US-Autozölle drohen Sanfter Trump bei G20 bedeutet keine Entwarnung für Europa

Donald Trump zeigt sich sanft bei G20: Entspannung für Europa? Quelle: AP

Donald Trumps vergleichsweise dezenter Auftritt beim G20-Gipfel hat Hoffnung geweckt. Vielleicht ist ein neues Freihandelsabkommen doch auch mit dem Polterer aus Washington möglich? Doch für Europa ist die Kuh nicht vom Eis.

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Die Wirtschaftswelt steckt in einem massiven Handelskonflikt: Die größten ökonomischen Blöcke belasten einander mit Zöllen und ziehen Barrieren hoch. US-Präsident Donald Trump ist einer der Hauptakteure, Chinas Präsident Xi Jinping ist ein anderer. Die Europäer hoffen noch immer, weitgehend verschont zu bleiben. Das weltweite Wachstum leidet schon jetzt, wie der Internationale Währungsfonds deutlich macht. Der G20-Gipfel in Buenos Aires war ein Hoffnungsschimmer – wenn nicht neue Autozölle der Amerikaner alles gleich wieder zunichte machen. Die wichtigsten Fragen zum Handelsstreit:

Was droht Europa als nächstes aus den USA?

Die große Drohkulisse sind Autozölle für Europa, die vor allem die deutschen Hersteller empfindlich treffen würden. US-Präsident Trump hat bei Handelsminister Wilbur Ross einen Prüfbericht in Auftrag gegeben, ob die derzeitigen Autoimporte - auch von Verbündeten aus Europa wie dem Autoland Deutschland – die Nationale Sicherheit der USA bedrohen. Die Rechtsgrundlage wäre also eine ähnliche wie bei den Zöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte. Kritiker vermuten dahinter einen Versuch, Regeln der Welthandelsorganisation zu umgehen. Die Autozölle könnten ein Niveau von 25 Prozent erreichen - zusätzlich zu den bisher geltenden Einfuhrbeschränkungen.

Lässt sich das abwenden?

Das ist unklar. Trump hatte den Bericht im Mai in Auftrag gegeben – er sollte eigentlich im August veröffentlicht werden. Die Europäer versuchen mit Nachdruck, die Zollkeule zu verhindern. Spitzenmanager der deutschen Autohersteller wollen am kommenden Dienstag mit Vertretern der US-Regierung im Weißen Haus zusammenkommen. Geplant seien Gespräche mit Wirtschaftsminister Wilbur Ross und dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer. Erwartet werden VW-Chef Herbert Diess und Daimler-Chef Dieter Zetsche, die Reise von BMW-Chef Harald Krüger sei noch unklar.

Was würden Autozölle für den Welthandel bedeuten?

Zunächst einmal würden Autos für US-Verbraucher teurer, weil die Firmen höhere Bezugspreise, etwa für die Produkte von Zulieferern zahlen müssten und dies auf die Verkaufspreise umlegen würden. Insgesamt bedeuten die immer höheren Handelsschranken ein Wachstumshemmnis für die Weltwirtschaft. Der Währungsfonds hat errechnet, dass die Weltwirtschaft 0,75 Punkte an Wachstum einbüßt, wenn alle verhängten und angekündigten Zollschranken in Kraft treten würden. Die Zeche müssten vor allem die Ärmsten in den Entwicklungs- und Schwellenländern zahlen.

Gibt es Hoffnung?

Ja. Dass etwa ein neues nordamerikanisches Handelsabkommen zwischen Mexiko, Kanada und den USA möglich war, gilt bei internationalen Institutionen als Zeichen dafür, dass es auch mit Trump gehen kann – auch wenn er die Konditionen stark diktiert. Der soeben in Buenos Aires ausgehandelte Waffenstillstand im Handelskrieg zwischen China und den USA ist ein weiteres Beispiel. DIHK-Präsident Eric Schweitzer spricht deshalb von einer Atempause für die international sehr stark vernetzte deutsche Wirtschaft, die auf dem G20-Gipfel erreicht worden sei.

Was haben Amerikaner und Chinesen in Buenos Aires genau erreicht?

Die USA verzichten erst einmal darauf, am 1. Januar die verhängten Strafzölle auf chinesische Einfuhren im Wert von 200 Milliarden Dollar von derzeit 10 auf 25 Prozent zu erhöhen. Auch Zölle auf weitere Importe aus China soll es in den nächsten 90 Tagen nicht geben. Dafür kauft China mehr Agrar- und andere Produkte aus den USA – der Umfang wird noch festgelegt. Nach drei Monaten wird Bilanz gezogen. Gibt es kein ausreichendes Entgegenkommen Chinas in den jetzt neu aufzunehmenden Verhandlungen, kommt es doch noch zu Zollerhöhungen.

Wie wahrscheinlich ist das?

Die 90-Tages-Frist ist angesichts der komplizierten Fragen sehr kurz. Probleme wie zwangsweiser Technologie-Transfer, Produktpiraterie oder Cyber-Industriespionage sind schwer mit Vereinbarungen lösbar – dafür müsste China solch unfaire Praktiken auch erstmal einräumen. Die Regierung in Peking beteuert zudem, dass dies nicht staatlich gesteuert sei. Im Gegenteil: Die Behörden gingen gegen solche Praktiken sogar vor. Beim Schutz der Urheberrechte hat China auch längst Fortschritte gemacht, wenngleich noch nicht genug.

Die USA fordern „strukturelle Veränderungen“ – wird Peking mitmachen?

Kaum. „China ist nicht bereit, Kompromisse zu machen, die eine Veränderung des Systems betreffen“, sagte der Professor der Peking Universität, Jia Qingguo. Es werde keine Konzessionen geben, die Chinas Souveränität einschränken. So wird China seine subventionierten Staatsunternehmen genauso wenig aufgeben wie die enge Lenkung der Wirtschaft und seine Industriepolitik, die auf Beschaffung von Hochtechnologie abzielt. Die Staatsunternehmen sind das Rückgrat der Wirtschaft und Stützpfeiler der Macht der Kommunistischen Partei.

Wo kann es eine weitere Öffnung des chinesischen Marktes geben?

Die Öffnung des Kapitalmarktes und der Finanzdienstleistungen sehen chinesische Experten als mögliche Felder. Damit ist auch die Hoffnung verbunden, ausländisches Kapital anzuziehen. Zudem gibt es im Finanzbereich genug Möglichkeiten, über Aufsichtsorgane einen stärkeren ausländischen Einfluss zu steuern und zu kontrollieren.

Geht es den USA auch um politische Ziele?

Das ist der Verdacht in Peking. Der Handelskrieg wird auch als Werkzeug in einer größeren Strategie eines „neuen Kalten Krieges“ der USA gesehen, mit dem die Supermacht den Aufstieg Chinas in der Welt bremsen und seinen Einfluss eindämmen will. US-Präsident Donald Trump wird in Peking zwar eigenartig verklärt noch als „Geschäftsmann“ respektiert, doch verweisen hohe Beamte im Außenministerium auf „Falken“ in der US-Regierung, die Chinas Wirtschaft zerstören wollen.

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