Grünen-Parteitag Die Grünen versuchen sich als Anti-AfD

Beim Parteitag in Münster könnte sich die Öko-Partei wegen der Vermögensteuer, dem Ehegattensplitting und dem Auftritt von Daimler-Chef Dieter Zetsche zerstreiten. Nach Donald Trump wollen sich die Parteioberen aber als Kämpfer gegen Populismus darstellen.

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Cem-Özdemir Quelle: dpa

Draußen begrüßen die Grünen die "besten Dickköpfe" zu ihrem Bundesparteitag in Münster. Drinnen in der Halle gibt die bepinselte Rückwand vor: "Wir bleiben unbequem." Die Ökopartei will bei ihrem Parteitag dieses Wochenende unangepasst wirken, in letzter Zeit drang aber vor allem Streit nach außen. Die Parteioberen wollen sich als Kämpfer für die liberale Gesellschaft und gegen die rechtspopulistische AfD profilieren.

Parteichef Cem Özdemir gab am Freitag in Münster vor, was für ihn aus dem US-Wahlsieg von Donald Trump folgt. Auch in Deutschland hätten Populisten zunehmend Erfolg. Mit deren Wählern und Sympathisanten müssten auch die Grünen ins Gespräch kommen. "Die Brandmauer ist aber dort, wo offener Rassismus beginnt." Dafür könne er kein Verständnis aufbringen. Dagegen müssten Grüne sich immer wieder einsetzen: "Nichts in der liberalen Gesellschaft ist selbstverständlich."

In seiner Rede stellte er die Grünen mehrmals als Liberale dar, die gegen autoritäre Politik kämpfen, als Hüter der Globalisierung und Gegner des Nationalismus. "Wo Nationalismus draufsteht, ist innen Hass", sagte der Parteichef. Sein Fazit: "Wir müssen Politik machen, die ganz konkret an die Lebensumstände der Menschen anknüpft." Da habe seine Partei Anlass zur Selbstkritik. Bei sozialer Gerechtigkeit wüssten die Leute kaum, wofür die Grünen stehen. Gegenüber Unternehmen warb er er für eine "faire und verfassungsfeste Besteuerung". Unternehmen müssten als Partner der Grünen gelten, nicht als Gegner. Er stellte sich damit klar gegen den Wunsch des linken Flügels, eine Vermögensteuer einzuführen.

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Trotz des Ziels, sich als Anti-AfD zu positionieren, nimmt aber vielleicht doch wieder der ewige Streit um Steuern und der Zoff um die Einladung an Daimler-Chef Dieter Zetsche den größten Teil des Wochenendes ein. Der Chef des Konzerns der eher großen Autos soll am Sonntag auftreten und beschreiben, wie er sich Mobilität in Zukunft vorstellt. Gleich zu Beginn stimmte der Parteitag ab, den Konzernchef überhaupt reinzulassen. Es gab Anträge dagegen. Doch die große Mehrheit will Zetsche hören.

Doch die Grünen streiten nicht nur über Themen und die leidige Frage zwischen Realos und Linken, wie sehr sie die Parteiziele anpassen sollen, um im Bund nach der Bundestagswahl 2017 mitregieren zu können. Die beiden Parteichefs Simone Peter und Cem Özdemir kabbeln sich auch persönlich. Die eine wirft dem anderen vor, er arbeite wie eine Ich-AG. Der andere gibt zurück, sie könne keinen Konsens. Sicher hat die Kabbelei auch damit zu tun, dass Özdemir darum kämpft, Spitzenmann seiner Partei zur Bundestagswahl 2017 zu werden.

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Neben dem Parteichef wollen noch drei andere Männer ins Spitzenduo neben der Co-Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt. Sie gilt als einzige Frau als gesetzt. Auch der Vizeregierungschef von Schleswig-Holstein, Robert Habeck, und der Co-Fraktionschef im Bundestag, Anton Hofreiter, werben um Unterstützung.

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