Stelter strategisch

Was wäre, wenn der Euro platzt?

Daniel Stelter Quelle: Presse
Daniel Stelter Unternehmensberater, Gründer Beyond the Obvious, Kolumnist Zur Kolumnen-Übersicht: Stelter strategisch

Als Investor muss man in Szenarien denken. Auch das Ende des Euros gehört dazu. Nach dem Theater um Griechenland erst recht. Wer gewinnt, wer verliert, wenn der Euro auf die eine oder andere Art scheitert?

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Ein leerer Luftballon mit dem Logo der Europäischen Union (EU) Quelle: dpa

„Ihre Ideen zur Geldanlage sind ja schön und gut. Aber was passiert denn, wenn es wirklich knallt, und die Eurozone zerfällt?“ fragte ein Leser dieser Kolumne kürzlich per Mail. Genügt es dann, wie von mir hier immer wieder gefordert, ein balanciertes Portfolio zu haben? Oder müsste man sich als Investor nicht deutlicher positionieren, um in diesem Ernstfall ungeschoren davonzukommen?

Keine abwegige Idee

Die Vorstellung, dass die Eurozone zerfällt, ist keineswegs abwegig. Selbst den größten Anhängern des Euros ist klar, dass es keine gute Idee war die Währungsunion ohne die erforderliche politische und fiskalische Integration einzuführen. Jetzt wird das politische Projekt entgegen jegliche ökonomische Vernunft von Politik und EZB mit aller Kraft zusammengehalten. Ohne Mario Draghis Versprechen, „alles erdenkliche zu tun“ und die nun über die EZB-Bilanz faktisch erfolgende Sozialisierung der faulen Schulden, wäre der Euro schon längst Geschichte.

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Doch am Leben erhalten ist etwas anderes als Heilung. Der Patient lebt, die fundamentalen Krankheitsursachen werden jedoch nicht behandelt. Die weitgehende Überschuldung und die auseinanderlaufende Wettbewerbsfähigkeit der Länder werden nicht gelöst, sondern verschleppt. Vermeintliche Musterschüler wie Spanien und Portugal werden bei derzeitigem Tempo noch Jahrzehnte brauchen, um die Schuldenlast auf ein erträgliches Maß zu bringen. Aus politischer Sicht ein illusorisch langer Zeitraum.

Politisch korrekt ist es bislang nur, in Richtung „mehr Integration“ zu denken, wenn es darum geht, den Karren, der in der Mitte des Flusses steckt, an das rettende Ufer zu bringen.

Ohne Denkverbote ist jedoch auch die andere Richtung möglich: ein Zurückfahren der Integration – bis hin zu einem Austritt Deutschlands aus der Eurozone. Zuletzt ins Spiel gebracht vor einer Woche von Ashoka Mody, immerhin ehemaliger Direktor des IWF.

Szenario 1: Deutschland tritt aus

Das wäre für mich Szenario 1: ein geordneter Prozess zur Neuaufstellung einer in sich harmonischeren Eurozone. Zwar unwahrscheinlich, aber nicht undenkbar. Schließlich könnten Italien, Frankreich, Spanien und Portugal zusammen viel leichter eine gemeinsame Wirtschaftspolitik betreiben, als mit uns. Doch welche Wirkung hätte die Einführung der D-Mark über Nacht? Und nur über Nacht wäre so etwas zu machen. Am sprichwörtlichen Sonntagmorgen müsste dies verkündet werden.

Die Wirkung auf die verschiedenen Assetklassen, lohnt sich zu durchdenken. Naheliegend ist, dass die Aktien vor allem von Unternehmen in den Peripherieländern, die einen hohen Exportanteil haben, durch die Decke gehen würden. Vermutlich würde dies auch Konsumwerte und Banken und Versicherungen mitziehen. Dies aus zwei Gründen. Zum einen würde der um Deutschlands Beitrag geschwächte Euro deutlich an Außenwert verlieren und die Exporte der verbleibenden Euroländer verbilligen. Zum anderen würde ihre Binnenwirtschaft an Fahrt gewinnen, weil die verhasste Sparpolitik endlich aufgegeben werden könnte. Zugleich stiegen die Inflationserwartungen deutlich. Für in Euro rechnende Investoren wären deshalb die Aktienmärkte der Krisenländer die erste Wahl.

Aus Sicht eines deutschen Investors stellte sich die Lage anders da. Seine Forderungen und Vermögenswerte blieben zunächst in Euro und bei einer Umstellung auf die D-Mark würde er keine Verluste erleiden. Mit Blick auf die zu erwartende weitere Abschwächung des Euros gegenüber der neuen D-Mark müsste man sich dann überlegen, nach einiger Zeit die gestiegenen Papiere der Peripherie zu verkaufen bzw. die Wechselkursrisiken abzusichern.

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