„In der Bilanz achten wir vor allem auf Eigenkapital und Verschuldung“, sagt Welge, „im Moment laufen viele Aktien mit weniger soliden Bilanzen gut; aber in der nächsten Rezession fallen die so schnell zurück, dass man nicht rechtzeitig rauskommt.“
Stark achtet er auf den Cash-Flow. Er bildet die Bareinnahmen nach Abzug von Kosten und Investitionen ab. „Der Gewinn ist manipulierbar“, so Welge, „Abschreibungen etwa man kann hinauszögern; das sagt nichts über die operative Stärke aus.“ Zusätzlich ermitteln die Schweizer, wie rentabel mit dem Eigenkapital gewirtschaftet wird, wie die Gewinne über mindestens fünf Jahre gewachsen sind und wie sich der Gewinn, gemessen am Umsatz, entwickelt.
Vor allem die Gewinnmarge erfordere eine „sehr genaue Prüfung“, sagt Welge. „Im Moment haben viele Firmen hohe Margen; oft sind es nur sinkende Rohstoff- und Zinskosten, die sie heben.“ Diese Margen sind ihm nicht nachhaltig genug: „Zinsen und Rohstoffkosten können wieder steigen.“ Den Check bestünden 90 Prozent der Aktien nicht. Bleiben rund 300 Firmen, bei denen sie dann in die Tiefe gehen, deren Manager treffen. Heute sind Vertreter des Pharmakonzerns Novo Nordisk da, um ihre Zahlen zu erläutern. In solchen Treffen geht es vor allem um die Zukunft der Firmen: Entwickeln sie neue Ideen? Haben sie genügend Preissetzungsmacht? „Vor allem Letzteres ist heute wichtig, wenn schon die Absatzzahlen in den meisten Branchen nicht mehr groß wachsen“, folgert Welge.
Associated British Foods hat diese Macht. Den Briten gehören Marken wie Mazola, Twinings-Tee und Ovomaltine. Welge: „Die sorgen für den Cash-Flow, für das Wachstum ist die Billigklamottenkette Primark zuständig.“ Der Primark-Umsatz wächst pro Jahr um durchschnittlich 17 Prozent, laufend eröffnet die Kette neue Läden, weiß Welge: „Als sie hier in Frankfurt auf der Zeil aufmachten, ging die Schlange bis auf die andere Straßenseite.“
Visa trägt, anders als Konkurrent American Express, kein Kreditrisiko. Visa vergibt selbst keine Kredite, wickelt nur den Zahlungsverkehr ab. Dafür bekommt es von Vertragspartnern und den Banken eine Gebühr. Langweilig? Mag sein. Aber Welge sieht auch das Potenzial: „Weltweit werden erst rund zehn Prozent der Finanztransaktionen bargeldlos abgewickelt“, sagt er.
Handelsbanken gefällt den Schweizern, weil sie „die solideste Bankenbilanz haben, die wir kennen – außer der eigenen“. Eigenkapital sei für Banken wichtig, weil ihnen die Regulierer seit der Finanzkrise stetig strengere Vorschriften dazu machten. Die Schweden glänzen: Nach den neuesten Richtlinien weisen sie eine harte Kernkapitalquote von 19 Prozent auf, fast doppelt so hoch wie Deutsche oder Commerzbank.
Auch die Relation von Kosten zu Einnahmen, Cost/Income-Ratio, ist mit 46 Prozent Spitze. Das Eigenkapital stieg in den letzten fünf Jahren im Schnitt um 15 Prozent pro Jahr. Und: Die Schweden heben Jahr für Jahr die Dividende leicht an.
Rund die Hälfte des Kapitals in den ausgewogenen Bär-Depots stecken in Anleihen, in den konservativen bis zu 75 Prozent. Die Bonds müssten „eine Rendite deutlich über dem Marktzins“ abwerfen, sagt Welge. Aber, wie soll das gelingen, angesichts weltweit extrem niedriger Zinsen für sichere Anleihen?
Das, sagt Welge, solle am besten sein Chef erklären. Der sitzt gerade in der Rhätischen Eisenbahn; ab und zu, im Tunnel, reißt die Verbindung ab. Bis zu 25 Prozent der Depots stecke er in riskantere Hochzinsanleihen, sagt Daniel Kerbach, globaler Leiter Portfoliomanagement bei Bär. 15 Prozent steckt Kerbach in Wandelanleihen, und „einen kleinen Teil investieren wir auch in China. Der chinesische Renminbi ist an den US-Dollar gekoppelt und schwankt daher weit weniger als andere Schwellenländerwährungen.“ Staatsanleihen halten sie fast keine in den Portfolios.