Ist ein Steuerbescheid bestandskräftig, stellt das Finanzamt in der Regel keine weiteren Forderungen. Das dachte auch eine Rentnerin, die von ihrem Sohn 90 000 Euro pro Jahr dafür erhielt, dass sie ihm 1993 ihr Vermögen übertragen hatte. In ihrer Steuererklärung hatte sie nach Ansicht des Finanzamts die Zahlungen irrtümlich als steuerlich begünstigte Rente eingestuft. So musste sie nur den Ertragsanteil (den Zins, der in den Rentenzahlungen enthalten ist) versteuern, in ihrem Fall 17 Prozent. Dem Finanzamt Düsseldorf fiel der Fehler nicht auf. Auch als die Rentnerin umzog und das Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler von 2007 an zuständig war, blieb der Fehler unbemerkt. Erst 2012 bekamen die Finanzbeamten in Rheinland-Pfalz einen Tipp ihrer Düsseldorfer Kollegen. Die Steuerbescheide der Jahre 2007 bis 2010 sollten geändert werden. Die Rentnerin hätte die Zahlungen ihres Sohnes voll versteuern müssen: 140 000 Euro Nachzahlung. Dagegen klagte die Seniorin – mit Erfolg. So kam das Finanzgericht Rheinland-Pfalz zu dem Schluss, dass das Finanzamt Bad Neuenahr- Ahrweiler die Steuerakte mit dem Vertrag zur Übertragung des Vermögens von Mutter auf Sohn inklusive der Ausgleichszahlungen hätte prüfen müssen (5 K 1154/13). Finanzämter seien auch bei jährlich wiederkehrenden Zahlungen verpflichtet, die Rechtslage erneut zu untersuchen, so die Richter. Hätte das Finanzamt bereits 2007 den Fall geprüft, dann wäre der Irrtum aufgefallen. Weil der Fiskus dies versäumt habe, könnten die strittigen Steuerbescheide nicht nachträglich geändert werden. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig.
Recht einfach
Ein Mann joggte an einem Seeufer. Dabei wurde er von einem Schwan attackiert. Beim Ausweichen stolperte der Läufer über eine Delle im Asphalt der Uferpromenade. Er stürzte und verletzte sich die Hand. Von der Kommune wollte er Schadenersatz. Die Stadt wertete den Sturz als Pech und verweigerte die Zahlung. Auch vor Gericht erhielt der Mann eine Abfuhr. Schwäne, so die Juristen, seien bekanntermaßen angriffslustig. Insofern habe der Sportler rechtzeitig seine Geschwindigkeit drosseln müssen. Unebenheiten seien in Uferbereichen häufig. Auch darauf müsse man sich einstellen (Oberlandesgericht Koblenz, 5 U 196/11)
Ein Jogger sah von Weitem einen nicht angeleinten Hund samt Herrchen. Als sich der Hobbysportler dem Paar näherte, sprang ihm der Hund zwischen die Beine. Der Läufer strauchelte und brach sich seine Hand und den Unterarm. Der Verletzte verlangte von der Versicherung des Hundehalters Schmerzensgeld und Verdienstausfall. Die Versicherung beglich nur 70 Prozent der geforderten Summe. Zu Recht, urteilten die Richter. Der Jogger hätte nach dem Erkennen des frei laufenden Hundes deutlich abbremsen müssen (Oberlandesgericht Koblenz, 5 U 27/03).
Im Sommer musste ein junger Mann als Zeuge vor Gericht aussagen. Statt im Anzug erschien er in Jogginghose und T-Shirt. Der Richter reagierte verschnupft: Wegen „Ungebühr“ drückte er dem Zeugen 75 Euro Ordnungsgeld auf. Zahlen musste der junge Mann nicht. Die nächsthöhere Instanz sah keinen Grund für die Strafe. Freizeitkleidung entspreche dem „Zeitgeist“ – vor allem im Sommer (Oberlandesgericht Koblenz, 1 Ws 672/94).
Kein Chance für Schlendrian
Sollte das Finanzamt mit seinem Einspruch gegen das Urteil scheitern, dann müssten Finanzämter künftig genauer hinschauen. „Bisher konnten sich die Finanzämter darauf berufen, sie hätten von neuen Tatsachen erfahren, um bestandskräftige Steuerbescheide nachträglich zu ändern“, sagt Martin Costa, Steuerberater der Münchner Kanzlei Ring-Treuhand. So hätten sich Nachlässigkeiten bei der Prüfung von Steuerunterlagen häufig ausbügeln lassen. Der Steuerzahler sei in der Pflicht gewesen, nachzuweisen, dass er bei seiner Steuererklärung alles korrekt gemacht habe. Mit dem Urteil des Finanzgerichts falle für die Finanzämter diese Option weg. Das Urteil aus Rheinland-Pfalz ist allerdings kein Freibrief für Steuertricks. „Wer dem Finanzamt Tatsachen verschweigt, kann sich nicht darauf berufen, der Fiskus hätte prüfen müssen“, sagt Steuerberater Costa. In dem Fall aus Rheinland Pfalz habe das Finanzamt von dem Vertrag zwischen Mutter und Sohn gewusst. Weniger eindeutig sei es, wenn nicht der Steuerzahler selbst, sondern sein Steuerberater die Steuererklärung gemacht habe, so Costa. Dann könnte sich das Finanzamt darauf berufen, von einem Steuerberater sei zu erwarten, dass er alles korrekt angebe, das Amt müsste dann nicht jedes Jahr neu prüfen. Ob sich dieses Argument vor Gericht halten ließe, wenn sich der Steuerberater auf ein Versehen berufe, sei aber fraglich.