




„Sehr produktiv“ sei das Treffen gewesen, teilte der deutsche Chemieriese Bayer hinterher mit. Vorstandschef Werner Baumann war extra nach New York geflogen, um dem künftigen US-Präsidenten Donald Trump seine Aufwartung zu machen. Gemeinsam mit Monsanto-Boss Hugh Grant weilte Baumann letzte Woche im Trump Tower, um mit Investitions- und Jobversprechen für eine Fusion der Konzerne zu werben, die noch von den Kartellbehörden genehmigt werden muss.
Baumann und Grant sind keine Ausnahmen: Seit Trumps Wahlsieg hält der „President-elect“ wie ein Gutsherr in seinem Wolkenkratzer Hof und lässt Top-Manager wie beim Bewerbungsgespräch an- und abtreten. Hinterher werden dann spektakuläre „Deals“ verkündet, bei denen der Immobilien-Tycoon regelmäßig milliardenschwere Investitionen und Arbeitsplätze für die US-Wirtschaft an Land gezogen haben will.
Trump hat sich selbst unter hohen Druck gesetzt: Das Jobwunder für die US-Wirtschaft, vor allem für den „Rostgürtel“ - die krisengebeutelte Industrieregion im Nordosten des Landes - ist sein zentrales Versprechen. „Ich werde der größte Arbeitsplatzbeschaffer sein, den Gott je geschaffen hat“, kündigte er letzte Woche an. Doch Experten zweifeln an seinen Plänen. Zumal es wenig Luft nach oben gibt: Die US-Arbeitslosenquote liegt mit 4,7 Prozent schon nahe ihres Rekordtiefs.
Die Wahlversprechen Donald Trumps
- Schaffung von 25 Millionen Jobs in der ersten Amtszeit
- Bau einer Mauer auf der kompletten Grenze zu Mexiko, für die Mexiko bezahlt
- Abschiebung von zwei Millionen illegalen Immigranten
- „Extreme Überprüfung“ aller Einreisenden
- Einstellung von Visa an Angehörige von Staaten, die „kriminelle illegale Einwanderer“ nicht „zurücknehmen“
- Verschärfung der Visa-Regeln
- Die Gesundheitsversicherung Obamacare soll abgeschafft und ersetzt werden
- Das Handelsabkommen Nafta soll neu verhandelt werden
- Rückzug aus dem transpazifischen Handelsabkommen TPP
- Auswahl eines Richters von einer Vorschlagsliste mit 20 Namen
- Für jede neue Regulierung sollen zwei alte abgeschafft werden
- Reduzierung der Steuerklassen von sieben auf drei
- Runterfahren der Unternehmenssteuern von 35 auf 15 Prozent
- Aufhebung der „Begrenzungen“ für Jobs in der Energiebranche
- Wiederbelebung gestoppter Energie-Infrastrukturprojekte wie der Keystone-Pipeline
- Einstellung der Zahlungen an UN-Klimaprogramme
- Strafzölle für Unternehmen, die Arbeitsplätze ins Ausland verlegen
- Ausweitung des Militäretats
- Die US-Wirtschaft soll um vier Prozent wachsen
Dennoch nimmt Trump bereits vor Amtsantritt im Weißen Haus jede Menge Erfolgsmeldungen für sich in Anspruch. Das Problem: Ähnlich wie bei seinem früherem Job als Juror einer Casting-Show handelt es sich dabei um eine Art „Scripted Reality“, bei der die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Inszenierung verschwimmen. Nach Baumanns Besuch etwa twitterte Trump: „Bayer AG verspricht US-Jobs und Investments nach Treffen mit Präsident Trump“ - obwohl die Pläne Monate alt waren.
Die Strategie hinter Trumps angeblichen Job-Erfolgen folgt einem wiederkehrenden Schema: Konzerne hängen Altbekanntes an die große Glocke oder präzisieren bereits beschlossene Geschäftspläne, um den aggressiv mit Strafzöllen drohenden Mann im Tower milde zu stimmen. Hinterher können sich dann beide Seiten als Wohltäter und Stellenbeschaffer feiern. Aber sieht so ein nachhaltiges Erfolgsrezept für die weltgrößte Volkswirtschaft aus?
Was wirklich dank Trumps Initiativen an Investitionen fließt und an Arbeitsplätzen entsteht bleibt vage. Walmart etwa versprach 10.000 neue US-Jobs, hatte aber erst im Herbst angekündigt, 7000 zu streichen. General Motors sicherte zu, 1500 Stellen zu schaffen oder zu erhalten. Das passte Trump gut, doch erst im November hatte der größte US-Autobauer beschlossen, 2000 Mitarbeitern zu kündigen. Die Einzelfälle stehen exemplarisch für die US-Wirtschaft insgesamt, in der jeden Monat Hunderttausende Stellen entstehen und verschwinden. Ein paar Hundert Jobs hier und dort fallen kaum ins Gewicht.
Dazu kommt, dass die Zugeständnisse, die Trump den Konzernen abgerungen haben will, meist Mogelpackungen sind. So entpuppt sich eine zunächst als Ergebenheitsgeste an Trump gedeutete Milliarden-Investition von Fiat Chrysler größtenteils als alter Wein in neuen Schläuchen. Die Entscheidung zum Ausbau des Werks in Toledo, Ohio, war der lokalen Gewerkschaft zufolge bereits 2015 gefallen. Ein weiterer clever von Trump verkaufter „Deal“ war Fords Absage an eine 1,6 Milliarden Dollar teure Fabrik in Mexiko, an Stelle derer nun 700 Millionen Dollar in ein Werk in Michigan gesteckt werden sollen.