Riester-Rente Die höhere Zulage entpuppt sich als Luftnummer

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Altersvorsorgetypen lassen sich nicht einfach vergleichen

Das ist sonst nicht so: Bei ungeförderten privaten Rentenversicherungen muss nur ein kleinerer Teil, der sogenannte Ertragsanteil, mit dem persönlichen Steuersatz versteuert werden. Dieser Ertragsanteil liegt zum Beispiel bei 17 Prozent lebenslang, wenn die Auszahlung der Rente mit 67 Jahren beginnt. Bei Auszahlungen aus Wertpapierdepots fällt unabhängig vom Alter nur Abgeltungsteuer auf die Kursgewinne an, bei Festgeldern fällt diese auf die Zinserträge an.

Verschiedene Altersvorsorgetypen mit ganz unterschiedlichen Steuerregeln lassen sich daher nicht so einfach vergleichen. Für einen sinnvollen Vergleich muss man etwa errechnen, wie viel Beitrag aus eigener Tasche heute nötig ist, um eine spätere Rente nach Steuern in gleicher Höhe zu finanzieren. Oder, wie hoch die Renditen auf die Einzahlung aus eigener Tasche je nach erreichtem Lebensalter sind – wieder unter Berücksichtigung eventueller staatlicher Förderung, aber auch der Steuern.

Eigentlich ist die Steuerfreiheit der Riester-Beiträge in der Einzahlungsphase nur das Gegenstück zur vollen Besteuerung der Renten in der Auszahlungsphase. Die Steuer wird faktisch gestundet. Ein Finanzvertriebler, der Kunden das so sagt, wird den Job aber vermutlich nicht lange machen.

Dabei gibt es bei Riester in der Praxis durchaus einen echten Steuervorteil. Der entsteht dadurch, dass die Steuersätze im Berufsleben (also in der Einzahlungsphase) meist höher sind als die im Ruhestand (der Auszahlungsphase). Nur ist dieser Vorteil längst nicht so groß, wie es ein direkter Vergleich allein der Einzahlungen in Riester-Verträge und andere Altersvorsorgetypen vermuten lässt. Und durch den Übergang zur vollen Besteuerung der gesetzlichen Rente dürften in Zukunft auch Rentner deutlich mehr Steuern zahlen müssen als heute.

Keine Kassenbeiträge mehr für betriebliche Riester-Verträge

Wenigstens fällt auf die Riester-Rente später in aller Regel kein Krankenkassenbeitrag an. Auch bei betrieblichen Riester-Verträgen  - wo dies bislang der Fall war - wird die Beitragspflicht durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz abgeschafft. Endlich, denn sie war eine klare Benachteiligung dieser Verträge gegenüber normalen, privat abgeschlossenen Riester-Verträgen.

von Niklas Hoyer, Max Haerder, Heike Schwerdtfeger

Doch dass auf Riester-Renten kein Kassenbeitrag anfällt, ist im Vergleich mit anderen Altersvorsorgevarianten kein Pro-Riester-Argument: Auch auf andere Kapitalerträge müssen die meisten gesetzlich Krankenversicherten im Alter keine Kassenbeiträge zahlen. Eine Ausnahme gilt nur, wenn Ruheständler in der zweiten Hälfte ihres Berufslebens nicht nahezu durchgehend gesetzlich versichert waren und sie keinen Anspruch auf eine gesetzliche Rente haben. Dann müssten sie sowohl auf Riester-Renten als auch auf andere Kapitalerträge Kassenbeiträge zahlen.

Bleibt also die Frage, ob die Riester-Rente lohnt. Für einige Gruppen, Geringverdiener, Eltern mit mehreren Kindern, lässt sich das bejahen. Trotzdem sollten sie darauf achten, eine möglichst renditereiche Vertragsart zu wählen: Nicht die wenig aussichtsreichen geförderten Rentenversicherungen, sondern eher Fondssparpläne, die theoretisch mehr Chance auf Rendite bieten. Leider spielen in der Praxis längst nicht alle ihre Stärken aus, empfehlenswert ist etwa ein Riester-Angebot auf ETF-Basis vom Berliner Start-up fairr.de.

Alle anderen können getrost auch ohne Riester-Förderung fürs Alter vorsorgen, etwa mit Ratensparplänen auf kostengünstige Indexfonds. Denn allein die Riester-Förderung bringt ihnen keine hohen Renditen. Die WirtschaftsWoche hat für verschiedene Musterfälle mit 25 und 45 Jahren die Renditen einer klassischen Riester-Rentenversicherung ausgewertet. Ob bei 30.000, 52.500 oder 100.000 Euro Einkommen, die Ergebnisse unterschieden sich wenig: Allein auf Basis der garantierten Renten lagen die Nettorenditen (bei Berücksichtigung der staatlichen Förderung und der Steuervorteile bei der Einzahlung und späteren Steuernachteile bei der Auszahlung) nach 85 Jahren Lebensdauer zwischen -0,6 und -1,1 Prozent.

Erst bei Berücksichtigung der unverbindlichen Überschüsse, die in Zukunft eher geringer ausfallen dürften, lagen die Renditen zwischen 1,4 und 2,0 Prozent. Es brauchte schon ein Lebensalter von 95 Jahren, damit auch die garantierten Renditen wenigstens 0,8 bis 1,3 Prozent erreichten.

Das heißt nicht, dass diese Sparer auf keinen Fall eine Riester-Rente abschließen sollten. Wenn sie ein kostengünstiges und renditeträchtiges Produkt wählen, können sie damit durchaus sinnvoll fürs Alter vorsorgen. Nur sollten sie eben nicht denken, dass ihnen die staatliche Förderung einen Rendite-Turbo beschert. Wer nachrechnet, stellt fest, dass von diesem Turbo wenig zu spüren ist.

Allein die Förderung macht aus einer schlechten Altersvorsorge längst keine gute. Auch ein paar Euro mehr Zulage ändern daran nichts.

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