Gasversorgung Polen nimmt Nord Stream 2 unter die Lupe

Polen steht der geplanten Gaspipeline Nord Stream 2 von je her sehr kritisch gegenüber. Nun kündigt das polnische Kartellamt ein Verfahren gegen das Projekt an. Die beteiligten Unternehmen reagieren gelassen.

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Ein Mitarbeiter prüft tonnenschwere Rohre für die zukünftige Ostsee-Erdgastrasse Nord Stream 2 auf einen Lagerplatz im Hafen. Quelle: dpa

Berlin, Düsseldorf, Wien Die Informationen der polnischen Kartellbehörde fiel dürftig aus: Man werde ein Verfahren gegen den russischen Gaskonzern Gazprom sowie die fünf an der Finanzierung von Nord Stream 2 beteiligten europäischen Unternehmen – Shell, Wintershall, Uniper, OMV und Engie – einleiten, teilte die Behörde am Mittwoch mit. Nach Einschätzung der Behörde verstößt das Projekt gegen polnisches Kartellrecht.

Aus Sicht Polens würde die Pipeline den Wettbewerb auf dem polnischen Gasmarkt behindern und Gazproms Verhandlungsposition gegenüber polnischen Gaskunden enorm steigern. Russland ist Polens wichtigster Erdgaslieferant. Die Polen wollen aber unabhängiger von russischem Erdgas werden. Sie verfügen mittlerweile über ein LNG-Terminal, über das sie beispielsweise verflüssigtes Erdgas aus den USA beziehen können.

Die europäischen Unternehmen, die sich an der Finanzierung von Nord Stream 2 beteiligen, waren ursprünglich gemeinsam mit Gazprom Teilhaber der Nord-Stream-2-Projektgesellschaft. Nicht zuletzt auf polnischen Betreiben zogen die Unternehmen sich jedoch aus der Projektgesellschaft zurück und beschränkten sich darauf, das Projekt mitzufinanzieren. Doch das geht aus Sicht der polnischen Kartellbehörden nicht weit genug.

Bei Wintershall hieß es, man habe ein Schreiben der polnischen Kartellbehörde erhalten und prüfe dies. In Kreisen der beteiligten Unternehmen hieß es, die Ankündigung der polnischen Kartellbehörde liege im Rahmen des Erwartbaren.

Uniper bestätigte dem Handelsblatt ebenfalls das Kartellverfahren. Man wolle den Sachverhalt prüfen. „Wir halten weiterhin an unseren vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Nord Stream 2 fest, von dessen energiepolitischer Sinnhaftigkeit für Deutschland und Europa wir vor dem Hintergrund der rückläufigen Erdgasproduktion in Europa überzeugt sind“, so ein Sprecher. „Dies ist ein Projekt für die nächsten Dekaden und damit immer auch ein Stück unabhängig von den aktuellen Entwicklungen. Deshalb gehen wir bei Uniper fest davon aus, dass das Projekt Nordstream 2 auch realisiert wird.“

Der Ölkonzern OMV zeigt sich von den Vorbehalten unbeeindruckt. In der Wiener Konzernzentrale geht man fest von der Verwirklichung von Nord Stream 2 aus. OMV hat bereits 405 Millionen in die neue Ostsee-Pipeline investiert. OMV-Chef Rainer Seele gilt als enger Verbündeter des russischen Energieriesen Gazprom. Zudem ist er Präsident der Deutsch-Russischen Industrie- und Handelskammer und verfügt über exzellente Verbindungen in den Kreml. Bei OMV betont man, dass sich Nord Stream 2 gegen kein einzelnes Land richte. Es fördere die Versorgungssicherheit. Die Österreicher verweisen auf die große Verlässlichkeit der Russen. OMV kann sich auf die Rückdeckung der österreichischen Regierung verlassen. Denn die Alpenrepublik ist der größer Einzelaktionär des Öl- und Gaskonzerns.

Den konkreten Vorgang bei den Kartellbehörden wollte keines der Unternehmen kommentieren.

Nord Stream 2 ist die Erweiterung der bereits bestehenden Nord-Stream-Erdgas-Pipeline, die Erdgas vom russischen Wyborg bis an die deutsche Ostseeküste leitet. Die Kapazitäten auf der Pipelinetrasse würden sich Nord Stream 2 verdoppeln.

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