Geheime Dokumente Bidens Ermittlerflut

Der US-Präsident Joe Biden. Quelle: AP

Jetzt läuft auch gegen den amtierenden US-Präsidenten die Untersuchung eines Sonderermittlers. Sein Umgang mit Geheimdokumenten hat ihn in diese Lage gebracht. Es drohen Probleme.

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Es lief eigentlich gut für Joe Biden. Seit Wochen ticken die Zustimmungswerte des US-Präsidenten langsam, aber sicher nach oben. Nach zwei Jahren im Amt konnte er auf eine ganze Reihe überparteilicher Erfolge verweisen, bei den Zwischenwahlen schlugen seine Demokraten die Erwartungen und das Chaos um die Wahl eines neuen Sprechers des Repräsentantenhauses ließ den 80-Jährigen wie einen vernünftigen Staatsmann aussehen, ein willkommener Kontrast zum Chaos im Kongress. Doch kurz bevor Biden seine Entscheidung über eine erneute Kandidatur im Jahr 2024 bekanntgeben wird, kommen die guten Zeiten womöglich an ihr Ende.

Denn dass sowohl in einem Think-Tank-Büro als auch in der Garage seines Hauses in Wilmington, Delaware, Geheimdokumente aus Bidens Zeit als Vizepräsident gefunden wurden, lässt das Staatsoberhaupt nicht gut aussehen. Der Vorgang erinnert an seinen skandalgeschüttelten Amtsvorgänger. Im vergangenen Sommer rückte gar das FBI an, um als geheim eingestufte Unterlagen aus dem Anwesen von Ex-Präsident Donald Trump zurückzubekommen, die er widerrechtlich nach seinem Auszug aus dem Weißen Haus nach Florida mitgenommen hatte.

Auf den ersten Blick liegen die Fälle ähnlich: Geheimunterlagen, die dort nichts verloren hatten, waren in den Häusern ehemaliger hochrangiger Amtsinhaber gefunden worden. Doch da enden die Parallelen. Trump hatte 184 Dokumente mit unterschiedlichen Geheimhaltungsstufen mit nach Mar-a-Lago genommen, bei Biden ist die Rede von zehn Dokumenten in seinem ehemaligen Büro und einigen weiteren in der Garage. Als die Unterlagen in Bidens ehemaligen Think-Tank-Büro gefunden wurden, informierten Anwälte des Präsidenten umgehend das Nationalarchiv, übergaben die Unterlagen und machten sich auf die Suche nach weiteren Dokumenten. So stießen sie auf die Papiere in der Garage in Wilmington. Auch diese wurden umgehend übergeben.

Trump wiederum wehrte sich lange dagegen, die Geheimdokumente zurückzugeben. Das Nationalarchiv versuchte mehr als ein Jahr lang kistenweise Unterlagen vom Ex-Präsidenten zurückzubekommen, die dieser ohne Genehmigung mit nach Florida genommen hatte. Vor etwa einem Jahr gab Trump dann 15 Kisten mit Papieren zurück. Allerdings fehlten immer noch Dokumente. Ermittlungen des Justizministeriums legten den Verdacht nahe, dass Trump weiterhin Geheimunterlagen zurückhielt. Dies führte schließlich zur Durchsuchung von Mar-a-Lago, bei der die weiteren Papiere gefunden wurden.

Diese Unterschiede sind wichtig. Denn strafbar ist das Zurückhalten von Geheimdokumenten nur, wenn es mit Vorsatz geschieht. Nach aktuellem Stand spricht wenig dafür, dass dies bei Biden so ist. Bei Trump sieht das anders aus. Trotzdem: Die Parallelen der Fälle haben Justizminister Merrick Garland nun dazu bewegt, einen Sonderermittler zu ernennen, der die offenen Fragen bezüglich Bidens Umgang mit den Unterlagen aufklären soll.

Sonderermittler waren lange die Ausnahme. Vor Trumps Amtsantritt hatte es in diesem Jahrtausend gerade einmal einen sogenannten Special Counsel gegeben. Doch seitdem haben die USA geradezu eine Inflation der Sonderermittler erlebt. 2017 setzte der damalige stellvertretende Justizmister Rod Rosenstein den Ex-FBI-Chef Robert Mueller ein, um die russische Einflussnahme auf die vorangegangene Präsidentschaftswahl aufzuklären. 2020 ernannte Ex-Justizminister Bill Barr den Bundesanwalt John Durham zum Sonderermittler, um die Ursprünge der FBI-Ermittlungen gegen Trump in der Russlandaffäre aufzudecken. Im November 2022 wiederum, kurz nachdem Trump seine erneute Kandidatur fürs Weiße Haus angekündigt hatte, übergab Justizminister Garland die Ermittlungen seines Hauses gegen den Ex-Präsidenten in der Dokumentenfrage und seiner Rolle beim Sturm aufs Kapitol an den Sonderermittler Jack Smith. Und nun knöpft sich Special Counsel Robert Hur den amtierenden Präsidenten vor.

Wie schon die Ernennung von Smith dürfte die Berufung Hurs der Versuch sein, den Anschein einer Politisierung des Justizministeriums zu verhindern. Sonderermittler sind zwar offiziell dem Minister unterstellt, verfügen aber über eine deutlich größere Unabhängigkeit als normale Bundesanwälte. Das kann sie auch für Präsidenten unangenehm machen. „Meine Präsidentschaft ist vorbei“, soll Trump gesagt haben, als er von der Ernennung Muellers erfuhr. Unvergessen ist auch die Erfahrung, die Bill Clinton mit einem Sonderermittler machte. Dessen Justizministerin Janet Reno hatte einen Independent Counsel berufen, um Kontroversen um ein Jahre zurückliegendes Immobiliengeschäft des Präsidenten aufzuklären. Doch die Ermittlung entwickelte ein Eigenleben, konzentrierte sich später hauptsächlich auf Clintons Privatleben und brachte so die Details seiner Affäre mit Monica Lewinsky an die Öffentlichkeit. Am Ende stand ein Amtsenthebungsverfahren gegen Clinton. Das Immobiliengeschäft spielte im Abschlussbericht keine nennenswerte Rolle.

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Dass die Hur-Ermittlung vor Biden ähnlich unangenehme Konsequenzen haben wird, ist unwahrscheinlich. Der Independent Counsel von damals unterscheidet sich rechtlich von dem, was ein Special Counsel heute tun und lassen kann. Trotzdem ist die Berufung für den Präsidenten eine schlechte Nachricht. Sie lenkt von seinen Erfolgen ab, kann zu einer Quelle von Ärgernissen werden. Gleichwohl: Strafrechtliche Folgen drohen Biden nicht. Als amtierender Präsident genießt er Immunität.

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