Wohnimmobilien Boom lockt ausländische Investoren

Der deutsche Immobilienmarkt bleibt attraktiv - auch bei ausländischen Investoren. Quelle: imago images

Während Deutschland über eine Immobilienblase diskutiert, greifen zunehmend internationale Investoren zu. Eine dänische Pensionskasse kauft 3700 Wohnungen im Paket. Sie glaubt an weiter steigende Preise – und Mieten.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Vielleicht braucht es etwas Distanz, um Chancen und Risiken richtig einzuschätzen. Wenn das so ist, dann steht der deutsche Immobilienmarkt auch nach zehn Jahren mit steigenden Kaufpreisen und Mieten vor weiteren Zuwächsen. Zunehmend würden am deutschen Wohninvestmentmarkt ausländische Käufer aktiv, hat der Immobiliendienstleister Savills beobachtet. Ihr Anteil sei in den vergangenen 12 Monaten gemessen am Transaktionsvolumen auf 27 Prozent gestiegen, während er im Schnitt der vergangenen fünf Jahre nur 20 Prozent betragen habe. Vor allem Investoren aus dem europäischen Ausland interessierten sich für Wohnungen in Deutschland.

Die dänische Pensionskasse PFA - ein kommerzieller Anbieter mit einer Bilanzsumme von knapp 80 Milliarden Euro - gab nun den Kauf von gleich 3700 Wohnungen an 15 deutschen Standorten bekannt. Netto gab PFA für das Wohnungsportfolio mit 247.300 Quadratmetern und einer Gewerbeimmobilie rund 900 Millionen Euro aus. Verkäufer ist Industria Wohnen, eine Tochter der Degussa Bank. Sie hatte 2010 begonnen, das Portfolio aufzubauen. Der Schwerpunkt des Wohnungsportfolios liegt in München und Berlin, also Standorten, die sich in den vergangenen Jahren bereits besonders stark verteuert haben.

PFA glaubt dennoch an weitere Wertzuwächse. Der deutsche Immobilienmarkt sei durch ein begrenztes Angebot und eine sehr hohe Nachfrage geprägt, sagt Michael Bruhn, Leiter Immobilien bei PFA. In Städten wie Berlin, München und Düsseldorf sei in den kommenden Jahren absehbar zu wenig Wohnraum vorhanden. Er gehe zwar nicht davon aus, dass sich die starken Preisanstiege der vergangenen Jahre im gleichen Tempo fortsetzten. Doch es handle sich um solide Investitionen mit begrenztem Risiko.

Längst nicht alle freuen sich über das Interesse ausländischer Investoren. "Wem gehört unsere Stadt?", titelte die Boulevard-Zeitung "Berliner Kurier". Der Kauf ausländischer Investoren bedeute für Mieter "oft nichts Gutes". Denn diese setzten auf steigende Preise und Mieten, damit der Kauf sich rentiere. Der Handel mit Wohnraum bringe nur Nachteile für Mieter, sagte Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins der „Berliner Zeitung“. Er fordert eine Abschottung des Marktes. Dänemark etwa schütze sich und seine Mieter auch vor ausländischen Investoren.

Der Boom erfasst aber nicht nur bestehende Wohnimmobilien. Auch Bauland hat sich deutlich verteuert – und dieser Preisanstieg befeuert den Boom noch zusätzlich. So vermeldete das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, dass sich Bauland in der Hauptstadt 2017 um stolze 77 Prozent verteuert habe. Während Bauherren im Vorjahr noch 393 Euro je Quadratmeter gezahlt hatten, wurden 2017 schon 695 Euro fällig. Am teuersten war Bauland im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit knapp 4900 Euro für den Quadratmeter. In Berlin-Mitte waren rund 4000 Euro fällig. Zugegeben: Baugrundstücke sind hier ohnehin Mangelware, entsprechend wenige davon werden gehandelt. Projektentwickler werden oft ins Umland verdrängt. So kostete Bauland in Spandau etwa nur 250 Euro pro Quadratmeter.

In Deutschland selbst werden jedoch zunehmend Stimmen laut, die vor Überbewertungen warnen. Immobilien in den Metropolen seien um rund 35 Prozent überbewertet, meint die Bundesbank. Als Warner gilt auch Harald Simons, Mitglied im Vorstand des Marktforschers Empirica und im Rat der Immobilienweisen. In dessen Frühjahrsgutachten hatte Simons seine Prognose erneuert, dass die Preise in München, Berlin und Stuttgart bis 2022 real - also nach Abzug der Inflation - um ein Viertel bis ein Drittel sinken werden. Der Zuzug nehme hier ab, gleichzeitig würden immer mehr Wohnungen fertiggestellt.

Vielleicht erweist sich das Investment der Dänen also letztlich als schlechtes Geschäft.

Bislang allerdings ist davon wenig zu spüren. Der Immobilienmarktplatz Europace, über den nach eigenen Angaben rund 20 Prozent aller Immobilienfinanzierungen von Privatkunden in Deutschland abgewickelt werden, vermeldete für den Juli den stärksten Wohnungspreisanstieg seit zwei Jahren. Im Vergleich zum Vorjahr wurden Eigentumswohnungen demnach 6,8 Prozent teurer. Die 1,2 Millionen Kunden der Pensionskasse PFA werden das mit Freude hören.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%