Der 45. US-Präsident steht für Vieles, das Investoren ein Graus ist: Mehr Protektionismus, höhere Zölle, weniger Freihandel, Abschiebung von Immigranten, größere Nähe zu Russland. Gleichzeitig gilt Donald Trump als wirtschaftsfreundlich, er will die US-Wirtschaft zum Beispiel durch deutliche Steuersenkungen entlasten.
Unwahrscheinlich auch, dass die US-Notenbank Federal Reserve nach Trumps Wahlsieg die Zinsen im Dezember wie geplant anheben wird. Trump gilt zwar als Gegner der Geldpolitik von Fed-Chefin Janet Yellen. Aber die Unsicherheit über die Zukunft der USA ist nun groß, und in diesem Umfeld könnte eine Zinserhöhung eine riskante Belastungsprobe für die Konjunktur sein.
Die Sorge über die wirtschaftlichen Effekte von Trumps Politik dürfte sich nach Einschätzung von Börsenkennern noch so lange halten, bis dessen Amtsführung eine realistische Einschätzung der Folgen für die Weltwirtschaft möglich macht. Der Dollar gab in der Wahlnacht gegenüber Euro (+ 0,6 Prozent) und Yen (+1,5 Prozent) bereits deutlich nach, gleichzeitig setzte eine Flucht in die Krisenwährung Gold ein.
Nach knapp 1270 Dollar zum Handelsschluss am Dienstag kletterte der Preis für das Edelmetall in der Nacht zeitweise auf mehr als 1336 Dollar pro Feinunze – ein Plus von 5,2 Prozent und damit der stärkste Anstieg seit dem Brexit-Schock. Erst mit der zunehmenden Gewissheit, dass Trump klar die Wahl gewonnen hat, fiel der Goldpreis wieder. Gegen 10:00 Uhr MEZ notierte Gold noch bei rund 1300 Dollar je Feinunze und behauptete somit noch immer einen Anstieg um 2,4 Prozent.
Otmar Lang, Chefvolkswirt der Targobank, sieht nach der Wahl weiter positive Vorzeichen für Goldanleger: „Die Aktienmärkte werden weltweit unter einer hohen Volatilität leiden. Der US-Dollar dürfte sich zum Euro abschwächen und auch die Zinswende könnte nochmals verschoben sein. Ganz bitter könnte es sogar für die „Emerging Markets“-Märkte kommen. Gold als Krisenwährung wird gewinnen.“
Die Dollarschwäche nach der Wahl erklärt den Goldanstieg somit nur zum Teil. Denn auch in Euro stieg der Preis für die Feinunze um gut ein Prozent auf 1170 Euro, nachdem er zeitweise schon 1183 Euro und somit ein Plus von rund 2,2 Prozent erreicht hatte. An den asiatischen Börsen notierte Gold in der Nacht zeitweise sogar 5,4 Prozent im Plus, zum Handelsschluss betrug der Anstieg immer noch vier Prozent.
Vermeintlich sichere Anlagen wie Staatsanleihen oder Gold dürften noch einige Monate unter dem Eindruck der Wahlfolgen stehen. Da Trump auf der realpolitischen Bühne bislang ein unbeschriebenes Blatt ist, wird die Nervosität an den Märkten anhalten und jeder seiner Beschlüsse mit Argusaugen beobachtet werden.
Trumps wirtschaftspolitische Pläne
Trump will für mehr Wachstum in der US-Wirtschaft sorgen. „Bessere Jobs und höhere Löhne“, lautet eines seiner Kernziele. Der Immobilien-Unternehmer will die Staatsschuldenlast der USA von fast 19 Billionen Dollar abbauen. Er bezeichnet die Schuldenlast als unfair gegenüber der jungen Generation und verspricht: „Wir werden Euch nicht damit alleine lassen“. Defiziten im Staatshaushalt will er ein Ende bereiten.
Trump hat umfangreiche Steuersenkungen sowohl für die Konzerne als auch für Familien und Normalverdiener angekündigt. Er spricht von der größten „Steuer-Revolution“ seit der Reform von Präsident Ronald Reagan in den 1980er Jahren. Wer weniger als 25.000 Dollar im Jahr verdient, soll dank eines Freibetrages künftig gar keine Einkommensteuer mehr zahlen. Den Höchstsatz in der Einkommensteuer will er von momentan 39,6 Prozent auf 33 Prozent kappen. Ursprünglich hatte er eine Absenkung auf 25 Prozent in Aussicht gestellt. Die steuerliche Belastung für Unternehmen will Trump auf 15 Prozent von bislang 35 Prozent vermindern. Das soll US-Firmen im internationalen Wettbewerb stärken. Firmen, die profitable Aktivitäten aus dem Ausland nach Amerika zurückholen, sollen darauf eine Steuerermäßigung erhalten. Die Erbschaftsteuer will der Republikaner ganz abschaffen. Eltern sollen in größerem Umfang Kinderbetreuungs-Ausgaben steuerlich absetzen können.
