Stelter strategisch

Die Deutsche Krise

Daniel Stelter Quelle: Presse
Daniel Stelter Unternehmensberater, Gründer Beyond the Obvious, Kolumnist Zur Kolumnen-Übersicht: Stelter strategisch

Scheitert die Deutsche Bank, wäre die Lehman-Pleite ein Kindergeburtstag dagegen. Die Krise der Deutschen Bank ist letztlich eine Krise der deutschen Politik. So oder so ist es Zeit, das Portfolio sturmfest zu machen.

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Ist der Verfall der Deutschen Bank das ultimative Zeichen für eine massive Krise? Quelle: dpa

Eigentlich hatte ich mir fest vorgenommen, diese Woche über den „Biggest Short“ zu schreiben. Den ultimativen Deal, mit dem man aus dem nächsten Einbruch an den Finanzmärkten Gewinn schlagen kann. In Anlehnung an den Bestseller von Michael Lewis, der eindrücklich den „Big Short“, die erfolgreiche Wette gegen den US-Immobilienmarkt und die Weltfinanzmärkte, vor nunmehr acht Jahren beschreibt. Doch muss das Thema warten. Zu dramatisch ist das, was sich seit mehreren Jahren mit den Aktien von Banken, allen voran der Deutschen Bank ereignet.

Wer den Kursverlauf der Deutschen Bank seit 2006 betrachtet, muss unweigerlich denken, es wäre schon der Big Short gewesen. Immerhin stand die Aktie im Jahre 2006 kurzzeitig einmal über 100 Euro. Nun, acht Jahre und einige Kapitalerhöhungen später, nähert sie sich einem Wert von Null. Wenn der Verfall der Deutschen Bank nicht das ultimative Zeichen für eine massive Krise ist, was dann?

Natürlich war es unfair, dass der Internationale Währungsfonds ausgerechnet der Deutschen Bank den Titel der "gefährlichsten Bank der Welt" verlieh – gerade in einer Branche, die von nichts so sehr abhängt wie von Vertrauen. Ein geradezu ungeheuerlicher Vorgang. Natürlich gehen die Amerikaner mit unliebsamen Mittbewerbern rabiater um, wenn es um Strafen für Fehlverhalten geht – siehe auch Volkswagen.

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Natürlich kann niemand sagen, die Deutsche Bank sei insolvent. Doch das Gegenteil beweisen kann man so richtig auch nicht. Die Bilanz ist von außen nicht zu verstehen. Es ist und bleibt der Glaube an die Rechtschaffenheit des Managements, auf dem das Vertrauen in die Bilanz und Solidität der Bank beruht. Und so sehr man dem heutigen Management vertrauen sollte, niemand weiß, was die Vorgänger noch als Zeitbomben hinterlassen haben.

Deshalb wächst die Sorge um Deutschlands größte Bank
Josef Ackermann, Angela Merkel Quelle: AP
Das Bild zeigt den damaligen Bankchef Rolf-E. Breuer nach der Verkündung der Bankers-Trust-Übernahme im Jahr 1998. Quelle: dpa Picture-Alliance
Lehman-Brothers-Mitarbeiter nach der Kündigung 2008 in London. Quelle: REUTERS
Die Folgen der Immobilienkrise Quelle: dpa
Schwaches KerngeschäftNach der Finanzkrise gab es zwei wesentliche Entwicklungen unter globalen Großbanken. Die in den USA beheimateten Institute (Bild: New Yorks Finanzdistrikt) – mit zwangsweiser Staatshilfe versorgt – konnten die Krise beschleunigt hinter sich lassen. Sie wuchsen gar zu neuer Größe. Die andere Gruppe stutzte das Investmentbanking, dass weniger lukrativ wurde und mit weniger Mitarbeitern zu leisten war – und fokussierte sich auf die hauseigene Vermögensverwaltung. Die Deutsche Bank suchte den Mittelweg aus eigener Kraft: keine Staatshilfe, kein großer Strategieschwenk. Die Folge: Dutzende Strafzahlungen etwa wegen Zinsmanipulationen schlugen ins Kontor, während gleichzeitig das Kerngeschäft litt. Quelle: dpa
Riskante Finanzierung Quelle: dpa
Wenig Reserven Quelle: dpa

Würde ich die Aktien der Deutschen Bank heute kaufen? Nein. Aber ich kaufe ohnehin keine Aktien von Banken in Europa, wie ich an dieser Stelle immer und immer wieder betont habe. Ich bin kein Spieler, sondern langfristig denkender Investor. Zu gut erinnere ich mich an eine Diskussion mit meinem Sparring-Partner in Sachen Geldanlage am Freitag dem 12. September 2008. Wir haben darüber gesprochen, eine Position in Lehman Brothers einzugehen. Schließlich würde die US-Regierung wie schon im Fall von Bear Stearns einen Konkurs verhindern, so unsere Einschätzung. Das Verlustrisiko war nach dem deutlichen Fall der Aktie also gering.

Es hat mich gereizt. Ich habe es aber nicht getan, weil ich das Risiko nicht einschätzen konnte und vor allem das Ergebnis nicht zu analysieren war. Es war ein politischer Entscheid und von der Politik halte ich – auch das wissen die Leser dieser Zeilen gut – herzlich wenig. Vor acht Jahren hat mir das einen Totalverlust über das Wochenende erspart.

Das sagten Experten zur drohenden US-Strafe für die Deutsche Bank (vor der Entscheidung)

So hoffe ich, dass es der Deutschen Bank besser geht als der Markt befürchtet, und dass sie allen Beteuerungen zum Trotz doch von der Politik gerettet wird, sollte dem nicht so sein. Würde sie es nicht, hätten wir eine neue Krise, die die Ereignisse der Jahre 2008/9 wie einen Kindergeburtstag aussehen lassen würde. Keines, aber auch wirklich keines der Probleme, die zur Finanzkrise geführt haben, wurde gelöst. Zur Erinnerung:

  • Die Gesamtverschuldung liegt fast überall über dem Niveau von 2008.
  • Die europäischen Banken sind immer noch überdimensioniert und unterkapitalisiert.
  • Die Realwirtschaft in der Eurozone hat erst vor wenigen Monaten das Niveau von 2008 wieder erreicht – einige Länder wie Italien sind weit davon entfernt.
  • Die Zinsen sind negativ und die Notenbanken der Welt sind mit ihrem Latein am Ende. Bei der nächsten Krise bleibt nur noch die direkte Staatsfinanzierung, vulgo „Helikopter-Geld“.
  • Die Möglichkeit zu politischer Kooperation zur Krisenbewältigung ist deutlich gesunken: Brexit, Trump, Cinque Stelle, Front National, AfD, ...überall zeigen sich die Folgen einer Politik, der es nicht mehr gelingt den Wohlstand der breiten Bevölkerungsschichten zu steigern und Antworten auf die drängenden Fragen der Zeit zu geben.
  • Die herrschende Politik hat derweil den lauten Weckruf immer noch nicht erhört, spielt weiter auf Zeit und hofft auf ein Wunder. Das Wunder wird nicht kommen.
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