Konjunktur Die Gründe für das türkische Superwachstum

Die Wirtschaft der Türkei ist um 11,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gewachsen Quelle: REUTERS

Terror, Streit mit dem Westen und eine schwache Währung: Trotz Dauerbeschuss stieg das türkische Bruttoinlandsprodukt um rasante elf Prozent. Dafür gibt es gute Gründe – und eine Gefahr, dass es damit vorbei sein könnte.

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Es ist eine Zahl, die aufhorchen lässt: 11,1 Prozent – um diesen Wert hat das Bruttoinlandsprodukt von Juli bis Ende September im Vergleich zum Vorjahr in der Türkei zugelegt. Solche Werte kennen wir aus China, wo vor rund einem Jahrzehnt ein Wachstumsboom eingesetzt hat. In Deutschland freuen wir uns, wenn das BIP um mehr als ein Prozent wächst.

Die türkische Wirtschaft ist im dritten Quartal so kräftig wie seit sechs Jahren nicht mehr gewachsen. Es ist auch noch das dritte Quartal in Folge, in dem das türkische BIP um mehr als fünf Prozent zulegte, wie die türkische Statistikbehörde Turkstat am Montag mitteilte. Damit hat sich das Wachstum mehr als verdoppelt: Im zweiten Quartal reichte es zu 5,4 Prozent, am Jahresanfang zu 5,3 Prozent. Und: Keine Volkswirtschaft weltweit ist in diesem Zeitraum stärker gewachsen. Nicht einmal China.

Aber auch auf Jahressicht wird sich der wirtschaftliche Aufschwung sehen lassen können. Im Gesamtjahr 2017 dürfte das Schwellenland nach den Worten von Entwicklungsminister Lutfi Elvan zwischen sechs und sieben Prozent zulegen, wie er dem Sender AHaber sagte. Das wäre im internationalen Vergleich immer noch ein Wert, den wenige Länder erreichen. Die Weltbank geht bislang von vier Prozent aus.

Aus der Türkei kamen in den vergangenen Monaten vor allem negative Nachrichten. Terroranschläge, ein Putschversuch, eine immer schwächere Währung und außerdem der Streit zwischen der Regierung in Ankara und vielen ihrer Partner im Westen – so etwas schlägt sich für gewöhnlich auch in der Wirtschaft eines Landes nieder. Nicht so offenbar in der Türkei.

Ein Analyst der Commerzbank hatte vor wenigen Wochen in einer Länderanalyse daran gezweifelt, dass die türkischen Wirtschaftszahlen echt seien. Er sei von den hohen Wachstumsraten „mehr als überrascht“ und halte sie für fragwürdig, schrieb der Commerzbank-Volkswirt in einer Mitteilung: „Um es schlicht zu sagen, ich halte die Daten für politisch beeinflusst.“

Doch für das Wachstum gibt es einige rationale Gründe. Und es gibt Anzeichen, dass es bald damit vorbei sein könnte.

Einer der Gründe ist technischer Natur. Das besonders starke Wachstum von Juli bis September fiel wegen eines sehr niedrigen Vergleichswerts aus dem Vorjahr so hoch aus. Im dritten Quartal vergangenen Jahres schrumpfte die Wirtschaft der Türkei um 0,8 Prozent, nachdem im Juli das Militär zu putschen versucht hatte. Dieser sogenannte Basiseffekt stützt das Wachstum in diesem Jahr einmal mehr.

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