Digitalwährungen „Libra ist besser als Bitcoin“

Quelle: REUTERS

Facebook-CEO Mark Zuckerberg soll vor dem Senat aussagen, wichtige Kooperationspartner springen ab: Die geplante Kryptowährung Libra stößt auf massiven Widerstand. Der Ökonom Marcel Thum warnt davor, das Projekt zu blockieren – auch weil von dem neuen Digitalgeld die Menschen in Entwicklungsländern profitieren könnten.

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Marcel Thum ist Professor für Finanzwissenschaft an der Technischen Universität Dresden sowie Leiter der Dresdner Niederlassung des ifo Instituts. Im Interview spricht er über die Chancen der Digitalwährung Libra. Dem Projekt aus dem Hause Facebook schlägt aktuell auch einiger Wind entgegen. Am Mittwoch soll Unternehmenschef Mark Zuckerberg etwa in einer Anhörung vor dem US-Senat zu seinen Plänen Rede und Antwort stehen.

Professor Thum, die von Facebook geplante Digitalwährung Libra stößt auf massiven politischen Widerstand. Jetzt haben sich mit Paypal, Ebay, Visa und Mastercard wichtige Kooperationspartner zurückgezogen. Wäre es eine gute Nachricht, wenn das Projekt platzt?
Nein. Libra ist ein ökonomisch interessantes Projekt, dem man eine Chance geben sollte. Die Reaktionen der Notenbanken und der Politik sind geradezu reflexhaft negativ; mit dieser Haltung lässt sich so ziemlich jede Innovation im Finanzsystem ausbremsen. So wie Libra konstruiert werden soll, ist diese Digitalwährung deutlich besser und sinnvoller als Kryptowährungen à la Bitcoin, um die es einen riesigen Hype gegeben hat. Für aufwändige und ressourcenfressende Kryptowährungen sehe ich langfristig keine Überlebenschance.

Die Notenbanken fürchten, dass Facebook die staatliche Geldpolitik untergräbt und zu Verwerfungen im Finanzsystem führen könnte. Ist diese Sorge so unbegründet?
Den Notenbanken würde es Libra vor allem erschweren, ihre Negativzinsen durchzudrücken. Viele Bürger und Unternehmen könnten ihr Geld einfacher umschichten. Zudem wäre Libra ein Schutz vor Inflation in Weichwährungsländern und hätte disziplinierende Wirkung auf unsolide wirtschaftende Regierungen. Die Methode, über politisch abhängige Zentralbanken die Staatsschulden wegzuinflationieren, würde nicht mehr so gut funktionieren. Weil die Bürger einer schwachen heimischen Währung durch Umschichtungen in die Digitalwährung Libra entfliehen könnten, die ja an einen internationalen Währungskorb gebunden sein soll.

Finden Sie es toll, wenn die Datenkrake Facebook bald auch noch weiß, wer was wann bei wem gekauft hat?
Das Facebook-Geschäftsmodell beruht auf Informationen, und bei Libra geht es natürlich auch um die Datensammlung von Finanztransaktionen. Das muss man nicht mögen. Andererseits fördert Libra gerade diese Transaktionen in Ländern mit unterentwickeltem Zahlungsverkehr - und könnte als Ausweichmedium in Staaten dienen, in denen die Bürger den Regierungen nicht trauen. Denken Sie nur an die Entwicklungsländer. Dort haben viele Menschen keinen Zugang zum Bankensystem. Viele verfügen über kein Bankkonto, weil es zu teuer ist oder die nächste Bank weit entfernt liegt. Die meisten Leute aber haben ein Smartphone. Wer in einem Nachbarland arbeitet, um seine Familie zu ernähren, könnte als Libra-Nutzer auf Knopfdruck und quasi umsonst Geld nach Hause schicken.

Er muss allerdings einen Dienstleister finden, der das Geld vorher umtauscht und später zurücktauscht.
Das stimmt, das wird Facebook nicht selbst übernehmen. Ein Finanzdienstleister müsste die jeweilige nationale Währung annehmen und den entsprechenden Libra-Gegenwert gutschreiben. Das könnte zumindest in Ländern mit galoppierender Inflation schwierig werden.

Nehmen wir mal an, Libra kommt trotz aller Widerstände und trotz des Ausstiegs großer Kooperationspartner. Sollte die Digitalwährung dann reguliert werden, etwa von der Bankenaufsicht?
Wenn die Libra Association wie eine Bank agiert, muss man sie wie eine Bank behandeln. Aber noch ist unklar, ob es zum Beispiel eine Libra-Kreditvergabe geben soll. Und die vielfach geäußerte Sorge, dass hier ein privater Konzern ein Monopol auf eine neue Weltreservewährung aufbaut, halte ich für übertrieben. Von einem solchen Zustand sind wir noch sehr weit entfernt.

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