Fehlende Fördergelder Aus für Gaia-X-Projekte

Weniger Förderung für Gaia X: Im Bundeshaushalt fehlen geplante Fördermittel. Quelle: AP

Die Kriegsfolgen bremsen das Streben nach digitaler Souveränität aus. Im Bundeshaushalt fehlen geplante Fördermittel.

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Die Zeitenwende aufgrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine bekommt auch Deutschlands Digitalwirtschaft zu spüren. Ausgerechnet das Streben nach digitaler Souveränität im Rahmen des Prestigevorhabens Gaia-X muss vorerst kürzertreten. Wie die WirtschaftsWoche exklusiv erfuhr, stehen die erwarteten Fördermillionen für fünf Projekte nicht mehr zur Verfügung.

Die Absage ist ein weiterer Schlag für das einst vom damaligen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) vorangetriebene Projekt. Wegen überbordender Bürokratie und der Einflussnahme sowohl von US-amerikanischen als auch chinesischen Digitalkonzernen wie Microsoft oder Huawei hatte es bereits massiv Kritik von europäischen Branchenvertretern gegeben.

„Diese fünf Projekte erhalten nun null statt der erwarteten Millionen. Die Projekte wurden telefonisch von einer Referatsleiterin des Wirtschaftsministeriums informiert“, so Marc Korthaus, Chef der Berliner Cloud-Firma SysEleven. SysEleven ist an einem der Projekte beteiligt, die jetzt leer ausgehen: Gaia-X-Rescue zum Schutz von Einsatzkräften. Mittels spezieller Sensorik sollten in der Schutzkleidung der Retter sowohl deren Gesundheitsdaten als auch Umgebungsdaten wie Temperatur oder mögliche Schadstoffe erfasst und über Funk an die Kommandostände der Einsatzleitungen übertragen werden.

Wie wichtig eine solche Sensorik wäre, zeigte dramatisch ein Einsatz im Leverkusener Chempark: Dort waren im Juli vergangenen Jahres Teile einer Recyclinganlage explodiert. Die Einsatzkräfte brauchten mehr als zwei Tage, um die Flammen zu löschen. Welchem gefährlichen Cocktail aus Brandrauch und Chemikalien sie dabei über Stunden ausgesetzt waren, war weder für sie noch für die Einsatzleitung zunächst nachvollziehbar.

„Die finanzielle Nicht-Ausstattung kommt praktisch einem Anhalten der Projekte gleich“, urteilt Peter Ganten, Vorsitzender der Open Source Business Alliance. „Die Ampelregierung weiß, dass Deutschland dringend mehr digitale Souveränität braucht. Die dramatischen Folgen unauflösbarer Abhängigkeiten waren während der Coronakrise bei den Chips überdeutlich und sind es jetzt beim Gas. Trotzdem tut die Regierung sehenden Auges das Gegenteil von dem, was sie sich laut Koalitionsvertrag vorgenommen hat“, kritisiert er. „Das ist desaströs, verhindert innovative Digitalisierung von Wirtschaft und Verwaltung und führt zu neuen, noch gefährlicheren Abhängigkeiten und massiv erhöhten Kosten in der Zukunft.“

Aus dem Bundeswirtschaftsministerium war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

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„Die neue Bundesregierung unterstützt das europäische Projekt Gaia-X, mit dem eine vertrauenswürdige, souveräne Dateninfrastruktur aufgebaut wird“, hatte Staatssekretärin Franziska Brantner noch Ende Februar betont. Wenige Tage nach dem Angriff der russischen Truppen auf die Ukraine, hatte sie noch Förderbescheide in Höhe von insgesamt 117,4 Millionen Euro vergeben. Das Geld reichte zunächst für elf Projekte unter anderem aus den Anwendungsbereichen Bildung, Finanzen, Gesundheit und öffentlicher Sektor. Sie waren im vergangenen Jahr aus rund 130 Bewerbungen ausgewählt worden.

Fünf weitere Projekte aus dem Bewerberkreis sollten nach Mitteilung der Bundesnetzagentur, die den Gaia-X-Förderwettbewerb im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums durchführte, im Rahmen einer zweiten Bewilligungstranche im Jahr 2022 einen Antrag stellen können. Verfügbarkeit ausreichender Haushaltsmittel allerdings vorausgesetzt. Das ist nun ganz offenbar nicht mehr der Fall.

Lesen sie auch die Vorgeschichte: Das Cloud-Projekt Gaia-X soll Europa mehr Datensouveränität garantieren. Doch zwei Jahre nach dem Start gibt's noch immer keine konkreten Projekte. Mitglieder klagen über „Bullshit-Bingo“ und Bürokratie, nun geben Erste entnervt auf.

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