Russland-Sanktionen Geschlossene Front gegen US-Senat

Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisiert die neuen Russland-Sanktionen des US-Senats scharf. Sie hoffe, dass durch die Entscheidungen kein deutsches Unternehmen gefährdet werde.

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Angela Merkel stellt sich mit ihrer Kritik klar hinter Außenminister Gabriel. Quelle: REUTERS

Die Bundesregierung macht geschlossen Front gegen neue Russland-Sanktionen des US-Senats. Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte sich am Freitag ausdrücklich hinter die Warnung von Außenminister Sigmar Gabriel (SPD), dass kein deutsches und europäisches Unternehmen in Mitleidenschaft gezogen werden dürfe. "Es ist, vorsichtig gesagt, ein eigenwilliges Vorgehen des US-Senats", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Es sei befremdlich, dass bei der Sanktionierung russischen Verhaltens die europäische Wirtschaft ins Visier gerate. "Das darf nicht sein."

Wirtschaftliche Interessen und Sanktionsfragen dürften nicht miteinander vermischt werden. Auch aus der SPD und von Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (ebenfalls SPD) kam scharfe Kritik.

Der US-Senat hatte am Mittwoch für neue Sanktionen gegen Russland gestimmt. Russland soll so nach US-Darstellung für eine Einmischung in die Präsidentenwahl in den USA, die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim und die Unterstützung der Regierung in Damaskus im syrischen Bürgerkrieg bestraft werden. Gabriel kritisierte bereits am Donnerstag, dass dabei die EU-Firmen unter Druck gesetzt werden könnten, die sich am Bau der neuen Gaspipeline Nord Stream 2 beteiligen. Dazu gehören unter anderem BASF, die Versorger E.ON und die österreichische OMV.

Die Russland-Affäre in den USA nimmt eine beachtenswerte Wende: Sonderermittler Robert Mueller beschäftigt sich nun offenbar mit Donald Trump persönlich. Er könnte die Justiz behindert haben. Der US-Präsident reagiert.

Der Streit könnte die transatlantischen Beziehungen weiter belasten. Anders als bei der Kündigung des Pariser Klimaschutzabkommens oder protektionistischen Tendenzen richtet sich die Kritik der Bundesregierung diesmal nicht gegen US-Präsident Donald Trump, sondern gegen den Senat, der die Sanktionen parteiübergreifend mit 97 zu zwei Stimmen beschlossen hatte.

Während es am Donnertag noch Befremden in der Union gegeben hatte, dass Gabriel seine Kritik in einer gemeinsamen Erklärung mit seinem Parteifreund, dem österreichischen Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), geäußert hatte, betonte Merkels Sprecher nun, dass die Kanzlerin die Bedenken teile. Es gebe "ganz große inhaltliche Übereinstimmungen mit dem Text der Erklärung Gabriels", sagte Seibert. Auch Bundeswirtschaftsministerin Zypries warf den USA vor, bei den Sanktionen gegen Russland die gemeinsame Linie mit Europa aufgekündigt zu haben. "Ich finde es bedauerlich, dass das gemeinsame Vorgehen Europas und der Vereinigten Staaten in Sachen Russland und Sanktionen auf diese Art und Weise ausgehebelt und aufgegeben wurde", sagte Zypries der Nachrichtenagentur Reuters. "Das ist schade." Bei den bisher gegen Russland verhängten Sanktionen im Ukraine-Konflikt hatten sich die EU und die USA stets eng abgesprochen.

Nach den Worten der Bundeswirtschaftsministerin weichen die USA von der gemeinsamen Linie mit Europa ab. Sie kritisiert Pläne, die Russland-Sanktionen einseitig zu verschärfen. Auch die Bundeskanzlerin schaltet sich ein.

Die SPD verschärfte ihre Kritik: "Damit wird die 'America first'-Politik auf die Spitze getrieben. Das ist ein Angriff auf die Grundprinzipien des Freihandels", sagte Generalsekretär Hubertus Heil der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir brauchen eine starke, gemeinsame Antwort der Europäer. Denn es geht um wirklich verdammt viele Arbeitsplätze – in Deutschland und in anderen europäischen Ländern." Stein des Anstoßes ist vor allem eine Formulierung im Senats-Beschluss, die die Sanktionen in direkten Kontakt mit der Förderung amerikanischer Gas-Exporte und Arbeitsplätze stellt. Die USA sind in den vergangenen Jahren zum Exporteur von Flüssiggas (LNG) geworden und konkurrieren damit mit dem durch Pipelines gelieferten russischen Gas in die EU.

In dem Streit geht es auch um den ebenfalls in der EU umstrittenen Bau einer zweiten Röhre der Nord Stream-Gaspipeline durch die Ostsee, die zusätzliches russisches Gas nach Deutschland und in die EU liefern soll. Zur Androhung, beteiligte Firmen mit Strafen zu belegen, sagte Zypries, man müsse erst einmal abwarten, ob US-Präsident Donald Trump dem folge. "Wenn es so ist, müssen wir uns überlegen, was wir dann gegebenenfalls dagegen tun."

Mehrere Unternehmen hätten Besorgnis geäußert, erfuhr Reuters aus Wirtschaftskreisen. Bei der BASF-Tochter Wintershall hieß es auf Anfrage aber nur: "Wir prüfen die Entwicklungen zunächst und können derzeit nicht weiter kommentieren." Beim österreichischen Energieversorger OMV hieß es: "Wir beobachten die Entwicklung genau, kommentieren laufende Gesetzgebungsverfahren aber generell nicht."

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