Trump verspricht, der „größte Job-produzierende Präsident“ der USA zu werden, „den Gott jemals geschaffen hat“. Bereits als Unternehmer habe er Zehntausende neue Stellen geschaffen.
Um amerikanische Arbeitsplätze zu sichern, will Trump die Zölle auf im Ausland hergestellte Produkte anheben und die US-Wirtschaft insgesamt stärker gegen Konkurrenz aus dem Ausland schützen. China, aber auch Mexiko, Japan, Vietnam und Indien wirft Trump beispielsweise vor, die Amerikaner „auszubeuten“, indem sie ihre Währungen zum Schaden von US-Exporten abwerten und manipulieren.
Das angestrebte transatlantische Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU (TTIP) lehnt Trump ab. Für ihn schadet ein freierer Zugang der Europäer zum US-Markt – vor allem zum staatlichen Beschaffungsmarkt – den amerikanischen Firmen. Das geltende Nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta will er neu verhandeln, die TPP-Handelsvereinbarung mit asiatischen Staaten aufkündigen. Trump setzt generell anstatt auf multilaterale Handelsabkommen, etwa im Rahmen der Welthandelsorganisation, auf bilaterale Vereinbarungen mit einzelnen Staaten und Wirtschaftsräumen.
Die Handelsbeziehungen zu China, der nach den USA zweitgrößten Wirtschaftsmacht weltweit, will Trump grundlegend überarbeiten. Er wirft der Volksrepublik vor, ihre Währung künstlich zu drücken, um im Handel Vorteile zu erlangen. Er will das Land daher in Verhandlungen zwingen, damit Schluss zu machen. Auch „illegale“ Exportsubventionen soll die Volksrepublik nicht mehr zahlen dürfen. Verstöße gegen internationale Standards in China sollen der Vergangenheit angehören. Mit all diesen Maßnahmen hofft er, Millionen von Arbeitsplätzen in der US-Industrie zurückzugewinnen.
In der Energie- und Klimapolitik hat Trump eine Kehrtwende angekündigt. Er will die USA von den ehrgeizigen Klimaschutzvereinbarungen von Paris abkoppeln, die Umwelt- und Emissionsvorschriften lockern und eine Rückbesinnung auf fossile Energieträger einläuten: „Wir werden die Kohle retten.“ Die umstrittene Fracking-Energiegewinnung sieht Trump positiv.
Trump verspricht der Wirtschaft eine umfassende Vereinfachung bei den staatlichen Vorschriften. Er werde ein Moratorium für jede weitere Regulierung durch die Behörden verhängen, kündigte er an. Trump will Milliarden in die Hand nehmen, um Straßen, Brücken, Flughäfen und Häfen zu bauen und zu modernisieren. Finanzieren will er das unter anderem dadurch, dass die US-Verbündeten einen größeren Teil an den Kosten für Sicherheit und Verteidigung in der Welt übernehmen sollen.
„Bei Themen wie Staatsausgaben, Geldpolitik, Handel und Gesetzgebung erwarten die meisten Beobachter von Trump, dass er mit seinem Auftreten in bisher unbekannter Weise für Verunsicherung sorgen könnte“, sagt etwa Angel Agudo, Fondsmanager des Fidelity America Fund. Seine Schlussfolgerung: „US-Staatsanleihen und Gold könnten infolgedessen kurzfristig von Geldströmen in ‚sichere Häfen‘ profitieren, da vielen Anlegern nach Trumps Wahlsieg nicht der Sinn nach Risiken stehen dürfte.“
Eine Umfrage der Nachrichtenagentur Bloomberg unter 20 Analysten vor der US-Wahlnacht hatte denn auch ergeben, dass sie im Schnitt bei einem Trump-Sieg mit einem Anstieg des Goldpreises auf bis zu 1395 Dollar je Feinunze rechneten. Beim aktuellen Kurs von 1300 Dollar bliebe also Luft nach oben.