GroKo-Verhandlungen Durchbruch im Bildungsbereich

Union und SPD wollen rund elf Milliarden Euro „in die komplette Bildungskette“ stecken. Auch das Grundgesetz soll geändert werden.

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GroKo: SPD und Union einigen sich auf Bildungspaket Quelle: dpa

Berlin Union und SPD haben sich auf ein Bildungs- und Forschungspaket von rund elf Milliarden Euro bis 2021 geeinigt. „Wir haben uns heute auf ein großes Paket zur Bildung geeinigt“, sagt SPD-Vize Manuela Schwesig, die von einem „Leuchtturmprojekt“ einer großen Koalition sprach.

Zu den bereits in den Sondierungen beschlossenen Maßnahmen mit einem Volumen von rund sechs Milliarden Euro kommt nach Angaben Schwesigs noch ein Digitalpakt für Schulen, auf den sich Bund und Länder am Donnerstag zusätzlich verständigten. Dieser habe ein Volumen von rund fünf Milliarden Euro.

„Wir wollen in die komplette Bildungskette investieren“, sagte Schwesig. Das reiche von der Kita über Ganztagsschulen und Berufsbildung bis hin zu Hochschulen. Dort soll laut SPD-Politiker Hubertus Heil eine Milliarde in die Reform des Bafög investiert werden. Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) fügte hinzu, der Bund werde zwei Milliarden Euro beisteuern, um mit den Ländern und der Wirtschaft bis 2025 das Ziel zu erreichen, dass 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung für Forschung und Entwicklung aufgewendet würden.

Das Kooperationsverbot in der Bildungspolitik soll durch eine Grundgesetzänderung aufgehoben werden, indem die Einschränkung gestrichen wird, dass der Bund Geld nur an finanzschwache Kommunen geben darf. Dadurch sei eine direkte finanzielle Unterstützung bei der Digitalisierung der Schulen und beim Ausbau der Ganztagsschulen möglich.

Für die geplante Grundgesetzänderung ist im Bundestag eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig – über die eine große Koalition nicht verfügen würde. Heil sprach von einem „großen Durchbruch für gerechte Bildungschancen in Deutschland“. Man wolle mit einer weiteren Grundgesetzänderung den Hochschulpakt verstetigen, um die Qualität der Lehre zu verbessern. Es sei ein „einmaliger Schulterschluss auch zwischen Bund und Ländern“ gelungen. „Bund und Land, Hand in Hand“, laute das Motto. Bisher ist die Bildung fast ausschließlich Ländersache, das sogenannte Kooperationsverbot untersagt dem Bund bisher die Mitfinanzierung im Bildungsbereich. Das Thema solle zum „Flaggschiff“ der Koalition von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) werden, sagte Heil.

Allerdings steht noch die hohe Hürde des Votums der rund 440.000 SPD-Mitglieder über den Koalitionsvertrag aus – und neue Umfragezahlen dürften dafür kein Rückenwind sein. Die letzte große Koalition wird an der Basis als Mitgrund für den Verlust von eigenem, linken Profil angesehen. Die SPD fällt im neuen ARD-“Deutschlandtrend“ auf 18 Prozent, den schlechtesten in dieser Umfrage jemals gemessenen Wert. SPD-Chef Schulz rutscht ebenfalls auf den schlechtesten Wert in dieser Umfrage – er verliert fünf Punkte und landet nur noch bei 25 Prozent Zustimmung.

Das Geld für den Digitalpakt ist in dem Finanzrahmen von zusätzlichen 46 Milliarden Euro nicht vorgesehen, auf den man sich in den Sondierungen geeinigt hatte. „Wir waren uns einig, dass wir diese zusätzlichen Mittel noch stemmen müssen, weil es wichtig ist, unsere Schulen ins 21. Jahrhundert zu holen“, sagte Schwesig. Die Zustimmung der Union gilt als sicher: Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel hatte zuvor betont, dass sie aufgrund positiver Wirtschaftsprognosen einen größeren finanziellen Spielraum sehe und Mehreinnahmen des Bundes unter anderem in Digitalisierung fließen solle.

Union und SPD gehen zudem mit einem milliardenschweren Rentenpaket in die Endphase ihrer Koalitionsverhandlungen, die bis Sonntag terminiert sind, aber voraussichtlich noch verlängert werden müssen. Die gesetzliche Garantie des Rentenniveaus soll von 43 auf 48 Prozent angehoben werden. Um Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht zu stark zu belasten, soll der Beitragssatz aber auf 20 Prozent des Lohns gedeckelt werden. Beides soll bis 2025 gelten. Für die Sicherung der Renten bis 2045 soll eine Rentenkommission mit Experten und Wissenschaftlern bis März 2020 Ergebnisse vorlegen.

Drei Schritte sollen Altersarmut vorbeugen: Erstmals sollen alle nicht anders abgesicherten Selbstständigen in der gesetzlichen Rente oder privat für das Alter vorsorgen. Eingeführt werden soll ein an die Rentenansprüche gekoppelter Aufschlag auf die Grundsicherung für Menschen, die 35 Jahre lang Beitragszeiten vorweisen, aber nicht über die Grundsicherung hinauskommen. Künftige Erwerbsminderungsrentner sollen deutlich bessergestellt werden als heute.

Nach der Renten-Einigung räumten SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles und die Sozial-Verhandlungsführer der Union, Karl-Josef Laumann (CDU) und Barbara Stamm (CSU), hohe Kosten ihres Pakets ein. „Dass das, was wir hier an Verbesserungen machen, weil es Millionen von Menschen betrifft, auch Milliardensummen kosten wird, kann ich prognostizieren“, sagte Nahles, die für ihre Partei die Verhandlungen im Sozialen führt. „Dafür kriegen die Leute auch was.“

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