Altersvorsorge Wie sich Selbstständige weltweit auf die Rente vorbereiten

Die Selbstständigen nehmen weltweit zu, vor allem die Einzelunternehmer ohne Angestellte. Sie tragen allein die Verantwortung für ihre Rente – und ihre Aussichten sind düster. Ein internationaler Vergleich.

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In Sachsen-Anhalt ist Ihre Rente am meisten wert
Große UnterschiedeRente ist nicht gleich Rente. Je nach Preisgefüge einer bestimmten Region sind 1000 Euro Rente in Deutschland unterschiedlich viel wert. Um bis zu 50 Prozent variiert die Kaufkraft der Ruheständler, das ergab eine Studie des Forschungsunternehmens Prognos im Auftrag der Initiative „7 Jahre länger“. Für die Analyse wurden die Lebenshaltungskosten in insgesamt 402 Landkreisen verglichen. Im Bundesdurchschnitt liegen diese bei 1000 Euro. Der statistische Warenkorb für Lebenshaltungskosten wurde dafür an die Bedürfnisse von Rentnern angepasst. Unter anderem wurden Ausgaben für Ärzte und Medikamente stärker gewichtet. Quelle: dpa
Dom Magdeburg, Sachsen-Anhalt Quelle: dpa
Saarschleife, Saarland Quelle: dpa/dpaweb
Schweriner Schloss, Mecklenburg-Vorpommern Quelle: dapd
Silhouette der Stadt Hannover, Niedersachsen Quelle: dpa
Dom Erfurt, Thüringen Quelle: dpa
Bremer Stadtmusikanten, Bremen Quelle: dpa

Auf die lange Sicht braut sich da was zusammen: Einzelunternehmer, Freiberufler und andere Selbstständige zahlen selten in die gesetzliche Rentenkasse und bekommen auch keine Betriebsrente wie viele Angestellte. Um ein Einkommen im Ruhestand müssen sie sich also selber kümmern. Die Situation ist aber alles andere als beruhigend.

Eine große Studie des international tätigen Altersvorsorgeanbieters Aegon mit 17.600 Befragten aus 15 Ländern hat nach den Vorsorgeplänen und -maßnahmen der Selbstständigen gefragt. Ergebnis: Die Zahl der Selbstständigen steigt deutlich, aber gerade einmal jeder Fünfte ist überzeugt, im Alter einen komfortablen Lebensstandard zu erreichen. Zudem rechnen viele Selbstständige damit, auch über ein Alter von 65 Jahren hinaus noch zu arbeiten – aus ganz verschiedenen Gründen. Und das Schlimmste: Gerade mal gut ein Drittel spart tatsächlich regelmäßig für die Rente, ein Fünftel nur gelegentlich.

Die Zahl der Selbstständigen wächst. Ein wesentlicher Grund dafür liegt darin, dass die Zahl der Einzelkämpfer unter den Selbstständigen im In- und Ausland in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen ist. Dazu gehören etwa Einzelunternehmer, Freiberufler, Saisonarbeiter, Agenturmitarbeiter, Vermittler oder auch Zeitarbeiter. Und diese Entwicklung bringt auch einige Probleme mit sich.

So verdienen Angestellte in dem 15-Länder-Vergleich von Aegon im Durchschnitt 21.400 Dollar im Jahr, Selbstständige ohne eigene Mitarbeiter hingegen nur 17.100 Dollar – obwohl sie im Mittel bereits seit knapp sechs Jahren selbstständig sind. Wer als Selbstständiger auch Mitarbeiter beschäftigt, verdient im Durchschnitt nur wenig mehr als ein Angestellter, nämlich 21.800 Dollar. Diese Gruppe ist im Mittel seit sieben Jahren selbstständig, arbeitet pro Woche aber auch 40 Stunden, bei Einzelunternehmern sind es durchschnittlich nur 33 Stunden.

