Grünen-Parteitag Wunsch und Wirklichkeit klaffen auseinander

Die Ökopartei will den Streit um Steuern für Reiche abräumen. Doch der Konflikt um die Vermögensteuer wird wohl im Bundestagswahlkampf erneut ausgetragen. Da ist auch ein Ministerpräsident machtlos.

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Winfried Kretschmann ist neuer Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Quelle: dpa

Der einzige Ministerpräsident der Grünen, Winfried Kretschmann, gilt manchen Linken in der Partei als Extremist. Er regiert mit der CDU, unterstützt immer wieder die Auto-Industrie und ist gegen die Vermögensteuer. Diese Steuer, die Unternehmer als wirtschaftsfeindlich bezeichnen, verlangt ein Teil der Ökopartei als Antwort auf eine soziale Spaltung in der Gesellschaft.

Kretschmann holte zunächst aus und beschrieb in seiner Parteitagsrede am Samstag in Münster, wie er die Spaltung der Gesellschaft beobachtet. Deutschland drifte nach rechts und links auseinander. Viele, die mit Rechtspopulisten sympathisierten, fragten aber nicht mehr, was Reiche beitragen sollten für mehr Gerechtigkeit. Sie fragten, welche Gruppe mehr Geld vom Staat erhalte als sie selbst und ob Flüchtlinge knappen Wohnraum bevorzugt bekämen.

"Da schauen viele jetzt nach unten. Wir müssen aber verhindern, dass eine Gruppe gegen die andere ausgespielt wird." Er verlangte mehr Investitionen in Bildung, höhere Steuern auf Kapital und konsequente Schritte gegen Steuerhinterziehung und dagegen, "dass manche Großkonzerne sich auf Null rechnen".

Solche Forderungen reichen vielen in seiner Partei nicht. Die Grünen haben sich aus Sicht des Ministerpräsidenten aber zu stark mit Wünschen beschäftigt, wie die Gesellschaft sein sollte, und zu wenig damit, wie sie ist und was schrittweise erreicht werden kann. "Wir dürfen es mit der Political Correctness nicht übertreiben." So erreiche man zu wenige Bürger, meinte Kretschmann. "Die Menschen suchen Orientierung, Schutz und Sicherheit und fühlen sich überfordert von der Geschwindigkeit des Wandels."

Mit der Vermögensteuer, über deren Einführung die Sonnenblumen-Partei streitet, erreiche man wenig gegen die Spaltung. Sie bringe wenig, schwäche aber den Mittelstand. "Der Mittelstand aber ist eine der stärksten Säulen gegen den Raubtier-Kapitalismus", sagte er. "Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg hat eine Verantwortung, dass diese Betriebe in einer guten Verfassung sind." Die Baden-Württemberg-Grünen wollen verhindern, dass die Partei mit der konkreten Forderung nach einer Vermögensteuer in den Bundestagswahlkampf zieht. Stattdessen soll die Erbschaftsteuer dem Staat Geld bringen.

Mehr Chancen werden auf dem Parteitag aber einem Plan eingeräumt, der von den Chefs der Bundestagsfraktion geschrieben wurde. Die Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter sprechen eher allgemein sich für die Einführung einer "ergiebigen und umsetzbaren Vermögenssteuer für Superreiche" aus. Die soll "der starken Vermögensungleichheit und damit einer sozialen Spaltung entgegenwirken". Ein Modell zur Erbschaftsteuer, wie es Teile der Partei fordern, soll es zunächst nicht geben.

Der Kompromissvorschlag aus der Bundestagsfraktion ist allerdings so ungenau, dass prominente Grüne im Bundestagswahlkampf erneut die Steuern fordern können, die sie für erstrebenswert halten. Zuletzt hatte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erklärt, eine Vermögensteuer hätte nur einen sehr geringen Effekt auf den Abbau der Vermögensungleichheit.

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