Außenpolitik Djir-Sarai fordert selbstbewusstes Auftreten gegenüber Autokraten

Der designierte FDP-Generalsekretär fordert, entschieden gegenüber autokratischen Systemen aufzutreten. Deutschland dürfe in der Außenpolitik seine Werte nicht vergessen.

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Die Taliban dürften nicht zum Partner werden, so der designierte FDP-Generalsekretär. Quelle: dpa

Der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai plädiert für mehr Selbstbewusstsein in der deutschen Außenpolitik. „Wenn wir nicht für unsere Werte eintreten, dann werden uns Leute wie Putin oder Erdogan oder das chinesische System nicht ernst nehmen.

Wir sollten sehr selbstbewusst auftreten“, sagte Djir-Sarai der Deutschen Presse-Agentur. „Wenn wir uns klein machen, dann wird das immer von solchen Leuten als Zeichen der Schwäche verstanden.“

Djir-Sarai hat das Amt nach dem Eintritt der FDP in die Ampel-Koalition mit SPD und Grünen zunächst kommissarisch übernommen, bevor er von einem Parteitag bestätigt werden soll. Parteichef Christian Lindner hat den im Iran geborenen und in Nordrhein-Westfalen groß gewordenen Djir-Sarai vorgeschlagenen. Der Außenpolitiker bezeichnet das Thema Menschenrechte als seine Lebensbiografie, um die sich seine ganze Kindheit gedreht habe.

„Wir verwechseln in Deutschland eine werteorientierte Außenpolitik mit einer moralisierenden Außenpolitik“, sagte Djir-Sarai. „Mir geht es nicht darum, moralisierend unterwegs zu sein, sondern mir geht es darum, dass wir zu unseren Werten stehen. Das ist ein Riesenunterschied, wenn man darüber nachdenkt.“

Er bedauere zudem, dass es in Deutschland an einer außenpolitischen Diskussionskultur fehle. „In der deutschen Politik wird auch oft so getan, als hätten wir keine Interessen. Selbstverständlich haben wir Interessen. Wir sind eine exportorientierte Nation. Wir sind Europäer.“

Djir-Sarai warnt vor einer naiven Zusammenarbeit mit den Taliban

Klar sei für ihn, dass in der US-Außenpolitik die grundsätzliche Entscheidung getroffen worden sei, sich auf die asiatisch-pazifische Region zu konzentrieren. „Das ist unabhängig vom Präsidenten. Die Amerikaner werden sich in den nächsten Jahren im Wesentlichen fokussieren auf die Auseinandersetzung mit China und sie werden sich weniger für den Nahen und Mittleren Osten oder auch für Länder wie Afghanistan interessieren.“

Die Sicht der deutschen Politik auf China sei in den letzten Jahrzehnten „sehr naiv gewesen“, sagte Djir-Sarai. „Lange Zeit hat man geglaubt, durch die wirtschaftliche Dynamik und Entwicklung und den Wohlstand wird China irgendwann selbst auf die Idee kommen, auch andere Dinge zu modernisieren, wie beispielsweise Bürgerrechte und Menschenrechte“, sagte er. „Es gab die Vorstellung, dass China irgendwann auch demokratisch wird, weil das ja in der Natur der Sache liegt. Das war ein großer Fehler. Die Kommunistische Partei in China denkt nicht mal im Traum dran, so zu werden wie wir.“

Djir-Sarai warnte vor einer Zusammenarbeit mit den neuen militant-islamistischen Machthabern in Afghanistan. „Dieser Satz, dass die Taliban nicht mehr die Taliban der 90er Jahre sind, dieser Satz ist falsch. Dieser Satz ist naiv“, sagte er.

Falsch sei es deshalb auch, eine möglicherweise bequeme Position einzunehmen. „Die Taliban sind eine islamistische Terrororganisation, darüber muss man sich im Klaren sein.“

Wegen der humanitären Katastrophe in Afghanistan sei aber eine punktueller Austausch „mit lokalen Autoritäten“ möglich. „Die Taliban können für uns nie ein Partner sein“, sagte er – auch mit Blick auf die Entwicklungszusammenarbeit.

„Eine Fortsetzung der Projekte wie vor wenigen Monaten noch, als die Machtverhältnisse noch anders waren, das wird es in der Form nicht mehr geben. Das sehe ich auch in der Form nicht“, sagte er. Die Vereinten Nationen würden künftig aber eine weitaus größere Rolle in Afghanistan einnehmen als bisher.

Die Bundeswehr war Ende Juni 2021 nach fast 20 Jahren aus Afghanistan abgezogen und hatte sich im August nach dem Siegeszug der Taliban elf Tage lang an einer Evakuierungsmission für Schutzbedürftige beteiligt. Unter den neuen Machthabern kommt es zu schweren Menschenrechtsverletzungen.

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