Selbstständigkeit und Rentensparen im internationalen Vergleich

18 Prozent der Männer und zehn Prozent der Frauen zählen zu den Selbstständigen. Zwei Drittel von ihnen sind Einzelkämpfer, nur ein Drittel beschäftigt Mitarbeiter. Der hohe Anteil an Einzelunternehmern spiegelt den Wandel in der Wirtschaft hin zu mehr Handel und Dienstleistungen über das Internet und digitale Plattformen wider. Weit überwiegend sehen die Selbstständigen ihre Vorteile gegenüber Angestellten darin, ihr eigener Chef zu sein sowie die Arbeitszeiten und den Arbeitsort flexibel handhaben zu können. Nur 32 Prozent sehen darin die Chance, mehr Geld zu verdienen. 34 Prozent machten sich selbstständig, nachdem sie arbeitslos wurden oder weil sie keine geeignete Anstellung finden konnten. 

Gerade unter den Einzelunternehmern ist der Anteil jener, die erst ab einem Alter von 70 oder nie den Wechsel in den Ruhestand erwarten, mit 33 Prozent besonders hoch. Bei Unternehmern mit Angestellten liegt dieser Anteil noch bei 21 Prozent, bei Angestellten sinkt er auf 18 Prozent. Zudem ist die Zuversicht über das Auskommen im Alter schwach ausgeprägt: Nur 26 Prozent der Selbstständigen sind zuversichtlich, dass sie im Alter ein ausreichend hohes Einkommen haben werden. 45 Prozent setzen dabei vorrangig auf bis dahin gebildete Ersparnisse, 14 Prozent hoffen deshalb darauf, dass sie ihr Unternehmen vor dem Eintritt in den Ruhestand zu Geld machen können.

Deutsche Selbstständige sparen mehr

Im Vergleich von 15 Ländern fallen diese Zahlen allerdings auch recht unterschiedlich aus. So sind in Deutschland nur elf Prozent der Erwerbstätigen selbstständig, obwohl die Zahl der Freelancer hierzulande in den vergangenen 20 Jahren um 40 Prozent gestiegen ist. EU-weit sind im Mittel 17 Prozent selbstständig tätig.

Nur 20 Prozent der selbstständigen Deutschen sind überzeugt, im Ruhestand komfortabel leben zu können. 52 Prozent erwarten, bei Renteneintritt älter als 65 Jahre alt zu sein. Dass die Ruhestandsplanung und Altersvorsorge da zu kurz kommt, ist wenig überraschend. Immerhin: 82 Prozent der deutschen Selbstständigen fühlen sich für ihre finanzielle Absicherung im Alter verantwortlich. Und mit 40 Prozent sind die Gewohnheitssparer unter ihnen häufiger vertreten als im weltweiten Durchschnitt (34 Prozent).

Insgesamt, also auch unter Einbeziehung aller Angestellten, belegt Deutschland bei Vorbereitung auf die Rente im internationalen Vergleich den vierten Platz. 2012 war fast die Hälfte (49 Prozent) der Deutschen überzeugt, finanziell ausreichend für den Ruhestand abgesichert zu sein. Seitdem ist dieser Wert allerdings auf 37 Prozent im Jahr 2016 gesunken.

Aufgrund fehlender Absicherung durch die staatliche Rentenkasse und Betriebsrenten ist die Situation bei den Selbstständigen nochmal deutlich schlechter.

Nur sparen hilft gegen Engpässe im Alter

Dabei stehen die deutschen Selbstständigen hinsichtlich ihrer Rente vor der Herausforderung, mit niedrigen Kapitalmarktzinsen Vermögen für das Alter anzusparen und später so gut wie keine Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu erhalten. Lediglich Künstler und Journalisten sind zum Teil über die Künstlersozialkasse Mitglieder in der gesetzlichen Rentenversicherung. Dabei hätten alle Selbstständigen hierzulande die Möglichkeit, freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen und so zumindest inflationsgeschützt Rentenansprüche zu erwerben. 

Damit Selbstständige ihre Altersvorsorge besser hinbekommen, sollte so früh wie möglich der Ruhestand vorbereitet werden, am besten mit Hilfe eines Renten- und Vorsorgeberaters und ohne teure Anlageprodukte. Denn nur wer weiß, wie viel er im Monat sparen muss, um im Alter finanziell abgesichert zu sein, kann dieses Ziel auch systematisch verfolgen.

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