Trump-Entscheidung enttäuscht deutsche Wirtschaft „Die Aussichten sind nun eindeutig getrübt“

Deutsche Wirtschaftsverbände reagierte mit Unverständnis auf Trumps Entscheidung. Quelle: dpa

Der neue US-Botschafter in Berlin fordert nach Trumps Iran-Entscheidung deutsche Unternehmen auf unverzüglich ihre Geschäfte mit dem Iran herunterzufahren. Die deutsche Wirtschaft reagiert frustriert.

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Richard Grenell, seines Zeichens neuer US-Botschafter in Berlin, schrieb auf Twitter, deutsche Unternehmen sollten unverzüglich ihre Geschäfte mit dem Iran herunterfahren.

Unternehmensverbände reagierte mit Unverständnis auf Trumps Entscheidung. „Die deutsche Industrie bedauert den Rückzug der USA aus dem so mühselig und langwierig verhandelten Atomabkommen zutiefst“, erklärte BDI-Präsident Dieter Kempf. Für die deutschen Unternehmen sei essenziell, dass die EU jetzt versuche, mit China und Russland gemeinsam ein deutliches Bekenntnis zum Atomabkommen abzugeben.

Warum das Iran-Abkommen so wichtig für Deutschland ist

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hatte in der Erwartung der Entscheidung gewarnt, damit könnte der Aufschwung im deutschen Iran-Geschäft der vergangenen Jahre abrupt abgebremst werden. „Das zarte Pflänzchen, das sich da zuletzt entwickelt hat, könnte dadurch wieder zertreten werden“, erklärte der Außenwirtschaftschef des DIHK Volker Treier. Kurz vor Trumps Ankündigung sagte er: „Der Schaden würde über das Bilaterale hinausgehen.“

Auch Außenhandelspräsident Holger Bingmann reagierte enttäuscht. „Mit der Entscheidung von Präsident Trump, die Sanktionen gegen den Iran nicht weiter auszusetzen, ist das Iran-Abkommen massiv beschädigt.“ Jetzt müsse man aber erst einmal abwarten, ob und gegebenenfalls wie schnell Trumps Entscheidung juristisch umgesetzt werden könne. „Deutsche Unternehmen, aber auch die der anderen Vertragspartner werden dadurch natürlich noch stärker verunsichert.“

Die deutsche Automobilindustrie forderte die EU-Kommission auf, sich für die Handelsbeziehungen mit dem Iran einzusetzen. Durch die US-Entscheidung sei eine neue Lage entstanden. „Nun ist die EU aufgefordert, eine klare Position zu beziehen, die neben außen- und sicherheitspolitischen Aspekten auch die Wirtschaftspolitik berücksichtigt“, sagt ein Sprecher des Verbandes der Automobilindustrie (VDA).

BDI-Präsident Dieter Kempf sieht ein grundsätzliches Problem: An dem Abkommen hänge auch die Glaubwürdigkeit in der Außen-, Sicherheits- und Wirtschaftspolitik. „Unsere Unternehmen haben sich große Hoffnungen auf die Marktöffnung durch Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gemacht. Diese Aussichten sind nun eindeutig getrübt“, beklagte er. „Dieser einseitige Schritt erzeugt erhebliche Unsicherheit für die Weltpolitik“, meint auch Utz Tillmann, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI). Solange Iran nicht gegen die Vorgaben des Abkommens verstoße, sollten alle anderen Vertragsstaaten unbedingt daran festhalten.

Der Maschinenbauerverband VDMA sieht nun die iranische Führung in Teheran am Zuge. Die müsse entscheiden, ob sie am Atomabkommen auch ohne die USA festhalten wolle. VDMA-Geschäftsführer Thilo Brodtmann sagte, so lange die EU ihre Sanktionen nicht wieder aktivierte, sei ein legales Iran-Geschäft für die deutsche Wirtschaft grundsätzlich weiterhin möglich. Er verwies darauf, dass die deutschen Maschinenexporte in den Iran im vergangenen Jahr um gut 21 Prozent auf 901 Millionen Euro gewachsen seien. Die weitere Entwicklung sei nun aber kaum mehr vorherzusagen.

„Wir befürchten, dass ein Scheitern dazu führt, dass es Eskalationen gibt und wir in die Zeit von vor 2013 zurückfallen werden“, hatte Deutschlands Außenminister Heiko Maas noch kurz vor der Entscheidung bei einem Treffen mit seinem französischen Kollegen Jean-Yves Le Drian in Berlin gesagt.

Die Bedeutung des Iran als Handelspartner für Deutschland ist zwar derzeit überschaubar, aber die deutsche Wirtschaft hatte große Hoffnungen in das Atomabkommen und die daraus folgende Aussetzung der Sanktionen im Januar 2016 gesetzt. Innerhalb von zwei Jahren erwartete der deutsche Industrie- und Handelskammertag eine Verdoppelung des Handelsvolumens von 2,4 Milliarden Euro (2015) auf fünf Milliarden. Innerhalb von fünf Jahren seien sogar zehn Milliarden Euro möglich, so die Ursprungsprognose. Die tatsächliche Entwicklung ist zwar weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Die Tendenz nach oben ist dennoch deutlich erkennbar: Seit der Lockerung der Sanktionen Anfang 2016 wuchs der deutsch-iranische Handel um rund 42 Prozent. Im vergangenen Jahr setzte die deutsche Wirtschaft laut DIHK Waren im Wert von drei Milliarden Euro im Iran ab. Das war ein Plus von 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und von 45 Prozent seit 2015. Deutschland führte 2017 Waren aus dem Iran von 400 Millionen Euro ein. Damit belegt der Iran beim Handelsvolumen aktuell Rang 58 auf der Liste der wichtigsten deutschen Handelspartner.

Seit der Lockerung der Sanktionen hätten zwar viele deutsche Unternehmen ihre Repräsentanzen im Iran wiedereröffnet, vertrieben ihre Produkte auf dem iranischen Markt und planten Investitionen mit iranischen Joint-Venture-Partnern, sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. Allerdings blieben die deutsch-iranischen Wirtschaftsbeziehungen hinter ihren Möglichkeiten zurück.

Hauptproblem ist die Unternehmensfinanzierung. Viele europäische Großbanken weigern sich auch nach dem Deal und der Aufhebung der Sanktionen, Handelsprojekte zu finanzieren oder Infrastrukturprojekte und Industrieanlagen. Sie befürchten Strafmaßnahmen seitens der USA.

Die Druckmittel des Irans bei einem Ende des Atomabkommens

Dies führt beispielsweise bei den deutschen Maschinenbauern zu Problemen, heißt es vom VDMA. So könnten die deutschen Maschinenbauer durch das Scheitern des Abkommens mit dem Iran einen Markt mit Potenzial endgültig an die chinesische Konkurrenz verlieren. Schon heute beherrscht China fast die Hälfte des Markts. „Geht es um Projekte, bei denen alles mit der externen Finanzierung steht und fällt, haben deutsche Maschinenbauer keine Chance“, sagte VDMA-Exportexperte Klaus Friedrich im Gespräch mit der WirtschaftsWoche. „Wenn sich die Finanzierungslage in Europa nicht bessert, breitet sich China über wirtschaftliche Großprojekte weiter in Iran aus – und gewinnt so auch politische Einflussmöglichkeiten. Den gleichen Effekt hat das ständige Infragestellen des Atomabkommens, obwohl das Abkommen bis dato sehr erfolgreich ist.“

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