Höhere Gaspreise sollten schnell an Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben werden, fordert Veronika Grimm, Volkswirtin an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen und Mitglied im Rat der Wirtschaftsweisen. Entlastung solle es aber nur für diejenigen geben, die besonders hart von den höheren Preisen betroffen sind. „Deutschland wird Wohlstandseinbußen hinnehmen müssen“, sagte Grimm der WirtschaftsWoche. „Der Staat kann nicht für alle ausgleichen.“ Und weiter: „Man sollte auch nicht mit der Gießkanne entlasten.“
Die Volkswirtin ermahnt die Politik in diesem Zusammenhang auch zum Verzicht auf weitere Tankrabatte oder das Absenken von Mehrwertsteuern. „Solche Maßnahmen kommen zum Großteil Menschen zugute, die die Kosten selbst tragen können“, sagt Grimm.
Würden neue Entlastungen stattdessen zielgerichtet eingesetzt, seien weder Finanzierung noch die Einhaltung der Schuldengrenze ein Problem:. „Will man im kommenden Jahr die Schuldenbremse einhalten, so sollte man zumindest vorausschauend agieren und dafür sorgen, dass die Härten im Zusammenhang mit der Gasumlage bei vielen nicht erst im kommenden Sommer voll zutage treten, anlässlich der Heizkostenabrechnung“, sagt Grimm.
Die derzeit absehbare Konstellation sei fatal, weil Verbraucher aktuell „überhaupt keinen sichtbaren Anreiz zum Gassparen haben, aber ex post – bei der Abrechnung, die im Jahr 2023 stattfinden wird – von den hohen Kosten kalt erwischt werden“, erklärt Grimm. Zugleich würden auch die Vermieter in Liquiditätsprobleme hineinlaufen.
Der Grund: Hohe Bezugskosten für das Gas würden anfallen, die aktuellen Abschläge dies aber noch immer nicht reflektieren. „Gesetzliche Regelungen verhindern, dass der Vermieter sie vorausschauend anpassen kann – zumindest müsste der Mieter einwilligen. Das passiert aber meist nicht“, sagt Grimm.
Vor der aktuell diskutierten Übergewinnsteuer zur Finanzierung möglicher neuer Entlastungspakete rät die Expertin derweil ab: „Da ist immer Willkür im Spiel bei der Festlegung, was denn ein Übergewinn ist und was nicht“, sagt Grimm. Das schaffe Unsicherheit und verhindere Investitionen, die in Zukunft Wachstum und Resilienz fördern.
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