Beträge offenbaren Unterschiede Was Ihr Geldautomat über Sie (und die anderen Kunden) aussagt

Was der Geldautomat über Sie aussagt. Quelle: Getty Images

Wer stets bei seiner eigenen Bank abhebt, weiß oft nicht, dass es große Unterschiede zwischen den Geldautomaten gibt. Dabei werden manchen Kunden deutlich höhere Beträge vorgeschlagen als anderen. Das hat Gründe.

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Geldautomaten werden meist ohne großes Nachdenken genutzt. Dabei sagen sie viel aus: Über den Ort, an dem sie stehen, über die Bank, die sie aufgestellt hat – und nicht zuletzt über die Kunden, die sie nutzen. Dabei beginnen die Unterschiede schon bei der Frage, ob erst nach dem Pin-Code oder erst nach dem Auszahlbetrag gefragt wird. Mindestens genauso spannend ist, welche Auszahlbeträge der Automat dem Kunden vorschlägt. In der Regel zeigt das Display sieben Eurobeträge an, vier links, drei rechts, sowie die Option „anderer Betrag“.

Die sieben Beträge unterscheiden sich je nach Institut und oft auch nach Standort. Grund ist das Nutzungsverhalten der Bankkunden. Ein Sprecher des Deutschen Giro- und Sparkassenverbandes erklärt: „Es gibt regionale und auch lokale Unterschiede hinsichtlich der Bargeldnutzung und in welcher Frequenz und Höhe die Kunden Geld abheben.“

Interessant sind die vorgeschlagenen Beträge deshalb, weil sie von den Banken nicht frei festgelegt werden, sondern gewissermaßen ein Psychogramm der Bankkunden abbilden. So erklärt eine Sprecherin der Postbank: „Wir haben unsere Vorauswahl so festgelegt, weil die genannten Beträge am häufigsten an unseren Geldautomaten abgehoben werden.“ Auch andere Banken orientieren sich am Verhalten ihrer Kunden.

Wenn man aus den Beträgen Rückschlüsse auf die Bankkunden zieht, offenbaren sich interessante Unterschiede. Dann müssen die Kunden der Postbank reicher sein als die der Konkurrenzinstitute – oder zumindest im Alltag mehr Wert auf größere Bargeldsummen legen: Während bei Commerzbank und Deutscher Bank maximal 500 Euro vorgeschlagen werden, liegt der höchste vorgeschlagene Betrag bei der Postbank bei 1000 Euro. Auch 500 und 800 Euro können per Knopfdruck abgehoben werden. Welche Beträge tatsächlich wie oft von den Kunden abgehoben werden, wollen die Banken aus Sicherheitsgründen nicht preisgeben.

Umfragen zufolge hebt jeder Achte am Geldautomaten weniger als 50 Euro ab. Bei den Unter-30-Jährigen ist es sogar jeder Dritte. Diese Kunden werden „Just in Time“-Kunden genannt und heben der Umfrage zufolge meist nur so viel Geld ab, wie sie am selben Tag oder Abend benötigten. Was ihre Gewohnheiten unterscheidet, offenbart ein Blick auf den unteren Rand des Spektrums der vorgeschlagenen Beträge.

Stimmt die These des „Just in Time“-Kunden, haben Kunden der Deutschen Bank offenbar in der Regel günstigere Pläne für den Abend als die Kunden der anderen Großbanken. Während die Deutsche Bank Beträge ab 20 Euro vorschlägt, beginnen die Vorschläge von Commerzbank und Postbank erst bei 50 Euro.

Aufschluss über einen anderen Aspekt bietet ein Blick auf die Automaten der Sparkassen. Während bei den großen Banken bundesweit dieselben Beträge vorgeschlagen werden, legt jede der 385 Sparkassen die sieben Vorschläge selbst fest. Auch das geschieht wieder entsprechende der Nutzungsgewohnheiten. Die Beträge sagen also etwas über regionale Unterschiede zwischen Berlin, Hamburg und Gelsenkirchen aus – zumindest, was die Sparkassenkunden anbelangt.

Am Geldautomaten vorgeschlagene Beträge nach Banken

Ganz generell betrachtet scheinen die meisten Sparkassenkunden weniger Wert auf große Bargeldbeträge zu legen als die der Großbanken. Lediglich in Hamburg werden als Höchstbetrag 1000 Euro vorgeschlagen. Selbst im wohlhabenden München liegt der höchste vorgeschlagene Betrag hingegen nur bei 400 Euro. Für Kleinstbeträge interessieren sich die Münchner hingegen auch nicht: Der niedrigste Betrag liegt bei 50 Euro.

Bei den anderen Sparkassen ist es deutlich weniger. So liegt selbst in Hamburg und Berlin der niedrigste vorgeschlagene Betrag bei 20 Euro. In anderen Orten wie Leipzig oder Dortmund sind es sogar nur zehn Euro. Die Sparkassen-Kunden hier heben also deutlich häufiger geringe Beträge ab. Ob sie auch insgesamt im Monat weniger Geld abheben, ja weniger Geld haben, oder ob sie schlicht mehr Geschäfte bargeldlos erledigen, darüber geben die Sparkassen leider keine Daten heraus.

Das Kalkül hinter dem Mindestbetrag

Klar ist jedoch: Nicht jeder Bankkunde in Deutschland hat die Möglichkeit, so niedrige Beiträge abzuheben wie bei diesen Sparkassen. Bei der Sparkasse München, Postbank oder Commerzbank können Kunden immerhin geringere Beträge als jene 50 Euro abheben, wenn sie sie über „anderer Betrag“ eintippen. Bei vielen kleineren Banken ist das jedoch nicht möglich.

Nach der Deutschen Kreditbank (DKB) und der Commerzbank-Tochter Comdirect hat kürzlich auch die ING Diba einen Mindestbetrag von 50 Euro eingeführt. Kleinere Summen spuckt der Automat nicht aus. Das Kalkül dahinter ist einfach: Die Kunden sollen dazu angehalten werden, möglichst selten, aber dafür möglichst viel Geld abzuheben. Denn Banken ohne großes eigenes Filialnetz Kooperieren mit anderen Banken, um deren Geldautomaten nutzen zu dürfen. Die Kunden tun das bei diesen Kooperationen zwar kostenlos, doch für die Bank kostet jede Abhebung Geld. Die ING Diba spricht von bis zu 1,60 Euro pro Abhebung. Da die Banken in Zeiten der Nullzinsen ohnehin kaum finanzielle Puffer haben, wollen sie diese Kosten nun minimieren.

Ein anderer Weg ist, die Kosten auf den Kunden umzulegen. Wer ein Konto haben will, bei dem alle Leistungen wie Kontoauszüge, Überweisungen oder Bargeldauszahlungen inklusive sind, muss inzwischen stattliche Summen pro Monat zahlen.

Wer hingegen die Schmalspurvariante eines Online-Kontos wählt, der muss für die meisten Leistungen draufzahlen. Dieses Modell setzt sich selbst bei den so volksnahen Sparkassen durch: Sowohl München als auch Berlin bieten zwar ein vergleichsweise günstiges Girokonto für drei Euro ohne monatlichen Mindesteingang. Dafür kostet hier aber auch jedes Abheben 30 Cent.

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