Rezepte à la Trump Wie Bolsonaro Brasiliens Wirtschaft verändern möchte

Was Bolsonaro in Brasilien ändern möchte Quelle: AP

Jair Bolsonaro gilt als Rassist und Frauenhasser. Als neuer Präsident des größten lateinamerikanischen Landes hat er vor allem wirtschaftlich große Pläne. Der Leitindex in Sao Paulo springt auf ein Allzeithoch.

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Kurz nach nach der Wahl des ultrarechten Politikers zum Präsidenten klingelt bei Jair Bolsonaro - dem „Trump der Tropen“ - das Telefon. Das Original ist dran. US-Präsident Donald Trump will dem neu gewählten Präsidenten Brasiliens gratulieren. „Es war ein sehr freundschaftliches Gespräch“, sagt Bolsonaro nach dem Telefonat.

Die beiden Männer haben so einiges gemeinsam. Bei Trump heißt es „Amerika zuerst“, Bolsonaro setzt auf „Brasilien zuerst“. Beide hegen eine Faszination für das Militär, lieben die direkte Kommunikation über Twitter und vergreifen sich gerne mal im Ton. Sie haben glühende Anhänger und eingefleischte Feinde. Dazwischen gibt es nicht viel.

Der rechte Wahlsieger in Brasilia wird in Sachen Handel, Steuerpolitik und Klimapolitik auf den Spuren des US-Präsidenten Donald Trump wandeln, den der Ex-Fallschirmjäger bewundert. Das Land am Amazonas geriet nach einem von steigenden Rohstoffpreisen getragenen Boom in eine Rezession, von der es sich nur langsam erholt. Die bisherige linke Regierung versuchte die Wirtschaft mit Subventionen und höheren Staatsausgaben zu päppeln. Doch 2017 sprang mit 1,0 Prozent ein für ein Schwellenland nur mageres Wachstum heraus. Nun will Bolsonaro umsteuern.

Bolsonaros Pläne für Brasilien

Er hat im Wahlkampf angekündigt, Unternehmen unter Staatseinfluss zu privatisieren - darunter auch den von Korruptionsskandalen erschütterten Ölkonzern Petrobras . Dieser ächzt unter einem gigantischen Schuldenberg von 74 Milliarden Dollar. Der künftige Präsident Brasiliens hat mit dem Thema Wirtschaft jedoch nach eigenen Worten nicht allzu viel am Hut.

Er will seinem Berater und designierten Superminister für Finanzen, Planung und Handel, Paulo Guedes, weitgehend freie Hand geben. Dieser plant, der Wirtschaft mit einer Steuerreform neuen Schwung zu verleihen und damit die Basis zum Aufbau von zehn Millionen neuen Jobs zu legen. Doch wenn die Lohnsteuer wie von Guedes geplant gesenkt wird, dürfte dies laut Kritikern neue Löcher in die Staatskasse reißen: Brasilien hat laut Auswärtigem Amt mit cirka acht Prozent bereits „ein dramatisches Haushaltsloch“.

Wirtschaftsinteressen vor Umweltschutz
Zugleich will sich die kommende Regierung mit dem umstrittenen Ausbau von Atom- und Wasserkraftwerken im Amazonas-Gebiet über Bedenken von Umweltschützern hinwegsetzen, wie der Ex-General und Bolsonaro-Berater Oswaldo Ferreira ankündigte. „Falls Brasilien zu früheren Wachstumsraten zurückkehren soll, was wir alle wollen, wird Energie benötigt, die nicht aus anderen Quellen bezogen werden kann.“ Brasilien hat beim Ausbau neuer Erzeugungskapazitäten bislang vorrangig auf erneuerbare Energien gesetzt. Laut Auswärtigem Amt in Berlin verbindet Deutschland und Brasilien auf diesem Gebiet eine „Energiepartnerschaft“.

