Onlinebroker Fintech-Kampf und BaFin-Ärger: Die Probleme des Onlinebrokers Flatexdegiro

Der Onlinebroker Flatexdegiro steht vor einigen Baustellen. Quelle: REUTERS

Der Frankfurter Onlinebroker Flatex vermeldet den höchsten Gewinn seiner Unternehmensgeschichte. Doch es gibt ein großes Aber und Herausforderungen für das Unternehmen.

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Das Auf und Ab an der Börse bekommt Flatexdegiro doppelt zu spüren: Mit 2,4 Millionen Kunden ist das Unternehmen einer der größten Onlinebroker Deutschlands – und selbst an der Börse gelistet. Fast 70 Prozent an Wert verlor die Aktie des Frankfurter Unternehmens im vergangenen Jahr, zuletzt notierte sie bei etwa acht Euro. Als Flatexdegiro am Montagabend aber seine vorläufigen Zahlen fürs Geschäftsjahr 2022 vorlegte, ging es mal wieder bergauf. Bis zum Mittag stieg das Papier um über sieben Prozent.

Die Zahlen lesen sich nämlich wie ein Hoffnungsschimmer – zumindest auf den ersten Blick. Fürs vergangene Jahr weist Flatexdegiro einen Nettogewinn von 106 Millionen Euro aus, doppelt so viel wie im Vorjahr. Es ist das beste Ergebnis in der Unternehmensgeschichte. Nur: Der gute Jahresabschluss basiert vor allem auf einem Sondereffekt bei den Rückstellungen für Mitarbeitervergütungen in Form von Aktien.

Diese Rückstellungen konnte Flatexdegiro im vergangenen Jahr für 38,3 Millionen Euro auflösen. Im Vorjahr hatte das Unternehmen noch 65 Millionen Euro für die Rückstellungen aufwenden müssen. Letztlich profitierte der Broker also von der Schrumpfkur des eigenen Aktienkurses. Konkret heißt das fürs Ergebnis: Klammert man diese Rückstellungsauflösung aus, so Flatexdegiro, stünde unter dem Strich ein Gewinnrückgang um 18,6 Prozent auf 78,6 Millionen Euro.

Bei der Mitarbeitervergütung kam den Frankfurtern die schlechte Börsenstimmung also zugute, das Brokergeschäft allerdings leidet darunter. Das Unternehmen verdient Geld über Transaktionsgebühren. Je mehr Anleger handeln, umso mehr nimmt Flatexdegiro ein.

Im vergangenen Jahr allerdings sank die Handelsaktivität. Die Zahl der abgewickelten Transaktionen fiel um 26 Prozent auf 67 Millionen Euro. Im Schnitt tätigte jeder Kunde 30 Transaktionen, im Vorjahr waren es noch 54. Die Provisionserträge sanken entsprechend um gut 20 Prozent auf 272 Millionen Euro.

„Wann genau wir wieder eine Belebung der Handelsaktivität von Privatanlegern sehen werden, bleibt abzuwarten“, sagt Flatexdegiro-Chef Frank Niehage. Doch die Stimmung an den Finanzmärkten ist nicht das einzige Problem des Onlinebrokers. Vor allem diese drei Entwicklungen belasten das Unternehmen.

1. Kundenwachstum geht zurück

Die Börsenkrise des vergangenen Jahres dürfte viele Menschen abgeschreckt haben, ein Depot zu eröffnen und mit dem Aktienhandel zu beginnen. Das musste man auch bei Flatexdegiro feststellen: Zieht man die Kontoschließungen ab, zählt der Onlinebroker netto 400.000 neue Kunden.

Zum Vergleich: Im Vorjahr wurden noch doppelt so viele neue Depots eröffnet, ebenfalls bereinigt um Depotschließungen. Und nicht nur das: Anleger haben auch viel Geld aus ihren Depots abgezogen. Das Depotvermögen sank um rund 12 Prozent auf 36,2 Milliarden Euro.

2. Der Frontalangriff der Neobroker ist eine Gefahr

Neobroker wie Trade Republic und Scalable mischen den Finanzmarkt auf. Sie haben zwar ein eingeschränktes Angebot und Kunden müssen an manchen Stellen mit versteckten Kosten rechnen. Doch die günstigen Konditionen überzeugen viele Anleger, dort mit Aktien und Co. zu handeln. Nun sind die Neobroker auch ins Zinsgeschäft eingestiegen. Trade Republic und Scalable verzinsen nicht-investierte Kundeneinlagen mit 2,0 beziehungsweise 2,3 Prozent. In der Finanzszene heißt es, die Broker verzeichneten große Kunden- und Mittelzuflüsse.

Und Flatexdegiro? Blieb bis zuletzt dabei, kein solches Zinsangebot einführen zu wollen. Während das Unternehmen seine Kunden nicht an der Zinswende teilhaben lässt, schreibt es selbst: „Zusätzlich werden steigende Zinseinnahmen aus den [...] verwahrten Kundengeldern einen erheblichen zusätzlichen Umsatz- und Ergebnisbeitrag leisten.“

Wenn nun mehr Neuanleger bei den Neobrokern anheuern und womöglich Bestandskunden ihre Gelder dorthin transferieren, dürfte die neue Marktmacht von Trade Republic und Co. das Geschäft von Flatexdegiro durchaus belasten.

3. Ärger mit der BaFin

In der Finanzwelt ist Vertrauen die härteste Währung – und die neusten Entwicklungen beim Onlinebroker Flatexdegiro hatten das Vertrauen zuletzt ramponiert. Vergangenen Freitag hieß es von der Finanzaufsicht BaFin, dass sie einen Sonderprüfer einsetzen wolle. Sie wirft Flatexdegiro interne Mängel im Risikomanagement und in der Geldwäscheprävention vor, die es zu beseitigen gilt.

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Die Aufseher hatten der Flatexdegiro Bank, eine hundertprozentige Tochter, Anfang Februar außerdem ein Bußgeld in Höhe von über eine Million Euro aufgebrummt. Hintergrund seien Verstöße gegen bankaufsichtsrechtliche Bestimmungen. Von Flatexdegiro heißt es, man treibe „eine Behebung der identifizierten Mängel mit Hochdruck voran“. Das Thema soll noch in diesem Jahr abgehakt werden. Zumindest eine Baustelle wäre dann schon mal behoben.

Lesen Sie auch: Trade Republic versus Scalable: Welcher Neobroker bringt Zinsjägern mehr?

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