Doch noch Jamaika? FDP schließt erneute Verhandlungen nicht aus

Die FDP fühlt sich nach den gescheiterten Sondierungen mit Union und Grünen missverstanden. Es habe an Vertrauen und konsensfähigen Inhalten gefehlt. Doch ist die Tür tatsächlich für immer zugeschlagen?

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Hat die FDP die Tür für Jamaika tatsächlich für immer zugeschlagen? Quelle: REUTERS

Die FDP schließt erneute Verhandlungen über eine Koalition mit Union und Grünen nicht kategorisch aus. Die Hürden seien aber hoch, sagte Generalsekretärin Nicola Beer am Mittwoch dem Sender ntv. „Es müsste ein komplett anderes Paket auf den Tisch.“ Wenn es möglich sei, „eine moderne Republik zu bauen in den nächsten Jahren, sind wir die letzten, die sich Gesprächen verweigern“.

Aus Sicht des Vize-Vorsitzenden Wolfgang Kubicki sollte nach dem Aus für ein Jamaika-Bündnis zunächst neu gewählt werden. „Neues Spiel, neues Glück!“, sagte er auf NDR Info. Ob die FDP danach wieder Koalitionsgespräche führe, hänge von inhaltlichen Fragen ab, aber auch vom Personal der anderen Parteien.

Die Freidemokraten hatten die Sondierungen mit CDU, CSU und Grünen am Sonntag nach vier Wochen Verhandlungen überraschend abgebrochen. Zurzeit versucht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, die vier Parteien und auch die SPD dazu zu bewegen, gesprächsbereit zu bleiben und nicht nach schnellen Neuwahlen zu rufen.

Parteichef Christian Lindner sagte, die FDP habe den Eindruck gewonnen, „dass wir der Mehrheitsbeschaffer für ein im Kern schwarz-grünes Bündnis hätten werden sollen“. Weiter sagte er der „FAZ“: „Es gibt Grenzen der Kompromissfähigkeit, wenn es darum geht, einen Partner zu demütigen. Was am Ende auf dem Tisch lag, haben wir leider so empfinden müssen.“

Kubicki sagte, für ein Jamaika-Bündnis habe eine solide Grundlage gefehlt. „Sie brauchen zum Regieren einen Koalitionsvertrag, der trägt. Sie brauchen Vertrauen der handelnden Akteure, wenn Krisen kommen, die nicht vorhersehbar sind.“ Nach viereinhalb Wochen Sondierung habe die FDP festgestellt, dass es in dieser Konstellation nicht zusammenpasse.

Kubicki wehrte sich zugleich gegen Vorwürfe, die FDP nehme rechtspopulistische Positionen ein. „Sie werden nie erleben, dass Freie Demokraten mit antidemokratischen und rassistischen Ressentiments spielen. Nie!“, sagte er der „Zeit“. Er reagierte damit auf Vorwürfe, die FDP habe in den Jamaika-Gesprächen in der Flüchtlingspolitik teilweise einen härteren Kurs verfolgt als die CSU.

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Jamaika kommt doch noch Quelle: dpa
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Tritt keine dieser drei Varianten ein, käme es tatsächlich zu Neuwahlen. Quelle: dpa
Dunkle Wolken über dem Reichstagsgebäude in Berlin Quelle: dpa

Kritisch äußerte sich Kubicki über die Verhandlungsführung der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel. Es sei ein methodischer Fehler gewesen, die Jamaika-Gespräche im großen Kreis statt in Kleingruppen zu beginnen. „Merkel hat das zunächst einmal laufen lassen“, sagt Kubicki. „Irgendwann jedoch hätte ihr auffallen müssen, dass diese Methode hier nicht wirkt, dass der Zeitdruck nicht dazu führt, dass die Parteien ihre Positionen räumen. Dass man mit Geld nicht alle Gegensätze zudecken kann, weil auch gar nicht so viel im Topf ist.“

Kubicki bestritt Darstellungen, dass sich Union und Grüne am Ende quasi einig gewesen seien. „Fragen Sie doch mal die Union und die Grünen, ob und wie deren Einigung beim Familiennachzug aussieht. Oder bei der Mütterrente. Es heißt immer, Schwarz und Grün seien sich so nahegekommen. Da werden Märchen erzählt!“

Das FDP-Präsidiumsmitglied Volker Wissing sagte der „Heilbronner Stimme“ mit Blick auf Merkel: „Die Kanzlerin dachte wohl, dass uns Ämter so sehr reizen, dass wir unsere Inhalte hintenan stellen. Das ist nicht nur falsch, es hat uns am Ende auch sehr verletzt.“

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