Mehr Macht gegen Ölkonzerne „Ein gesunder Wettbewerb zwischen Tankstellen ist der Schlüssel“

Quelle: AP

Lange galt Großbritanniens Wettbewerbsbehörde CMA als vergleichsweise zahm. Doch mit dem Brexit hat sie viele neue Befugnisse erhalten. Jetzt nehmen die britischen Kartellwächter die stark gestiegenen Spritpreise ins Visier.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Großbritanniens Wettbewerbsbehörde, die „Competition and Markets Authority“ (CMA), hat lange ein Schattendasein gefristet. Und das sowohl in Großbritannien als auch in Europa. Bis zum Ende der Brexit-Übergangsfrist Ende 2020 war für große, grenzüberschreitende Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht auch in Großbritannien die mächtige „Generaldirektion Wettbewerb“ der EU-Kommission zuständig. Und die sorgte mit ihren Attacken auf Großkonzerne und immens hohen Strafen regelmäßig für Schlagzeilen und für Aufsehen.

Die Mitarbeiter der CMA befassten sich dagegen, wie wie ihre europäischen Kollegen, vorwiegend mit vergleichsweise kleinen Verstößen und geplanten Übernahmen im eigenen Land. Und auch da machte die CMA eher selten von sich reden. Die Behörde galt als nachsichtig und wenig angriffslustig. Häufig begnügte sie sich damit, wenn Firmen, denen leichtere Verstöße zur Last gelegt wurden, versprachen, sich zu bessern. Die Wettbewerbswächter in Deutschland und Frankreich schritten schon lange deutlich entschlossener ein.

Doch das ändert sich gerade. Denn im Zuge des Brexits hat die CMA ihre Befugnisse deutlich ausgebaut. Die Behörde geht jetzt nicht nur auch grenzüberschreitenden Verstößen nach. Sie überwacht jetzt auch das britische Subventionsregime und sorgt dafür, dass der Handel zwischen den Landesteilen England, Schottland und Wales möglichst barrierefrei erfolgt.

Seit dem Brexit haben sich die britischen Wettbewerbshüter auch mit Kollegen in Australien und in Japan zusammengetan, um stärkeren Einfluss auf die weltweite Wettbewerbspolitik zu nehmen. Die Behörde möchte über ihre neue „Einheit für Digitale Märkte“ fortan auch Tech-Giganten wie Facebook und Google ähnlich energisch auf die Finger schauen wie die EU.

Die Regierung in London scheint diesen Kurs auf voller Linie zu unterstützen: Sie hat das Budget der Behörde seit 2015 um ein Drittel angehoben. Die CMA hat eine Reihe regionaler Büros eröffnet. Die britischen Wettbewerbswächter rüsten auf.

Die neue Entschlossenheit schimmerte bereits im vergangenen Sommer durch: Da verhängte die CMA Strafen in Höhe von 260 Millionen Pfund gegen mehrere Pharmaunternehmen. Sie hatten den staatlichen Gesundheitsdienst NHS mit Preisabsprachen um mehrere hundert Millionen Pfund geprellt. Anfang des Jahres folgte eine weitere Strafe gegen Pharmaunternehmen in Höhe von 35 Millionen Pfund.

In Deutschland plant Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, „möglichst bald“ Vorschläge zur Verschärfung des Kartellrechts vorzulegen. Das Kartellamt soll besser gewappnet sein, um gegen Mineralölkonzerne vorzugehen.


Lesen Sie auch: Beim vermurksten Tankrabatt kommt ein neues Kartellrecht zu spät

Die Wettbewerbshüter sollen auch in der Lage sein, übermäßige Gewinne abzuschöpfen, wenn Konzerne ihre Marktmacht missbraucht haben. Der Vorstoß erscheint nicht ohne Grund ein wenig wie eine Notlösung: Die FDP blockiert eine Übergewinnsteuer.

Ein solche hat der britische Schatzkanzler Rishi Sunak kürzlich auf den Weg gebracht. Die britischen Öl- und Gaskonzerne, deren Gewinne in den vergangenen Monaten drastisch in die Höhe geschossen sind, müssen seit kurzem eine Sondersteuer in Höhe von 25 Prozent abführen. Die möchte die Regierung in London dazu nutzen, um die Haushalte zu entlasten.

Doch auch die britischen Wettbewerbswächter schauen sich in diesen Tagen die Preise an den Tankstellen an. Denn auch dort ist kürzlich ein Steuernachlass in Höhe von fünf Pence pro Liter scheinbar spurlos verpufft. Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng bat die CMA, sich den Treibstoffmarkt anzuschauen und auf auffällige regionale Unterschiede hin zu untersuchen.

Exklusive BCG-Analyse Die 10 besten Aktien der Welt

Die politische Weltlage und Sorgen vor weiter hohen Zinsen verunsichern die Börse. Das exklusive Ranking der besten Aktien der Welt – und zehn Titel, die jetzt kaufenswert sind.

Passives Einkommen aufbauen Ihr Weg zur finanziellen Unabhängigkeit

Finanzielle Unabhängigkeit muss kein Traum bleiben. Mit dem richtigen Wissen und passenden Strategien kommen auch Sie auf die Erfolgsspur. Wir zeigen, wie es geht.

Finanzielle Freiheit Von Kapitalerträgen leben – wie schaffe ich das?

Ein Leser will seinen Lebensunterhalt mit aktivem Börsenhandel bestreiten. WiWo Coach Michael Huber erklärt, worauf man bei diesem Plan achten sollte, und rechnet vor, wie viel Grundkapital dafür nötig ist.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

In einem Schreiben an die CMA beklagte Kwarteng, dass trotz der reduzierten Mineralölsteuer die „weit verbreitete Sorge“ bestehe, dass Preise nur weitaus langsamer zurückgingen, als sie im Zuge der Preisanstiege erhöht worden seien. Die CMA solle nicht nur überprüfen, ob die Tankstellen den Nachlass bei der Mineralölsteuern an ihre Kunden weitergegeben hätten, sondern auch, „ob der Kraftstoffeinzelhandel die Verbraucherinteressen beeinträchtigt hat“. Sprich: Die CMA soll schauen, ob es möglicher Weise in einzelnen Regionen Preisabsprachen gegeben hat.

„Fahrer sollten in ganz Großbritannien ein faires Kraftstoffangebot erhalten“, sagte Kwarteng. „Ein gesunder Wettbewerb zwischen Tankstellen ist der Schlüssel, um dies zu erreichen“. Die CMA soll Anfang Juli ihre ersten Erkenntnisse mit der Regierung teilen.

Lesen Sie auch: Die britische Energiebranche zeigt, dass der Markt eben doch nicht alles regelt

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%