Gesundheit Lauterbach bringt Pflegereform und Milliardenhilfe für Kliniken auf den Weg

Geht es nach der Bundesregierung, sollen Pflegebedürftige zu Hause und im Heim finanzielle Verbesserungen erhalten. Quelle: dpa

Angesichts immer höherer Kosten für die Pflege sollen Entlastungen für Millionen Pflegebedürftige kommen – aber auch höhere Pflegebeiträge. Auch an weiteren Stellen will der Gesundheitsminister gegensteuern.

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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will bei der Pflegereform die Beitragssätze deutlicher zwischen Eltern und Kinderlosen differenzieren. Nach dem vom Bundeskabinett am Mittwoch beschlossenen Gesetzesentwurf soll der allgemeine Beitrag zur Pflegeversicherung zum 1. Juli um 0,35 Prozentpunkte erhöht werden. Kinderlose zahlen also dann 4,0 Prozent, Eltern mit einem Kind 0,6 Prozentpunkte weniger. Ab dem zweiten Kind gibt es pro Kind jeweils eine zusätzliche Entlastung von 0,25 Prozentpunkte. Eine Person mit zwei Kindern zahlt also nur 2,9 Prozent des bemessungspflichtigen Einkommens und damit weniger als bisher.

Lauterbach betonte, dass dies unabhängig vom Alter der Eltern oder Kinder gelten soll. Auch Rentner mit Kindern würden von der Entlastung profitieren. Er wolle damit die Erziehungsleistung belohnen, betonte der SPD-Politiker.

Das Pflegegeld soll am 1. Januar 2024 um fünf Prozent steigen. Erhöht werden auch die Zuschläge der Pflegekasse für Pflegebedürftigen in vollstationären Einrichtungen: Die Sätze steigen von 5 auf 15 Prozent bei bis zu zwölf Monaten Aufenthalt. Bei 13 bis 24 Monaten sind dies künftig 30 Prozent, bei 25 bis 36 Monaten 50 Prozent und bei mehr als 36 Monaten 75 Prozent der Kostenabdeckung. Zur langfristigen Finanzierung der Pflegeversicherung will Lauterbach eine Kommission einsetzen.

Das Statistische Bundesamt hatte in seiner Pflegevorausberechnung errechnet, dass die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland allein durch die zunehmende Alterung bis 2055 um mehr als ein Drittel zunehmen dürfte. Sie werde voraussichtlich um 37 Prozent von zuletzt 5,0 Millionen auf dann etwa 6,8 Millionen steigen.

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Das Kabinett beschloss außerdem einen Gesetzentwurf für eine stärkere Absicherung von Medikamentenlieferungen. Um Engpässe bei wichtigen Präparaten zu vermeiden, plant Lauterbach neue Preisregeln, die Lieferungen nach Deutschland für Hersteller attraktiver machen sollen. Außerdem sollen europäische Produzenten generell stärker zum Zuge kommen und die Bevorratung als Sicherheitspuffer geregelt werden. Lieferengpässe gab es zuletzt etwa bei patentfreien Medikamenten wie Fiebersäften für Kinder sowie bei Antibiotika und Krebsmedikamenten.

Milliardenhilfe für Deutschlands Kliniken

Mit erleichterten Milliardenhilfen will die Bundesregierung die unter finanziellem Druck stehenden Krankenhäuser in Deutschland entlasten. So sollten von 4,5 Milliarden Euro, die den Kliniken aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) des Bundes zur Verfügung stünden, weitere 2,5 Milliarden als direkte pauschale Unterstützung für eine bessere Abdeckung der hohen Energiekosten zufließen, teilte Gesundheitsminister Lauterbach am Mittwoch mit. Dies folge dem Beispiel einer ersten, 1,5 Milliarden Euro umfassenden Tranche entsprechender pauschaler Unterstützung. Ansonsten sind die Hilfen aus dem WSF von den tatsächlichen Kosten der einzelnen Kliniken abhängig.

Karl Lauterbachs Reformpläne im Überblick

Lauterbach verwies auf Schätzungen, nach denen wohl jedes dritte Krankenhaus in Deutschland insolvenzgefährdet sei. Er wolle vermeiden, dass viele Krankenhäuser nicht durchhalten, bis die derzeit geplante große Klinikreform der Bundesregierung greife. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft begrüßte die pauschale Freigabe der Mittel, mahnte allerdings einen nachhaltigen Inflationsausgleich jenseits kurzfristiger Hilfspakete an.

„Unmittelbar nach Ostern“ Vorschlag zu Cannabis

Am Vorhaben einer bundesweiten Cannabis-Legalisierung hält Lauterbach fest. „Die Legalisierung ist deutschlandweit vorgesehen“, sagte Lauterbach am Mittwoch in Berlin. „Ich gehe fest davon aus, dass wir unmittelbar nach Ostern dann den neuen Vorschlag vorstellen werden.“ Die Vorlage werde unterschiedliche Regeln umfassen. Der Vorschlag sei schon länger fertig und sei lediglich „aus terminlichen Gründen“ bisher nicht vorgelegt worden.

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Zuletzt hatte es nach Medienberichten Überlegungen gegeben, das Vorhaben wegen rechtlicher Bedenken zunächst zurückhaltender zu gestalten. Lauterbach hatte einen konkreten Gesetzentwurf bis Ende März angepeilt.

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