Zschabers Börsenblick

Wo Intel Infineon schlägt – und umgekehrt

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Konservativ oder Spekulativ?

Doch das schlechte Timing ist nur einer der Gründe, warum Infineon noch weiter als Intel von seinem bisherigen Allzeithoch entfernt ist. Eine Reihe schlechter Nachrichten und pessimistischer Prognosen hatte das Papier in der zweiten Hälfte 2018 und im jüngsten Frühjahr deutlich korrigieren lassen. Und überhaupt ist die Infineon-Notierung seit jeher anfällig für teils heftige Schwankungen.

Zwischenzeitlich war die Aktie der Bayern nicht viel mehr als ein Wert für Trader – was auch daran lag, dass das Papier im Zuge der durch die Finanzkrise hervorgerufenen Börsenturbulenzen Ende 2008 sogar zum Penny Stock wurde und im Frühjahr 2009 aus dem Dax flog. Nur, um einige Monate später wieder in die erste Börsenliga aufgenommen zu werden – wo Infineon seitdem gelistet wird.

Es ist gerade auch diese Volatilität, die Infineon für risikobereite Anleger interessanter macht als für defensive. Zwar bringt Infineon immerhin eine Marktkapitalisierung von rund 23 Milliarden Euro auf die Waage, doch damit erreicht das Unternehmen gerade einmal ein Zehntel des Börsenwerts von Intel. Auch das 2020er-KGV von 19 dürfte den einen oder anderen konservativen Investor abschrecken. Und die Dividendenrendite von rund 1,5 Prozent ist zwar in Zeiten von Niedrig- oder Negativzinsen durchaus eine Erwähnung wert, reicht aber nicht an Intels Ausschüttung heran.

Kursfantasie durch autonomes Fahren

Und dennoch, auch Infineon kann einen Schub vom allgegenwärtigen Digitalisierungstrend in der Industrie erwarten. Die Münchener sind stark bei Halbleitern im Millimeterwellen-Bereich – und der ist beim neuen 5G-Mobilfunkstandard gefragt, dem wiederum eine maßgebliche Rolle bei der Digitalisierung gerade in der Industrie zugesprochen wird. Die im Sommer angekündigte Übernahme des Wettbewerbers Cypress Semiconductor macht weitere Ambitionen deutlich: Cypress gilt als Spezialist für Chiplösungen für das autonome Fahren, das als wesentlicher Bestandteil einer neuen Mobilität gehandelt wird. In Sachen Kursfantasie muss sich Infineon also nicht vor Intel verstecken. Und Kursfantasie ist etwas, was manch einem Anleger mehr wert ist als die solidesten Fundamentaldaten.

Unter Berücksichtigung von Unternehmensgröße, Volatilität und Dividendenrendite sind die Papiere von Intel und Infineon für unterschiedliche Kategorien von Anlegern geeignet: Wer konservativer anlegt, für den ist Intel die bessere Wahl – wer es spekulativer mag, der kann über ein Engagement in Infineon nachdenken. Ob beide auch etwas gemeinsam haben? Nun, sie zeigen eindrucksvoll, welche Daseinsberechtigung das vielzitierte Stockpicking hat – selbst innerhalb ein und derselben Branche.

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