Kleiner Parteitag Grünen-Spitze erhält Mandat für ergebnisoffene Sondierungen

Die Grünen-Co-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck sprechen beim Länderrat ihrer Partei zu den Delegierten Quelle: dpa

Der kleine Parteitag der Grünen hat ein zehnköpfiges Sondierungsteam nominiert. Die Parteichefs Baerbock und Habeck wollen offen in die Gespräche gehen, zeigen sich aber selbstsicher: Sie würden die Regierung „maßgeblich mitbestimmen“.

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Die Grünen-Spitze hat von einem kleinen Parteitag das Mandat für Sondierungen zur Bildung einer Bundesregierung erhalten. Bei einer Enthaltung setzen die Delegierten am Samstag in Berlin einmütig ein zehnköpfiges Sondierungsteam unter Führung der Parteivorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck ein. Baerbock unterstrich, dass ihre Partei nicht auf eine Koalition unter Führung der SPD oder der Union festgelegt sei. Klarer Maßstab sei die Erneuerung - für Klimaschutz, für eine liberale Gesellschaft, für echten gesellschaftlichen Zusammenhalt, sagte Baerbock. „Das heißt, in Gespräche offen zu gehen.“ Nach ersten Gesprächen mit der FDP kommen die Grünen am Sonntagabend mit der SPD unter Kanzlerkandidat Olaf Scholz zusammen. Am Dienstag ist ein Treffen mit der Union geplant.

„Wenn wir uns nicht komplett dämlich anstellen, werden wir in den nächsten vier Jahren diese Regierung nicht nur mittragen, sondern maßgeblich mitbestimmen“, sagte Habeck. Die Grünen wollten helfen, aus der Bundestagswahl etwas Gutes zu machen: „Man spürt eine Lust, vielleicht einen Wagemut im Land, dass aus diesem Wahlergebnis auch etwas Gutes werden kann.“

Bei den Grünen wird nach Aussagen in Gesprächen am Rande des Parteitages damit gerecht, dass die Sondierungen vor Beginn von Koalitionsverhandlungen zwei bis drei Wochen dauern könnten. Die SPD dringt indes aufs Tempo: Scholz will möglichst schnell in konkrete Verhandlungen über die Bildung einer Ampel-Koalition mit Grünen und FDP einsteigen. Diese sprechen aber auch mit der Union, mit der sich die Liberalen am Sonntag treffen.



Für den Parteitag lag nur der Leitantrag der Parteiführung vor, der ohne Änderungen beschlossen wurde. Darin wird keine Präferenz für eine Ampel-Koalition mit SPD und FDP oder für ein Jamaika-Bündnis mit Union und FDP festgelegt. Grünen-Vertreter haben mehrfach deutlich gemacht, dass sie größere inhaltliche Übereinstimungen mit der SPD sehen. Die Sozialdemokraten waren bei der Bundestagswahl am 26. September stärkste Fraktion geworden. Sie beanspruchen daher den Regierungsauftrag.

Die Grünen beharren auf der Vertraulichkeit aller Gespräche. „Bei den letzten Sondierungen war es so, dass manchmal die Kommunikation über Twitter relevanter war als das, was im Raum geschehen ist“, sagte Bundesgeschäftsführer Michael Kellner unter Verweis auf die Jamaika-Gespräche mit der Union und der FDP 2017. Dies wollten die Grünen umkehren. „Es gibt einen gemeinsamen Willen aller Generalsekretäre, dass wir Vertraulichkeit wahren.“

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Die Grünen hatten sich am Freitag ein zweites Mal mit der FDP getroffen. Details wurden danach nicht bekannt. Beide Parteien sind entscheidend für die Bildung einer Koalition unter Führung der SPD oder der Union. Über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen soll bei den Grünen ein weiterer kleiner oder großer Parteitag entscheiden. Dies sei kurzfristig möglich. „Es würde wenige Tagen brauchen, um das zu tun“, sagte Kellner. Über einen Koalitionsvertrag und das Personaltableau in einer Regierung sollen am Ende alle über 120.000 Mitglieder per Online-Urabstimmung entscheiden. „Auch das können wir in sehr kurzer Zeit machen“, so Kellner. „Das heißt unter zwei Wochen.“

Mehr zum Thema: Ampelkoalition – oder doch lieber Jamaika? Da gehen bei FDP und Grünen die Meinungen durchaus auseinander. Einigkeit aber herrscht in einer Frage: Wenn Armin Laschet als Option wegbricht, wird der Machtpoker schwieriger.

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