Merkel und Seehofer Verkrampft in den Wahlkampf

In München erklärt Merkel den Streit mit CSU-Chef Seehofer für beendet. Schließlich will die Union im Juli ein gemeinsames Wahlprogramm vorlegen. Doch der Harmonie-Versuch wirkt verkrampft – und es bleiben Streitthemen.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sitzen am 22.05.2017 in München (Bayern) während der Fraktionsvorsitzendenkonferenz von CDU und CSU auf ihren Plätzen. Die dreitägige Konferenz der Vorsitzenden der Unionsfraktionen im Bundestag, in den Landtagen und im Europaparlament findet im bayerischen Landtag statt. Foto: Sven Hoppe/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ Quelle: dpa

München Horst Seehofer (CSU) geht nicht wie erwartet auf das Podium, sondern setzt sich in die erste Reihe zwischen die Journalisten. Deren Verwunderung ist groß, eigentlich war eine gemeinsame Pressekonferenz des CSU-Chefs mit Angela Merkel (CDU) angekündigt. Nun steht die Kanzlerin in der Mitte zwischen Thomas Kreuzer, Vorsitzender der CSU-Landtagsfraktion und Mike Mohring, Chef der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag.

Merkel war am Montag nach München gekommen, um mit den Fraktionsvorsitzenden der Union Themen für den Bundestagswahlkampf zu diskutieren. Es sollte aber auch eine Demonstration der Harmonie werden. Merkel und Seehofer wollen ihren Streit um die Flüchtlingspolitik vergessen machen. Doch so richtig wollte ihnen das nicht gelingen.

Der bayerische Ministerpräsident hatte die Kanzlerin über ein Jahr vor sich hergetrieben, hatte ihr gar mit Verfassungsklage gedroht und sie auf dem CSU-Parteitag vorgeführt. Das hat bei Merkel Spuren hinterlassen, wie man beim letzten großen gemeinsamen Auftritt in München Anfang des Jahres erkennen konnte. Als Versöhnungstreffen geplant, ging er gründlich daneben. Die beiden hatten erkennbar keine Freude daran, gemeinsam Fragen zu beantworten und Differenzen zu überspielen. Auch in der Union wurde der Auftritt als „Katastrophe“ bezeichnet.

Ob sie all die Angriffe der CSU und den Streit schon vergessen und vergeben habe, wurde Merkel nun am Montag in München gefragt. Sie vermeid eine klare Antwort. CDU und CSU hätten ein „gemeinsames Fundament“ für den Wahlkampf, sagte Merkel. Die Menschen wollten, dass „wir nach vorne schauen“ und die Zukunft gestalten.

Doch was sich die Union genau für die Zukunft vornimmt, das bleibt vorerst vage. Noch wird an den Details gearbeitet, dazu diente auch die Konferenz der Vorsitzenden der Unionsfraktionen aus dem Bund, dem EU-Parlament und den Landtagen. Das Wahlprogramm wollen CDU und CSU dann auf einer gemeinsamen Vorstandsklausur am 3. Juli beschließen.

Bis dahin bleibt die Frage nach Differenzen. Etwa nach der von Seehofer geforderten Obergrenze für Flüchtlinge, ohne die er keinen Koalitionsvertrag unterschreiben will. Oder die Zukunft des Doppelpasses. „Kommt noch“, sagte Merkel in München mit Blick auf eine mögliche Klärung.

Auch in der Finanzpolitik sind Fragen offen. Gerade erst hat Seehofer eine „wuchtige“ Steuerreform gefordert. Merkel wurde auf der Pressekonferenz gefragt, wie sich das mit ihrer finanziellen Obergrenze für Entlastungen von 15 Milliarden Euro vertrage. Merkel verwies darauf, dass das Konzept für die Steuersenkung später vorgestellt werde. Die 15 Milliarden Euro seien die „Größenordnung“ bei der Einkommensteuer. Soll heißen: Es sind Entlastungen an anderer Stelle denkbar, so dass es wie von Seehofer gewünscht „wuchtig“ werden kann.

Dann antwortet der CSU-Chef aus dem Publikum. Die Frau Bundeskanzlerin habe auch für die CSU geantwortet, sagt er. „Einer der seltenen Fälle.“ Es soll ein Scherz sein. Aber er wirkt so krampfhaft wie die gesamte Pressekonferenz. Auch Merkel lacht nicht.

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