Über allem schwebt derweil allerdings noch das Verfahren bei der EU-Kommission. Für die Verkaufsgegner ist es ein Hoffnungsschimmer, zugleich ist es ein Risiko für den Sieger Capricorn, für die Insolvenzverwalter und die Landesregierung. Denn der Verkauf ist noch gar nicht durch: Die letzte Runde im Bieterverfahren wird in Brüssel gefahren. Wegen des laufenden Beihilfeverfahrens muss die EU-Kommission den Deal erst absegnen. Nur wenn das Verkaufsverfahren europarechtskonform abgelaufen ist, kann der Käufer sicher sein, dass die Beihilfen nicht auf ihn übertragen werden und er nicht mit einer Rückforderung in dreistelliger Millionenhöhe konfrontiert wird. Sollte das passieren, hätte Capricorn ein Rücktrittsrecht vom Verkaufsvertrag.
Die Zustimmung der Kommission wird kein Selbstläufer. Der ADAC, der selbst an einem Kauf der Rennstrecken interessiert war, hat sich bei der Kommission beschwert, ebenso „Ja zum Nürburgring“ – sie halten den Ablauf des Verkaufsprozesses für europarechtswidrig. Die Insolvenzverwalter Lieser und Schmidt sehen das anders. „Wir hoffen, dass es zeitnah, noch in der ersten Hälfte dieses Jahres, zu einer Entscheidung kommt“, sagte Schmidt bei der Verkaufs-Pressekonferenz. Und weiter: „Wir sind davon überzeugt, dass die Kommission zu einer positiven Entscheidung kommt.“
Finale Entscheidung erst im Herbst?
Bei ersterem zumindest liegen die Insolvenzverwalter mit ihrer Einschätzung vermutlich daneben. Die Kommission hat sich zwar noch kein fixes Zeitfenster gesetzt, es gibt allerdings ein aktuelles Schreiben des zuständigen Wettbewerbskommissars Joaquin Almunia an den CDU-Europaabgeordneten Werner Langen. Das Schreiben, abgeschickt am Montag dieser Woche, liegt der WirtschaftsWoche vor.
Eine Entscheidung noch vor der Sommerpause erscheint demnach wenig wahrscheinlich. „Die finale Entscheidung könnte vor Oktober dieses Jahres ergehen“, deutet Almunia in dem Brief an, „vorausgesetzt, dass die deutschen Behörden im erforderlichen Umfang mit der Wettbewerbsdirektion kooperieren.“ Eines stellt Almunia auch klar: Dass die Beschwerde vor einer Entscheidung „sorgfältig analysiert“ werde.
Vom Ergebnis der Prüfung hängt für Lieser und Schmidt viel ab. Kippt die EU den Verkaufsprozess und verweigert die Zustimmung, haben sie eine kapitale Blamage hingelegt. Zu lange, zu öffentlich wurden die europarechtlichen Risiken diskutiert, als dass sie sich noch darauf berufen könnten, ein Einschreiten der Kommission sei völlig überraschend gekommen und nicht zu erwarten gewesen.
Sollte die Kommission dagegen grünes Licht geben, könnten Lieser und Schmidt trotz des wenig erbaulichen Verkaufserlöses sogar noch zu Capricorn auf die Gewinnerseite wechseln. Dann dürften sie sich auf die Fahnen schreiben, ein hoch komplexes Verkaufsverfahren im Spannungsfeld zwischen Europarecht und Insolvenzrecht, zwischen öffentlichen Diskussionen und politischen Interessen, erfolgreich über die Ziellinie gebracht zu haben.