Freytags-Frage
Jemand steht auf einem Fragezeichen und zeigt in eine Richtung Illustration Quelle: imago images

Was soll man sich fürs Jahr 2021 wünschen?

2020 war in vielerlei Hinsicht eine Katastrophe. Aber Jammern allein hilft nicht. Sieben Wünsche, damit das kommende Jahr besser wird.

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Das Jahr 2020 wird vielen Menschen in schlechter Erinnerung bleiben. Selbst diejenigen, die weder materiell noch gesundheitlich unter den Folgen der Coronakrise gelitten haben, werden sich in der Mehrzahl eine schnelle Rückkehr zur Normalität wünschen. Damit dies klappt, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst ist unbestreitbar die Bekämpfung des Virus zentral. Eine erfolgreiche Impfkampagne, die möglichst nicht nur vor den Symptomen der Ansteckung, sondern vor der Infektion überhaupt schützt, ist die wesentliche Bedingung für eine Rückkehr zur Normalität.

Damit ist im Grunde nur das Ergebnis skizziert, nicht die Voraussetzungen dafür.

Deshalb dient diese Kolumne der Frage, was geschehen muss, damit das Jahr 2021 besser wird und die enormen Verwerfungen, die die Coronakrise mit sich brachte, überwunden werden können. Möglicherweise besteht ja sogar die Chance, die Krise zu Veränderungen zu nutzen, die Gesellschaft besser auf die Zukunft vorbereiten. Insofern kann man diese Kolumne auch als eine Wunschliste für das kommende Jahr interpretieren. Was sollte also geschehen?

1. Die Bundesregierung sollte endlich eine Strategie für den langfristigen Umgang mit dieser Pandemie entwickeln. Bisher haben sowohl der Bund als auch die Länder eher reagiert als agiert. Sie haben die Sommerpause nicht dazu genutzt, sich angemessen auf die zweite Welle vorzubereiten. Selbst mit Impfstoff kann man sich nicht darauf verlassen, dass das Coronavirus dauerhaft als Bedrohung verschwunden sein wird. Bei einer solchen Strategie geht es um den Schutz der Risikogruppen, um die Belastung für die Wirtschaft und um die Organisation der Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen. Hierzu sollte ein dauerhafter Stab eingerichtet werden, der Szenarien durchrechnet und in enger Abstimmung mit Wissenschaftlern verschiedener Institutionen arbeitet – damit sollten sämtliche Positionen angehört werden. Entscheiden muss dann die Politik.

2. Die Kommunikation der Regierung sollte verbessert werden. Im abgelaufenen Jahr traten Vertreter der Bundesregierung und einige Ministerpräsidenten fast durchgängig mit erhobenem Zeigefinger und dramatischen Worten auf. Sie haben nicht viel unternommen, um die Pandemie als einen Teil der Lebenswirklichkeit darzustellen, sondern nur das Ungewöhnliche und Bedrohliche betont. Es wäre gerade wichtig, dass möglichst viele Menschen diese Realität anerkennen und sich mit ihr arrangieren. Dann wären vielleicht weniger drastische Maßnahmen als die in der Adventszeit gewählten notwendig. In diesem Zusammenhang wäre es schon positiv, wenn die Medien nicht einzelne Selbstdarsteller ständig dazu aufforderten, in nasaler Stimmlage Horrorszenarien von sich zu geben.

3. Der Impfstoff sollte möglichst schnell auch Menschen in Entwicklungsländern zur Verfügung stehen. Denn nur wenn überall auf der Welt Menschen geschützt sind, kann die Normalität wiederhergestellt werden. Gerade für die exportorientierte Wirtschaft in der Europäischen Union (EU) dürfte dies bedeutsam sein. Die EU kann dazu beitragen, indem sie Mittel zur Verfügung stellt und die Durchführung und Überwachung der weltweiten umfassenden Impfung mitorganisiert.

4. Passend dazu muss das Thema Handelspolitik angesprochen werden. In der Anfangsphase der Pandemie haben manche Regierungen, darunter auch die deutsche, Exportverbote für medizinische Schutzausrüstung verhängt – dies wurde auch als „Sicken thy neighbour“ bekannt. Beim Impfstoff sollte – bei aller Unterstützung für die schnelle Versorgung der eigenen Bevölkerung – unbedingt darauf verzichtet werden. Eher noch sollte die Bundesregierung die Produktion des Impfstoffes mit Beihilfen unterstützen, um die gewünschten Mengen schnell zur Verfügung stellen zu können.

5. Wie auf Exportverbote sollte auch auf Importbeschränkungen für Schutzausrüstung, Medikamente oder medizinisches Gerät verzichtet werden. Im Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) befasst sich eine Arbeitsgruppe damit, wie man Lieferketten „nach Hause“ holen kann. Dies ist nicht der richtige Ansatz. Vielmehr muss daran gearbeitet werden, Lieferketten so zu organisieren, dass eine einseitige Abhängigkeit von einem Lieferanten bzw. aus einer Region oder einem Land vermieden wird. Das können Unternehmen mit Sicherheit besser als das BMWi organisieren. Das BMWi kann aber dafür sorgen, dass die Unternehmen von Bürokratie entlastet beziehungsweise von neuen Belastungen verschont bleiben.

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6. Daran schließt sich nahtlos eine Warnung vor allzu großer Staatsgläubigkeit an. Im Zuge der Coronakrise hat die Bundesregierung großzügige Staatshilfen versprochen. Bei der Gelegenheit klang immer wieder die Forderung aus nahezu allen Parteien danach durch, den nun notwendigen Strukturwandel in die „richtige Richtung zu lenken“. Nach wie vor leben wir in einer Marktwirtschaft, auch wenn dies den beiden Regierungsfraktionen immer weniger bewusst zu sein scheint. Die Politik sollte die Ziele vorgeben, beispielsweise Klimaschutz oder Förderung des innerstädtischen Lebens; die Wege dahin sollten die Unternehmen und Bürger selber bestimmen. Gerade nach einer derart teuren Krise sollte man alles tun, um effiziente Lösungen für die angestrebten Ziele zu finden.

7. Natürlich wünscht man sich auch, dass diejenigen Bürger, die sich mit der politischen Reaktion auf die Krise nicht im Einklang wähnen, ihre Kritik sachlich und faktenbasiert äußern, anstatt irgendwelchen Traumtänzern und Scharlatanen zu folgen. Es ist ein intellektuelles und moralisches Armutszeugnis für jede und jeden, laut brüllend und pöbelnd mit Leuten, die Bilder von Politikern und Wissenschaftlern im Lager mit sich herumtragen, auf die Straße zu gehen. Es gibt sicher genug an der aktuellen Politik zu kritisieren (siehe oben), aber eben sach- und zielorientiert. Nachdenken statt querdenken!

Das ist nur ein Ausschnitt aus einer persönlichen Wunschliste für 2021, aber eben der Ausschnitt, der aus Sicht des Verfassers dieser Zeilen zielführend ist, damit es gelingt, die Pandemie im kommenden Jahr zu überwinden und die persönliche Lage von Millionen Menschen, darunter vor allem die Älteren, die Arbeitnehmer (die nicht im öffentlichen Dienst arbeiten), die Schüler und Studenten, zu verbessern. Verdient hätten sie es.

Mehr zum Thema: Wissen Sie Bescheid über 2020? Unser Quiz verrät es Ihnen!

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