Neue Arbeitswelt Digitalisierung: Segen oder Jobkiller?

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Polarisierung in der Arbeitswelt

Folge war eine Polarisierung in der Arbeitswelt. Dabei standen die Arbeitskräfte vor der Herausforderung, entweder in Jobs zu wechseln, die eine Ergänzung der neuen Technologien darstellten (etwa Computer-Programmierung oder Robotik). Oder sie wechselten in Berufe, die nicht durch Computer ersetzt werden konnten (etwa Unternehmensberatung und Pflege). Diese neuen Jobs erforderten entweder höhere Qualifikationen und waren besser bezahlt als Routinejobs. Oder es handelte sich um schlechter bezahlte Arbeit mit geringeren Anforderungen an die Qualifikation. Das führte zu einer Aushöhlung der Mitte in der Einkommensverteilung.

Die dritte Frage zur Ungleichheit ist schwieriger zu beantworten. Die Ökonomie liefert zwar eindeutige Antworten auf Fragen zur Effizienz der Arbeitsmärkte. Bei der Frage der Ungleichheit geht es hingegen zum Teil um politische Entscheidungen. Die sektorale Ausrichtung der neuen Technologien bedeutet, dass die Ungleichheit typischerweise steigt, wenn diese Technologien verfügbar werden. Wem es gelingt, sie zu seinem Vorteil zu nutzen, kann mit höheren Belohnungen rechnen als die anderen Arbeitskräfte.

Die Schlüsselfrage sollte jedoch nicht lauten, ob manche Menschen sehr reich werden, sondern ob die Löhne von Menschen mit geringerer Qualifikation hoch genug sind, um Armut zu vermeiden. Das hängt teilweise von der Unternehmenspolitik ab. Im digitalen Zeitalter haben Unternehmen die Wahl: Sie können Technologie einsetzen, um Arbeit durch Kapital zu ersetzen und die Löhne niedrig zu halten. Oder sie setzen Technologie mit Blick auf längerfristige Gewinne zum Wohle ihrer Mitarbeiter ein. In letzterem Fall profitieren  Arbeitnehmer stärker von der neuen Technologie, nicht unbedingt nur durch höhere Löhne, sondern auch durch bessere Arbeits- und Lebensbedingungen.

Was wir nun brauchen sind Bildungssysteme, die anstelle einer frühzeitigen Spezialisierung ein breites Spektrum an Kompetenzen vermitteln. Wir brauchen flexible Arbeitsmärkte mit guten Umschulungsmöglichkeiten. Und wir brauchen den Zugang zu Finanzierungen für Start-ups – denn diese können in der New Economy einige der Arbeitskräfte anstellen, die davor ihren Job verloren haben.

Wenn die neuen Technologien zwar die wirtschaftliche Ungleichheit, aber nicht die Armut ansteigen lassen, ist es eine gesellschaftliche Entscheidung, wie man damit umgeht. Die Abneigung gegen Ungleichheit ist in europäischen Ländern stärker ausgeprägt als in den Vereinigten Staaten, und es gibt eine Vielzahl von Umverteilungsprogrammen, um Ungleichheit zu verringern.  Ungeachtet der Einstellung einer Gesellschaft zur Ungleichheit, gilt es, Löhne zu vermeiden, die die Menschen in die Armut (oder Beinahe-Armut) abgleiten lassen. Ein verpflichtender Mindestlohn oder Steueranreize für Unternehmer zur Erhöhung der Löhne könnten notwendig sein.

Schließlich geht es bei technologischer Innovation nicht darum, den Menschen einen Grund zu geben, sich ihr zu widersetzen.

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