
Es klingt ja erstmal gut, zumindest für die Rentner: Eine Rentenerhöhung um 4,25 Prozent in den alten Bundesländern und um sogar 5,95 Prozent in den neuen Bundesländern ab dem 1. Juli 2016. „Die diesjährige Rentenanpassung ist das stärkste Plus seit 23 Jahren“, tönt es medienwirksam aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales von SPD-Ministerin Andrea Nahles.
Das sieht wie ein Wahlgeschenk aus – und prompt regten sich viele über vermeintliche Belastungen für die arbeitende Bevölkerung kommender Generationen auf. Höchste Zeit also, die Rentenanpassung genauer unter die Lupe zu nehmen und eine nüchterne Bestandsaufnahme unseres gesetzlichen, betrieblichen und privaten Vorsorgesystems vorzunehmen. Wie gut funktionieren diese drei Säulen der Altersvorsorge und was dürfen wir von ihnen künftig erwarten?
Säule I: Die gesetzliche Rente
Die Rentenerhöhung ist kein Geschenk an die stetig wachsende Wählergruppe der Ruheständler. Sie ist vielmehr Versicherungsmathematik - und gesetzlich so vorgeschrieben. Geschenke an die Wähler waren vielmehr die Mütterrente sowie die Rente mit 63. Auch die aktuell umstrittene „Lebensleistungsrente“ droht ein Geschenk zu werden, das nicht gegenfinanziert ist und somit Steuer- und Beitragszahler zusätzlich belastet.





Dass die Rentenerhöhung so üppig ausfällt, hat gut nachvollziehbare Gründe. Sie ergibt sich zum einen aus der Rentenanpassungsformel. Die koppelt die Entwicklung der gesetzlichen Rente vor allem an die Entwicklung der Bruttolöhne. Steigen also die Löhne der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Durchschnitt, steigen auch die gesetzlichen Renten.
Allerdings gibt es heute weit mehr Rentner im Verhältnis zu den Beitragszahlern als in der Vergangenheit. Deshalb beinhaltet die umgangssprachlich „Rentenformel“ genannte Gleichung neben der Lohnentwicklung und den Anpassungen des Beitragssatzes auch einen Nachhaltigkeitsfaktor. Der sorgt dafür, dass die Rentenerhöhung geringer ausfällt, wenn die Zahl der Beitragszahler im Verhältnis zu der Zahl der Rentenbezieher sinkt.
Dass die Rentenerhöhung in diesem Jahr dennoch größer ausfällt, als die Lohnsteigerungen – im Westen kletterten die Löhne um 3,48 Prozent, im Osten um 5,48 Prozent -, hat ebenfalls einen finanzmathematischen Hintergrund. 2014 wurde die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung grundlegend überarbeitet. Dadurch fiel die Rentenerhöhung 2015 im Verhältnis geringer aus, als es die Rentenformel vorschreibt. Dieser im Grunde unbegründete Verzicht wird nun mit der Rentenerhöhung 2016 ausgeglichen. Allein das lässt die Renten um rund einen Prozentpunkt in Ost und West höher ausfallen lassen. Auch das ist also kein Geschenk, sondern nur eine verspätete Anpassung, die laut Rentenformel gerechtfertigt ist.