Regierungsprogramm in Zahlen Was beim Haushalt auf die GroKo zukommt

Haushaltsverhandlungen Quelle: dpa

Für die neue GroKo wird das Budget für das laufende Jahr eine der ersten großen Herausforderungen. Und dabei ist die Zeit extrem knapp.

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Damit Geld fließt, müssen sie alle antreten: Minister, Staatssekretäre, Referenten ringen mit den Abgeordneten um ihre Budgets. Denn aktuell kann der Bund bei der vorläufigen Haushaltsführung nur in engen Grenzen Geld ausgeben. Das soll sich nun dringend ändern: Kaum ist die neue Regierung im Amt, schon stehen Haushaltsverhandlungen mit dem Bundestag zum milliardenschweren Budget 2018 an. Der Zeitverzug ist jetzt schon enorm - normalerweise stehen im März schon die Eckpunkte für den Haushalt des Folgejahres.

Beschleunigend wirkt immerhin, dass CDU, CSU und SPD einander schon aus der letzten Regierung kennen und keine völlige Abkehr vom bisherigen Kurs planen. Zudem ist der wahrscheinliche künftige Finanzminister Olaf Scholz durch seine Erfahrungen bei der Reform des Länderfinanzausgleichs gestählt, wo er für die SPD-Seite am Verhandlungstisch saß.

Der Haushaltsentwurf des vorigen Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) vom Juni dürfte für die Koalition eine gute Grundlage bilden. Er sieht Ausgaben von 337,5 Milliarden Euro für das laufende Jahr vor und weitere 1054,4 Milliarden bis 2021. Der Koalitionsvertrag plant mit einem zusätzlichen Spielraum von knapp 46 Milliarden Euro.

Beobachter erwarten zudem, dass Union und SPD sich angesichts des Zeitdrucks erst mit dem Haushalt für 2019 ernsthaft an die breite Umsetzung von Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag machen - für den der Entwurf übrigens traditionell schon im Juni oder Juli vorliegen sollte. Manche Ausgaben in den Bereichen Bildung, Wohnungsbau oder kommunaler Straßenbau sind ohnehin erst für die Zeit nach 2020 geplant. Wie viel Steuereinnahmen in den kommenden Jahren in die Staatskasse fließen dürften, wird die Steuerschätzung im Mai erweisen.

Ein Spaziergang steht aber dennoch nicht an, denn die GroKo ist eben auch eine Vernunftehe geschwächter Volksparteien. Unter Druck stehen alle. Die SPD hat sich nur mit Hängen und Würgen und gegen heftige Bedenken von Teilen der Basis zur GroKo durchgerungen. Wie die CDU musste sie bei der Bundestagswahl deutliche Verluste hinnehmen. Für die CSU steht die nächste Nagelprobe mit den Landtagswahlen im Oktober unmittelbar bevor. So hat die SPD wenig Freude an der kostspieligen Ausweitung des CSU-Projekts Mütterrente, die mit 3,4 Milliarden Euro pro Jahr zu Buche schlagen dürfte. Das Unionsvorhaben Baukindergeld hätte die SPD gern anders gestaltet. Es ist Teil eines Haushaltspostens, für den bis 2021 laut Koalitionsvertrag bis zu 2 Milliarden Euro zur Verfügung stehen.

Hinzu kommt: Kritik und Verbesserungswünsche melden künftig nicht mehr nur Grüne und Linke an, auch aus der Mitte und von Rechts droht Gegenwind von Liberalen und AfD. Seine Partei werde sich im Wesentlichen auf zwei Punkte konzentrieren, kündigt der AfD-Abgeordnete und Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Peter Boehringer, an: Die auf mehrere Ministerien verteilten Kosten für die Integration von Flüchtlingen und die Kosten der Euro-Rettungspolitik.

Otto Fricke (FDP) stellt eine „kritisch-konstruktive“ Haltung in Aussicht. „Fundamentalopposition wird es mit uns nicht geben, manchmal sogar mehr. Dort wo es um Investitionen in die Zukunft geht, insbesondere im Digitalbereich, wird die GroKo in uns einen Unterstützer finden.“

Fricke verspricht dennoch besondere Wachsamkeit. „Beim ersten Haushalt einer Legislatur werden ja immer Pflöcke eingeschlagen speziell für die Folgejahre“, meint er. „Wir werden natürlich auch auf Dinge schauen, die zwar im Koalitionsvertrag stehen, aber eben nicht in der Finanzplanung. Bei Rente, Verteidigung und Zinsen sind Mehrausgaben zu erwarten, außerdem durch den Brexit auch beim Zuschuss zum EU-Haushalt.“

Boehringer behagt der Zeitdruck nicht. Das Budget für 2018 müsse „in absoluter Rekordzeit“ analysiert, beraten und verabschiedet werden. Dadurch werde eine wirksame Kontrolle für alle Fraktionen eine kaum vollständig zu leistende Aufgabe sein.

Zu tun ist viel: Erst legt die Bundesregierung einen frischen Haushaltsentwurf vor, dann brüten Experten aus Ministerien und Vertreter des Bundestags gemeinsam über Zahlen und Vorhaben. Danach kommen die Minister in den Haushaltsausschuss und stellen sich kritischen Nachfragen - über vier Wochen, jeweils mittwochs und donnerstags. Dann wird es spät: In der „Bereinigungssitzung“ klären Abgeordnete und Regierungsvertreter letzte offene Fragen, und dann sollte der Bundestag zustimmen und der Bundespräsident unterschreiben.

Wenn der neue Haushalt noch vor der Sommerpause am 6. Juli verabschiedet werden soll, bleiben gerade einmal fünf Wochen mit regulären Bundestagssitzungen. Es sei denn, die Haushälter weichen auf sitzungsfreie Wochen aus - aber das wäre womöglich ein neues Streitthema.

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