Neue Digitalwährung Was Facebook bei der Libra-Einführung alles falsch macht

Facebook will seine Digitalwährung Libra zum weltweiten Zahlungsmittel machen. Aber wichtige Partner springen ab, Staaten denken über Verbote nach Quelle: imago images

Endlich hat Facebook in dieser Woche die Mitglieder seines Projektes Libra präsentiert – lange vier Monate, nachdem der Konzern die Welt mit seiner Digitalwährung überraschte. Nun zeigt sich das ganze Debakel.

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Was präsentierte Facebook nicht alles Neues im Juni: Ein verändertes Geschäftsmodell, das sich künftig auch auf Onlineshopping und Zahlungsmittel fokussieren soll, statt nur auf Werbeeinnahmen. Eine neue Konzerntochter, Calibra, die künftig eine digitale Geldbörse anbieten soll. Einen neuen Verein, die Libra Association, der sich unabhängig von Facebook um die Digitalwährung kümmern wird. Und über allem thronte die Vision der finanziellen Inklusion - Libra könne 1,7 Milliarden Menschen Zugang zu Finanzdiensten bieten.

28 Mitglieder habe Facebook für den Libra-Verein gewinnen können, verkündete der Konzern im Juni stolz – samt einer detaillierten Liste. Stattdessen zählt die Libra Association jetzt nur 21 Gründungsmitglieder. Kein Problem, könnte man meinen, sieben mehr oder weniger. Leider doch.

Denn mit Visa, Mastercard, Paypal und Booking sind Schwergewichte des Projektes von Bord gegangen. David Marcus, der bei Facebook für Libra verantwortlich ist, nennt ihren Abgang befreiend. Peinlich trifft es besser. Facebook hat zu hoch gepokert.

Staaten wehren sich gegen Privatwährung

Kryptowährungen haben in den vergangenen Jahren zwar einen regelrechten Hype ausgelöst. Aber nirgends auf der Welt wurden sie von Gesetzgebern wohlwollend begrüßt. Nur ein Beispiel: Noch immer wartet die Welt auf den ersten börsengehandelten Indexfonds, der die Wertentwicklung des Bitcoins abbildet. Die US-Finanzaufsicht SEC verzögert die Genehmigung solcher Projekte seit Jahren, oder lehnt sie ganz ab.

Vor wenigen Jahren galt der Markt für Kryptowährungen noch als Wilder Westen. Im Vergleich zur traditionellen Finanzindustrie war wenig Geld im Spiel. Aufseher und Gesetzgeber ließen die junge Branche erstmal machen. Mittlerweile haben sie Position bezogen: Egal ob Krypto oder nicht, einen Freifahrtschein gibt es für innovative Finanzprodukte nicht.

Eine globale private Digitalwährung wie Libra könnte zur direkten Konkurrenz für die staatlichen Währungen wie Euro, Dollar oder Yen werden. Dass Gesetzgeber in aller Welt ein solches Projekt bekämpfen würden, konnte und musste Facebook wissen.

Trotz erwartbarer Probleme gleich in die Vollen

Umso erschreckender, dass der Konzern im Juni sein Projekt so forsch vermarktete.
Die Tech-Konzerne sind doch gerade dafür bekannt, ihre Projekte und Produktanpassungen in kleinem Maßstab direkt am Markt zu testen, diese dann mit Feedback der Nutzer zu verbessern und anschließend die nächste Version zu testen. Mit Libra versuchte Facebook das genaue Gegenteil.

Vielleicht hätte dem Konzern ein wenig Ehrlichkeit gutgetan. Zuckerberg hätte Libra als eine Facebook-Münze präsentieren sollen. Testnutzer hätten damit auf Facebook oder Instagram bei ausgewählten Partner-Shops einkaufen können, möglicherweise mit einem Rabatt.
Im besten Falle hätte die Nachfrage zu mehr Partner-Shops und mehr Nutzern der Münze geführt. Von einem solchen Netzwerk-Effekt sollte Facebook ja etwas verstehen. Damit hätte Zuckerberg zwar nicht auf einen Schlag die Finanzwelt verändert und erobert. Aber er hätte zumindest digitale Zahlungsmittel auf dem Massenmarkt etabliert. Denn noch immer existieren Kryptowährungen wie Bitcoin und Co. eher in der Nische.

Stattdessen ist Libra nach der übereifrigen Präsentation zum Debakel geworden. Staaten wie Frankreich und Deutschland haben bereits angekündigt, private Parallelwährungen zu verbieten. Auch die USA könnten einen Libra-Start blockieren.

Lichtblicke für Libra nur mit den richtigen Partnern

Den Start seiner Digitalwährung wird Zuckerberg kaum abblasen können, zu viele Ressourcen sind in das Projekt geflossen. Aber auch, wenn sich seine Vision einer globalen Digitalwährung wohl nicht umsetzen lässt, bleibt ihm eine Chance. Unter den 21 Gründungsmitgliedern sind tatsächlich einige Partner, die das Projekt retten könnten.

Vodafone zum Beispiel. Der Konzern betreibt seit über zehn Jahren mit der Mobilfunkfirma Safaricom das Zahlungsmittel M-Pesa in Schwellenländern, mit dem Nutzer schon längst ohne Bankkonto Geld über ein einfaches Mobiltelefon überweisen. Ganz ohne Kryptowährung. Oder PayU, ein Finanzdienstleister, der sich ebenfalls auf Schwellenländer spezialisiert hat. In Indien zum Beispiel, einem wichtigen Markt für die Apps des Facebook-Konzerns.

Nimmt Mark Zuckerberg die Libra-Vision der finanziellen Inklusion ernst, wird er mit diesen Partnern an einer Markteinführung seiner Münze in den Schwellenländern arbeiten. Vielleicht gar mit weiteren Partnern, wie der Bill and Melinda Gates Foundation, die sich längst dem Thema verschrieben hat. Das könnte den Ruf von Libra ein wenig rehabilitieren.

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