierten Ansprechpartner haben“, sagt Gorissen-van Hoek. Eine gute Hotline sei deshalb bei der Wahl des Online-Brokers nicht zu vernachlässigen: „Unerfahrene Anleger sind oft verwirrt, wie viel Papierkram damit verbunden ist. Da ist es anfangs hilfreich, qualifizierte Unterstützung zu bekommen“.

Weiterhin sollte man auch Differenzen zwischen Kauf- und Verkaufskurs bei den einzelnen Brokern beachten, sogenannte Spreads. Je geringer diese Differenz, desto besser: „Durch einen Spread kann eine Handelsplattform Erträge für sich generieren. Darum ist es wichtig, dass man beim Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers verschiedene Börsenplätze vergleicht. Meistens lohnt sich auch ein Blick auf Xetra, die größte elektronische Börse in Deutschland. Aufgrund des großen Handelsvolumens bekommt man realistische Kurse“, erklärt die Finanzanlagenberaterin. Grundsätzlich hänge die Wahl des Brokers jedoch immer vom individuellen Anlageverhalten ab: „Man sollte immer die Transaktionskosten für den gewünschten Anlagebetrag vorherberechnen. Eine unabhängige Beratung kann bei der Vielzahl der unterschiedlichen Gebührenmodelle sehr hilfreich sein“, sagt Gorissen van-Hoek.

Selbstverwaltung des Portfolios schont Gewinne

Bevor man mit dem Wertpapierhandel beginnt, muss man sich entscheiden, ob man sein Investment selbst verwalten möchte, oder das Management lieber einem Profi überlässt. „Wenn man viel Geld hat, aber wenig Zeit, um sich mit dem Markt auseinanderzusetzen, kann es sinnvoll sein, seine Investments von jemand anderem managen zu lassen“, sagt Posch. Allerdings seien die Kosten eines aktiven Portfoliomanagements nicht zu vernachlässigen. Posch: „Aus meiner Berufserfahrung und der akademischen Literatur heraus kann ich sagen, dass ein Fondsmanager nach den Gebühren den Markt im Mittel nicht schlägt“. Auch aus der vergangenen Performance eines Managers oder Fonds ließen sich keine Rückschlüsse auf zukünftige Leistungen schließen. „Lieber sollte man sozusagen den Markt kaufen, beispielsweise in Form eines ETF, der einen gesamten Index abbildet, wie etwa den Dax“, rät der Professor für Investition und Finanzierung.

Doch auch die Selbstverwaltung des eigenen Portfolios hat ihre Vorzüge: „Bei jedem Investment geht es konkret um die Zukunft des Anlegers“, erklärt Posch. Verwalte man seine Investitionen selbst, müsse man Entscheidungen und damit verbundene Konsequenzen nicht jemand anderem überlassen. Prinzipiell könne das jeder machen, denn der Zugang zu allen nötigen Infos sei durch das Internet gegeben. Dennoch sollte man Entscheidungen über die Verwaltung des Investments nicht leichtfertig treffen: „Ein selbstverwaltetes Depot ist nur erfolgreich, wenn man sich damit auseinandersetzt. Das erfordert Zeit. Ist man bereit, sie zu investieren, würde ich dazu raten, das eigene Depot selbst zu verwalten“, empfiehlt Posch. Auch bei relativ geringem Zeitinvestment sei das möglich, wenn man in Indexfonds investiere.

Investition ist nicht Spekulation

Beide Experten halten unerfahrene Anleger dazu an, zwischen Investition und Spekulation zu unterscheiden. Sehr aktives Handeln ist in den Augen der Finanzanlagenberaterin „Spielerei, weil das nichts mit gezieltem Vermögensaufbau zu tun hat“. Posch erklärt den Unterschied: „Der Grundgedanke jeder Investition lautet: Ich lege jetzt Geld für späteren Konsum an, weil mein Einkommen in Zukunft niedriger sein wird, beispielsweise in der Rente. Bei der Spekulation hingegen setze ich auf eine Erwartung bezüglich meist kurzfristiger Marktentwicklungen. Liege ich richtig, kann die Rendite sehr hoch sein – liege ich falsch kann aber auch der Totalverlust drohen“.

In kommenden Beiträgen geht es um die richtige Anlagestrategie mit Aktien und Indexfonds sowie praktische Tipps zum Wertpapierhandel.

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