Hier könnte es zu einer Zäsur kommen. Denn Bolsonaro hat angekündigt, dafür sorgen zu wollen, dass Brasilien aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigt. Er würde damit dem US-Vorbild folgen. Laut Bolsonaros Berater für Landwirtschaft, Nabhan Garcia, sollen zudem Bauern, die in ökologisch-sensiblen Regenwaldgebieten gegen Umweltvorschriften verstoßen, künftig mit milderen Strafen davonkommen. Zudem will er neue Abholzungen im Amazonas-Gebiet zulassen. Dabei ist der riesige Regenwald der größte CO2-Speicher der Welt und für das Klima von entscheidender Bedeutung. „Wenn er alles umsetzt, was er angekündigt hat, wird es ein Desaster“, sagt Carlos Rittl von der Beobachtungsstelle für das Klima.

Wie Trump setzt Bolsonaros einflussreicher Wirtschaftsberater zudem auf bilaterale Handelsabkommen. Guedes sieht Brasilien durch die im Rahmen der Mercosur-Freihandelszone eingegangenen Verpflichtungen zu sehr eingeschränkt. Dies könnte aus europäischer Sicht zu einschneidenden Veränderungen führen, denn Brasilien und Deutschland haben sich bislang gemeinsam für Fortschritte bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen Mercosur und der EU eingesetzt.
Doch im Beraterkreis um Bolsonaro gibt es Differenzen darüber, welchen Wirtschaftskurs der neue Präsident einschlagen soll. So setzte Ex-Militär Ferreira ein dickes Fragezeichen hinter die Ankündigung, Petrobras privatisieren zu wollen. Er hält den halb-staatlicen Ölkonzern für wertvolles Tafelsilber, von dem sich Brasilien auch aus strategischen Gründen nicht trennen dürfe.

Das Auswärtige Amt in Berlin sieht die Lösung der Probleme bei Petrobras als einen der Schlüssel für den wirtschaftlichen Erfolg des Landes: „Durch die Erschließung der 2008 entdeckten umfangreichen Rohöl- und Erdgasvorkommen an der südöstlichen Atlantikküste könnte Brasilien zu einem der wichtigsten Erdölproduzenten weltweit aufsteigen. Petrobras ist allerdings seit Jahren mit erheblichen Korruptionsvorwürfen konfrontiert, die seine Leistungsfähigkeit und potenzielle Investitionsfähigkeit erheblich schwächen.“

Wo Bolsonaro die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas hinsteuern will, ist noch unklar. Sein designierter Wirtschaftsminister Paulo Guedes gilt als Anhänger der ultraliberalen Chicago-Schule. Er würde gerne das Rentensystem privatisieren, Steuern senken und alle Staatsbetriebe sofort privatisieren, darunter auch Brasiliens Kronjuwel - den Ölkonzern Petrobras. Da sind Konflikte programmiert. Denn die Militärs, die Bolsonaro im Schlepptau mit in die Regierung bringt, setzen auf staatlich gelenkte Schlüsselindustrien.

Die brasilianische Börse hat derweil am Montag die Wahl des ultrarechten Politikers Jair Bolsonaro zum Präsidenten gefeiert. Der Leitindex in Sao Paulo sprang in der Spitze um 3,1 Prozent auf ein Allzeithoch von 88.377 Punkten. Vor allem die Aktien einiger Konzerne mit staatlicher Beteiligung standen höher im Kurs. So stiegen die Papiere des Ölkonzerns Petrobras zeitweise um vier Prozent. Händler verwiesen auf Privatisierungsversprechen Bolsonaros. Die Landeswährung Real wertete um fast eineinhalb Prozent zum Dollar auf. Die Anleger setzen Börsianern zufolge auf marktfreundliche Reformen. „Diese machen sich vor allem an der Person Paulo Guedes fest, dem von Bolsonaro ein kombiniertes Wirtschafts- und Finanzministerium zugedacht wird“, erläuterte DZ-Bank-Analyst Stefan Grothaus. Da die Märkte des Landes schon nach der ersten Runde der Wahlen zugelegt hätten, sei das Aufwärtspotenzial begrenzt.

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